Parlamentskorrespondenz Nr. 130 vom 09.02.2021

Landwirtschaftsausschuss spricht sich mehrheitlich gegen das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form aus

Landwirtschaftsministerin Köstinger stellt Bericht über EU-Jahresvorschau 2021 vor

Wien (PK) – Der Landwirtschaftsausschuss hat sich heute mehrheitlich gegen das Mercosur-Abkommen in seiner derzeitigen Form ausgesprochen. ÖVP und Grüne haben dazu auf Grundlage eines FPÖ-Vorstoßes einen Ausschussantrag eingebracht. Die Einhaltung der europäischen Standards sei durch das Mercosur-Abkommen derzeit nicht gewährleistet, argumentieren die Koalitionsparteien. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger informierte, dass Nachhaltigkeitskriterien bei den Verhandlungen keine Rolle gespielt hätten. SPÖ und FPÖ ging der Antrag nicht weit genug, sie forderten eine "klare Absage ohne Hintertüre". Die NEOS sahen das Vertragswerk auch kritisch, ohne das Abkommen hätte die EU aber keine Hebel in der Hand, um auf Länder wie Brasilien einzuwirken.

Außerdem wurde der Bericht über die EU-Jahresvorschau 2021 des Landwirtschaftsministeriums im Ausschuss diskutiert. Zahlreiche Entschließungsanträge der Oppositionsparteien wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Mercosur-Abkommen: Europäische Standards nicht gewährleistet

Der Landwirtschaftsausschuss hat sich heute mehrheitlich gegen das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form ausgesprochen. ÖVP und Grüne haben dazu einen Ausschussantrag eingebracht. Die Einhaltung der europäischen Standards sei durch das Mercosur-Abkommen derzeit nicht gewährleistet. Der Import landwirtschaftlicher Produkte in die EU dürfe in Drittstaaten nicht zu umwelt- und klimaschädigenden Maßnahmen oder Verletzungen der Menschenrechte beitragen. Damit würden etwa die Anstrengungen der Europäischen Union im Bereich der Ökologisierung des Ernährungs- und Landwirtschaftssystems, insbesondere der Bäuerinnen und Bauern, konterkariert, ist dem Antrag zu entnehmen.

Die Basis dafür bildete ein FPÖ-Entschließungsantrag (214/A(E)), der ein klares Nein der Bundesregierung zum Mercosur-Abkommen auf europäischer Eben einfordert, jedoch keine Mehrheit im Ausschuss fand. Ein unregulierter Freihandel mit Südamerika würde den europäischen Markt mit 100.000 Tonnen Rindfleisch und weiteren Agrarrohstoffen überschwemmen, so Antragsteller Herbert Kickl, der in diesem Zusammenhang von einer Gefahr für die kleinstrukturierte österreichische Rinder-Landwirtschaft spricht.

Das Mercosur-Abkommen sei eine Gefahr für die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft, betonte Alois Kainz (FPÖ). Seit 1999 werde verhandelt, nun sei es "das Gebot der Stunde" dem Abkommen eine "klare Absage zu erteilen". Sein Fraktionskollege Peter Schmiedlechner kritisierte, dass der Ausschussantrag von ÖVP und Grünen nur die "Light Version" des FPÖ-Entschließungsantrages sei, der nicht weit genug gehe, da man sich eine "Hintertüre" offen halte. Man sei es den Bauern und Bäuerinnen schuldig, das Abkommen abzulehnen.

SPÖ-Mandatar Dietmar Keck sah das ähnlich. Er sei zwar ein Befürworter von gerechtem Freihandel, dies sei aber beim Mercosur-Abkommen nicht der Fall. Laut EU-Kommission werde an dem Vertragswerk auch nichts mehr aufgeschnürt, "da wird sich nichts mehr tun", so Keck. Der SPÖ-Abgeordnete wies die Regierungsparteien darauf hin, dass es aufrechte Beschlüsse des National- und des Bundesrats gegen das Abkommen gebe. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz sowie VertreterInnen der Grünen hätten sich klar dagegen ausgesprochen.

Ausschussobmann Georg Strasser (ÖVP) erinnerte Keck daran, seine Ablehnung auch seinen ParteikollegInnen auf EU-Ebene auszurichten, denn vor allem die portugiesischen SozialdemokratInnen würden das Abkommen forcieren. "So wie es aber derzeit daliegt, wird es nicht kommen", unterstrich Strasser. Zudem sei das Abkommen überholt, da es in klarem Gegensatz zum Europäischen Green Deal oder der Farm-to-Fork-Strategie stehe. Österreich solle sich für eine Änderung des Vertragswerks einsetzen.

Auch Eva Voglauer (Grüne) sprach sich gegen das Mercosur-Abkomme in der aktuellen Form aus. Ein Abkommen ohne die Verankerung der hohen europäischen Qualitäts- und Produktstandards sei nicht möglich. Es dürfe durch den Mercosur-Vertrag zu keinem Raubbau an der Natur oder zur Verletzung von Menschenrechten kommen.

Grundsätzlich seien die NEOS BefürworterInnen von Freihandel, hielt Karin Doppelbauer (NEOS) fest. Freihandelsabkommen seien vor allem für ein kleines exportorientiertes Land wie Österreich von großer Bedeutung. Über solche Abkommen sollten aber die Standards erhöht werden, dies sei beim vorliegenden Vertragswerk nicht der Fall. Ohne das Abkommen hätte die EU aber keine Hebel in der Hand, um auf Länder wie Brasilien einzuwirken, zeigte sich Doppelbauer besorgt.

Auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger sah das Mercosur-Abkommen kritisch. Nachhaltigkeitskriterien hätten in den Verhandlungen von Anfang an keine Rolle gespielt. Man dürfe Länder, die flächendeckend Regenwälder abholzen, nicht mit Handelsabkommen belohnen.

Neue GAP-Periode: Köstinger mit Stabilisierung des GAP-Budgets zufrieden

Mit der Stabilisierung des Budgets der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) auf dem Niveau der Vorperiode sei das zentrale Anliegen Österreichs bei den GAP-Verhandlungen auf EU-Ebene erreicht worden, wird im von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger vorgelegten Bericht zur EU-Jahresvorschau (III-225 d.B.) betont.

Im Zentrum der österreichischen Bemühungen stehe die Stärkung der bäuerlichen Familienbetriebe durch praxistaugliche Rahmenbedingungen und Umsetzungssysteme für die LandwirtInnen. Aufgrund von Verzögerungen im Rechtssetzungsprozess auf EU-Ebene wird die neue GAP-Periode aber nicht wie ursprünglich geplant mit 2021 beginnen. Auf EU-Ebene hat man sich auf zwei Übergangsjahre geeinigt, in denen die Maßnahmen der ersten und zweiten Säule mit Mitteln aus dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 – 2027, im Wesentlichen jedoch nach den Regeln der Periode 2014 bis 2020, fortgeführt werden können.

Künftig sei ein Rahmen erforderlich, der die aktuell erfolgreichen Programme auch in Zukunft ermögliche, wird in dem Bericht betont. Diesen Rahmen sollen nun nationale GAP-Strategiepläne mit Maßnahmen bilden, die stark auf den Ressourcen- und Klimaschutz, die Berggebiete, Innovation und Modernisierung, die junge Landwirtschaft sowie insgesamt auf die Vitalität der ländlichen Gebiete abzielen. Österreich bekenne sich zu den ambitionierten Umwelt- und Klimazielen, zu denen die GAP einen wesentlichen Beitrag leiste. Dabei sollen laut dem Landwirtschaftsministerium jedenfalls die Umwelt- und Klimamaßnahmen der zweiten Säule berücksichtigt werden, wie dies im Ratsmandat vorgesehen ist. Der Bericht wurde von den Ausschussmitgliedern mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

In der Debatte mit den Abgeordneten hielt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger gegenüber Walter Rauch (FPÖ) fest, dass es zur Unterstützung der Jungbauern und –bäuerinnen einen JunglandwirtInnenbonus im Rahmen der Direktzahlungen gebe. Rauch hatte kritisiert, dass in den GAP-Strategieplänen keine Rechts- und Planungssicherheit für JungunternehmerInnen in der Landwirtschaft abgebildet sei. Sein Fraktionskollege Peter Schmiedlechner interessierte sich dafür, wie es im Bereich der GAP zu einem Bürokratieabbau im Sinne der Landwirtschaft kommen könne. Die vielfachen Forderungen an die Politik würden hier zu Maßnahmen führen, die nun einmal auch Auflagen und Kontrollen nach sich ziehen würden, entgegnete Köstinger. Ein zentrales Leitthema sei jedoch, dass jede Maßnahme auf ihr Potential zur Vereinfachung untersucht werde.

In der Biodiversitätsstrategie der EU spiele die Landwirtschaft eine zentrale Rolle, antwortete die Ministerin Johannes Schmuckenschlager (ÖVP), Klaus Köchl (SPÖ) und Olga Voglauer (Grüne), die dieses Thema angesprochen hatten. Das Programm für die ländliche Entwicklung werde weiterhin die Maßnahmen zur Biodiversität unterstützen, dort sei der Schutz der gefährdeten Arten als zentraler Schwerpunkt verankert. Im europäischen Vergleich würden die LandwirtInnen in Österreich sehr viel zur Artenvielfalt beitragen. Zudem stelle das Ministerium etwa 200 Mio. € für die Verbesserung der Gewässerökologie bereit. Auch für Bewusstseinsbildungsmaßnahmen und für Unterstützung der Gemeinden bei Biodiversitätsmaßnahmen stünden Mittel bereit.

Was die EU-Waldstrategie betrifft, habe sich Österreich auf EU-Ebene massiv für die nachhaltige Waldbewirtschaftung eingesetzt, hielt die Landwirtschaftsministerin gegenüber Josef Hechenberger fest. Generell sei der Wald mit 50% der Fläche die "wichtigste Klimaanlage Österreichs". Aktueller Stand auf EU-Ebene sei, dass während der deutschen Ratspräsidentschaft nun eine einheitliche Linie der Mitgliedsstaaten festgelegt worden sei.

Was den Bodenverbrauch betrifft, habe der Bund keine Widmungskompetenzen, diese würden bei den Bundesländern liegen, so Köstinger. NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer hatte das aus ihrer Sicht problematische Subsidiaritätsprinzip bei der Bodenversiegelung angesprochen. Laut dem WWF würden pro Tag 13 Hektar Boden versiegelt werden. Es fehle hier an einer übergeordneten Gesamtstrategie. Die Landwirtschaftsministerin verwies auf die vielfältigen Maßnahmen gegen den Bodenverbrauch im Rahmen der Österreichischen Raumordnungskonferenz, die etwa die Stärkung der Ortskerne zur Vermeidung von Bodenverbrauch beinhalten würden.

Zahlreiche Oppositionsanträge vertagt

In der Folge wurden zahlreiche Entschließungsanträge der Oppositionsparteien mehrheitlich vertagt. Die SPÖ setzt sich für die Beendigung der Förderung von Glyphosatprodukten und anderen Breitbandherbiziden durch öffentliche Steuermittel im Rahmen des Programms für die ländliche Entwicklung (1169/A(E)), für einen Tierschutz-Check für Agrarfördermaßnahmen (341/A(E)) sowie mehr für Trinkwassersicherheit durch weniger Stickstoff und Pestizide im Grundwasser (909/A(E)) ein. Außerdem fordern die SozialdemokratInnen den Erhalt der ELER-Fördermaßnahme "Soziale Angelegenheiten" (1039/A(E)) sowie eine Berichtspflicht über die Haltung und den Transport von Kälbern aus der AMA Rinderdatenbank (374/A(E)).

Ebenso vertagt wurden die FPÖ-Initiativen für eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (202/A(E)), zur Änderung der FFH-Richtlinien zur Sicherung der heimischen Almwirtschaft (825/A(E)), zur Einführung eines Sockelförderbetrag für Arbeitsplätze am Bauernhof (884/A(E)) sowie einer Vollmilchkalb-Prämie (982/A(E)).

Auch die Entschließungsanträge der NEOS zur Schaffung einer Dekarbonisierungsstrategie für die Landwirtschaft bis 2040 (1203/A(E)), zur Einberufung eines Online-Gipfels für eine nachhaltige Futtermittelstrategie (1226/A(E)) sowie für einen Stopp der freiwilligen Zusatzmodule des AMA-Gütesiegels (1133/A(E)) und der zusätzlichen AMA-Marketing Gebühren (1231/A(E)) wurden mehrheitlich vertagt. (Fortsetzung Landwirtschaftsausschuss) med