Parlamentskorrespondenz Nr. 246 vom 08.03.2021

EU-Jahresvorschau 2021: Kommissionsvorschlag zu neuem Asyl-Krisenmechanismus stößt auf Gegenwind

Wien (PK) – Einige der gegenwärtigen EU-Vorhaben aus dem Sicherheitsbereich finden Zuspruch bei Innenminister Karl Nehammer, während zentrale Elemente des neuen EU-Migrations- und Asylpakets kritisch gesehen werden, geht aus dem EU-Jahresbericht 2021 seines Ressorts hervor (III-236 d.B. und III-739-BR/2021 d.B.). Er beruht auf dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission sowie dem Achtzehnmonats-Programm des derzeitigen EU-Ratsvorsitz-Trios Deutschland, Portugal und Slowenien.

Neues Asylpaket: Österreich lehnt Rückkehrpartnerschaften ab

Federführend von den Kommissionsinitiativen betroffen ist das Innenministerium im Zusammenhang mit dem neuen Migrations- und Asylpaket, das aus einer Vielzahl an Maßnahmen besteht. Es beinhaltet etwa einen Aktionsplan gegen Schlepperkriminalität, eine neue Strategie für freiwillige Rückkehr und Reintegration oder die Digitalisierung der Visaverfahren, welche beide von Österreich begrüßt werden. Das österreichische Innenministerium bekennt sich außerdem zum Ziel eines umfassenderen Schengen-Systems, wobei es hierbei grundsätzlich weiterhin bestehende Defizite ortet. Die Zusammenhänge zwischen Grenzschutz, Asylsystem und Sicherheit seien in Bezug auf die Handlungsspielräume der Mitgliedstaaten noch umfassend zu diskutieren, wird auch in Bezug auf die Überarbeitung des Schengener Grenzkodex festgehalten.

Der Verordnungsvorschlag zum Solidaritätsmechanismus für Asyl-Krisensituationen wird von Österreich aufgrund des starken Fokus auf Relocation (Umverteilung) und den Rückkehrpartnerschaften kritisch gesehen. Letztere könnten zu einer Verteilung von MigrantInnen "über die Hintertür" führen und werden in der vorgeschlagenen Form abgelehnt, heißt es im Bericht. Das Innenministerium setzt sich stattdessen für ein flexibles Solidaritätsmodell, eine Überarbeitung des Mechanismus und die stärkere Berücksichtigung von Vorbelastungen der Mitgliedstaaten im Asyl- und Migrationsbereich ein.

Befürwortet wird die Möglichkeit der Ausweitung von Grenzverfahren zur raschen Feststellung des Schutzbedarfs direkt an der EU-Außengrenze sowie das vorgelagerte Screening-Verfahren. Bezüglich der Schaffung einheitlicher Regelungen für Resettlement (Neuansiedlung) wird festgehalten, dass dies im österreichischen Regierungsprogramm nicht vorgesehen ist.

Maßnahmen zur EU-Sicherheitsstrategie

Unterstützung gibt es von österreichischer Seite für die geplanten Maßnahmen zur Bekämpfung organisierten Verbrechens und sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet sowie für die EU-Agenda zur Terrorismusbekämpfung, die als Reaktion auf die jüngsten Terroranschläge in Europa für besseren internationalen Informationsaustausch sorgen soll. Auch der Legislativvorschlag zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte wird als wichtige Maßnahmen in der Terrorismusprävention wahrgenommen. Aktiv beteiligen will sich Österreich ferner an der Umsetzung und Weiterentwicklung des europäischen Programms zum Schutz kritischer Infrastrukturen.

Der beabsichtigten Vereinfachung einiger Rechtsvorschriften steht Österreich kritisch gegenüber. Die Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige soll dahingehend überarbeitet werden, dass die Wartefrist von fünf auf drei Jahre herabgesetzt wird. Österreich hält die vorhandenen Regelungen auf EU-Ebene allerdings für ausreichend, wie auch die geltenden Bedingungen über die kombinierte Aufenthaltserlaubnis. Begrüßt wird hingegen die Vereinheitlichung der Regeln zur An- oder Aberkennung von internationalem Schutz, die zur Reduzierung von Pull-Faktoren und der Verhinderung von Sekundärmigration beitragen soll, wie auch die "Blaue Karte EU", die dem Mangel hochqualifizierter Arbeitskräfte mit einem verbesserten und vereinheitlichten Zugang von Drittstaatsangehörigen zum EU-Arbeitsmarkt entgegenwirken soll. Die Förderung des Zuzugs Hochqualifizierter müsse jedoch mit Maß und Ziel und analog zur Beibehaltung nationaler Systeme wie etwa der Rot-Weiß-Rot-Karte erfolgen, ist dem Bericht zu entnehmen.

Achtzehnmonats-Programm des Rates

Das Programm des deutschen, portugiesischen und slowenischen Vorsitzes im Rat der Europäischen Union (1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2021) beabsichtigt die Weiterführung des neuen Migrations- und Asylpakets und die Verbesserung legaler Migrationswege sowie der Rückführung. Ein rascher Abschluss der Rückführungs-Richtlinie ist für Österreich erstrebenswert wie auch die stärkere Bekämpfung illegaler Migration. Weiter verfolgt werden unter der Trio-Präsidentschaft außerdem die Bekämpfung von Schlepperei, die Stärkung von Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern, der Schutz der EU-Außengrenzen und die EU-Sicherheitsstrategie mit den Schwerpunkten Terrorismus, organisierte Kriminalität, kritische Infrastruktur und Cybercrime. (Schluss) fan