Parlamentskorrespondenz Nr. 368 vom 25.03.2021

Nationalrat beschließt gesetzliche Grundlagen für 1-2-3-Klimaticket

Österreichweite Netzkarte soll zu Umstieg auf öffentlichen Verkehr anregen

Wien (PK) - Die Grundlage zur Umsetzung der dritten Stufe des 1-2-3-Klimatickets wurde heute mit breiter Mehrheit im Nationalrat beschlossen. Nur die FPÖ sprach sich gegen die Einführung des Klimatickets aus. Zum einen wurde die gesetzliche Basis für eine nationale Netzkarte für öffentliche Verkehrsmittel geschaffen. Zum anderen soll das Verkehrsministerium ermächtigt werden, die sogenannte One Mobility GmbH als nationale Vertriebsplattform des Klimatickets einzurichten. Die VertreterInnen der zustimmenden Fraktionen bezeichneten den heutigen Beschluss als wichtigen Beitrag zur klimaschonenden Mobilitätswende und als eine große Entlastung für PendlerInnen. Neben der Schaffung eines kostengünstigen Tickets gelte es nun, den Fokus auf den Infrastruktur- und Taktausbau im ländlichen Raum zu legen.

Für Verkehrsministerin Leonore Gewessler ist das 1-2-3-Ticket ein "absolutes Herzensprojekt" und "eine Revolution im öffentlichen Verkehr. Es gebe aber noch viel zu tun, da das Projekt erst nach der Umsetzung der beiden anderen Ticketstufen abgeschlossen sei.

Durch eine Änderung des Tarifsystems im Bundesstraßen-Mautgesetz werden zudem künftig emissionsfreie Schwerfahrzeuge bei der Maut begünstigt. Eine dementsprechende Regierungsvorlage wurde einstimmig angenommen.

Grundlagen für das Klimaticket als österreichweite Netzkarte auf den Weg gebracht

Das erste der beiden durch einen Initiativantrag der Regierungsparteien beschlossenen Bundesgesetze enthält unter dem Titel "Klimaticket" die gesetzliche Grundlage zur Einführung einer nationalen Netzkarte für öffentliche Verkehrsmittel durch das Verkehrsministerium. Vorgesehen ist, dass die Kosten zur Umsetzung des Klimatickets aus den eingehobenen Fahrgelderlösen sowie durch Zuwendungen aus dem Bundesbudget finanziert werden. Im Detail sollen die gesetzlichen Voraussetzungen für Abgeltungen an die Verkehrsunternehmen und die Rahmenbedingungen für die Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften festgelegt werden. Das Gesetz sieht vor, dass die Verkehrsministerin dazu Verordnungen erlassen und die notwendigen vertraglichen Vereinbarungen abschließen kann.

Eine flankierende Maßnahme dazu stellt ein weiteres Bundesgesetz dar, mit dem das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt wird, eine One Mobility GmbH als gemeinsame Vertriebsplattform mehrerer Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften zu schaffen. Diese Gesellschaft soll einen diskriminierungsfreien Vertrieb des Klimatickets gewährleisten. Als nationale Vertriebsplattform soll sie transparente Tarife und eine Vereinheitlichung des Ticketings im öffentlichen Verkehr sicherstellen.

Ein in der Debatte eingebrachter SPÖ-Entschließungsantrag, der die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Maßnahmen seitens des Finanzministers zur Umsetzung des österreichweiten Klimatickets für sämtliche öffentliche Verkehrsmittel einforderte, fand keine Mehrheit im Plenum.

Die VertreterInnen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS zeigten sich erfreut, dass nun die Grundlagen für das österreichweite Klimaticket geschaffen wurden und bedankten sich unisono für die gute Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene. Der heutige Beschluss sei ein "klarer Beitrag zum Klimaschutz und eine deutliche Entlastung für PendlerInnen", unterstrich Hermann Weratschnig (Grüne). Der Grünen-Mandatar merkte jedoch an, dass es noch viel Überzeugungskraft in den Bundeländern für die Umsetzung der beiden anderen regionalen Ticketstufen brauche. Für seinen Fraktionskollegen Lukas Hammer ist das 1-2-3-Österreich-Ticket eine "sozial-ökologische Revolution", das "grundlegend unsere Art und Weise ändern wird, wie wir den öffentlichen Verkehr nützen". Für drei Euro pro Tag könne man nun in ganz Österreich "unterwegs sein", dies bedeute vor allem eine große Kostenersparnis für PendlerInnen.

Seitens der ÖVP begrüßten Andreas Ottenschläger und Elisabeth Pfurtscheller ausdrücklich die Schaffung eines österreichweiten Tickets als wichtigen Schritt hin zur Mobilitätswende. Neben günstigen Tickets brauche es aber den verstärkten Ausbau der Infrastruktur im ländlichen Raum, vor allem bei der "letzten Meile" müsse man noch zusätzliche Angebote schaffen, so Ottenschläger. Auch Pfurtscheller verwies auf den Ausbau der Taktung im ländlichen Bereich.

Alois Stöger (SPÖ) gratulierte zum heutigen Beschluss, denn die Verlagerung von der Straße auf die "Öffis" sei "echte Klimapolitik". Ein leistbares Ticket sei ebenso eine zentrale Forderung der SPÖ gewesen. Was es nun brauche, sei eine weitere Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs. Dies bedeute schnelle Verbindungen und leistbare Tickets. Die Grundlage dafür sei aber, dass genügend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, betonte Stöger.

Auch die NEOS unterstützten die beschlossenen Maßnahmen. Für eine klimaschonende Politik müsse man den privaten Individualverkehr hinterfragen und gleichzeitig das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln ausbauen, sagte Johannes Margreiter (NEOS). Er hoffe, dass es noch in diesem Jahr zur Umsetzung des Klimatickets kommen werde. Dazu brauche es aber noch weitere Verhandlungen mit den zuständigen PartnerInnen in den Bundesländern, Städten und Gemeinden.

Die Vertreter der FPÖ sahen dies anders. Grundsätzlich sei eine nationale Netzkarte zwar ein gutes Produkt, es habe aber an einer schlechten Durchführung gemangelt, kritisierte Gerhard Deimek (FPÖ). Es handle sich um ein "Marketingprodukt, dass das Geld nicht wert ist". Für Walter Rauch ist die One Mobility GmbH ein "grüner Versorgungsposten". Mit der bloßen Gründung einer GmbH sei noch wenig erreicht. Die Regierung habe zudem auf den Infrastrukturausbau im ländlichen Raum vergessen, bemängelte Rauch.

"Das 1-2-3-Ticket ist ein absolutes Herzensprojekt und eine Revolution im öffentlichen Verkehr", zeigte sich Verkehrsministerin Leonore Gewessler erfreut. Man habe heute wesentliche Schritte zur Umsetzung getroffen. Auch Gewessler bedankte sich bei allen eingebundenen Akteuren, die ihren Beitrag für einen leistbaren öffentlichen Verkehr geleistet hätten.

Emissionsfreie Fahrzeuge werden künftig bei Maut begünstigt

Mit einer einstimmig angenommenen Änderung des Tarifsystems im Bundesstraßen-Mautgesetz soll ein Schritt in Richtung Ökologisierung der fahrleistungsabhängigen Maut gesetzt werden. Emissionsfreie Schwerfahrzeuge über 3,5 Tonnen, also Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb oder mit reinem Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb, sollen bei der so genannten "fahrleistungsabhängigen Anlastung der Infrastrukturkosten für die Benützung von Bundesstraßen" begünstigt werden. Der Tarif für diese Fahrzeuge kann damit nicht mehr nur bis zu 50%, sondern künftig bis zu 75% unter dem höchsten Tarif liegen, wobei hier Bezug genommen wird auf Fahrzeuge, die einer der EURO-Emissionsklassen zugeordnet sind.

Eine FPÖ-Initiative, die eigene Klebevignetten für Wechselkennzeichen-InhaberInnen einfordert, sowie zwei weitere im Zuge der Debatte eingebrachte FPÖ-Entschließungsanträge fanden hingegen keine Mehrheit im Plenum. Einerseits wird die Verkehrsministerin aufgefordert, auf die Bundesländer einzuwirken, so dass es zu keiner Diskriminierung von Motorradfahrern bei der Verordnung von örtlichen Fahrverboten und Geschwindigkeitsbegrenzungen kommt. Anderseits soll die im Dezember 2020 beschlossene Erhöhung der Normverbrauchsabgabe rückgängig gemacht werden.

Seit die Grünen das Verkehrsressort besetzen, sei dieses zu einem "ideologischen Ministerium" geworden, kritisierte Christian Hafenecker (FPÖ). Die Grünen hätten die Autofahrer zum "absoluten Feindbild" erklärt, wobei die ÖVP dem nichts entgegensetzen würde. Der FPÖ-Abgeordnete ortete in diesem Zusammenhang "drei Anschläge" auf die AutofahrerInnen. Zum einen habe man den FPÖ-Antrag zur Aufhebung der Diskriminierung von Klebevignetten-BesitzerInnen abgelehnt. Weiters komme es durch die kürzlich beschlossene NoVA-Erhöhung zu einem "schamlosen Griff in die Taschen von Familien und Wirtschaftstreibenden". Außerdem würden MotorradfahrerInnen durch unverständliche Fahrverbote weiter diskriminiert.

Hermann Weratschnig (Grüne) hatte kein Verständnis für die Wortmeldung Hafeneckers und bezeichnete diese als "Beitrag zur Klimaerhitzung". Was die Änderungen im Mautgesetz betrifft, so sei diese eine "wichtiger Baustein für die Dekarbonisierung. Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) sah das ähnlich. Für den Schwerverkehr gebe es zwar noch keine zufriedenstellenden Lösungen im Bereich der Elektromobilität, hier seien Wasserstofflösungen vielversprechender. Neben der Reduktion der Maut brauche es aber vor allem europäische Regelungen, wie etwa einheitliche Wasserstoffventile zur Betankung.

Der Anteil der emissionsfreien Fahrzeuge über 3,5 Tonnen sei sehr gering, deshalb würden die NEOS dem Gesetz "mit Bauchweh" zustimmen, hielt Johannes Margreiter fest. Es gehe um Technologieneutralität und nicht um eine Verbannung des Verbrennungsmotors. Elisabeth Schatz (SPÖ) sprach von einem "guten und richtigen Schritt im Sinne der Nachhaltigkeit", obwohl aktuell noch wenige solcher Fahrzeuge unterwegs seien. Im Sinne des Klimaschutzes sei es essenziell, den Güterverkehr von der Schiene auf die Straße zu verlagern.

Die Novellierung des Mautgesetzes sei ein erster Schritt, um den Anteil von emissionsfreien LKWs und Bussen zu steigern, betonte Verkehrsministerin Gewessler. Man wolle damit den Anstoß für klimafreundliche Fahrzeuge der Unternehmen setzen. (Fortsetzung Nationalrat) med

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