Parlamentskorrespondenz Nr. 481 vom 22.04.2021

Neues Patentanwaltsgesetz öffnet Patentanwaltsgesellschaften für neuen Teilhaberkreis in Einklang mit EU-Vorgaben

Nationalrat bestätigt einstimmig EU-Vertrag über Trägerraketen, Weltraumstrategie soll bis Ende Juli vorliegen

Wien (PK) – Das Patentanwaltsgesetz wird den EU-Vorgaben für Dienstleistungen angepasst. Dafür sorgt eine Novelle, die vom Nationalrat heute teils mit Mehrheit, teils einstimmig verabschiedet wurde. Die NEOS äußerten allerdings Bedenken über die Festlegung der Mehrheitsverhältnisse in Patentanwaltsgesellschaften und verlangten eine getrennte Abstimmung zu diesem Punkt. Damit fiel der Beschluss in der Zweiten Lesung nur mehrheitlich aus, in Dritter Lesung erzielte die Novelle Einstimmigkeit.

Uneingeschränkt einstimmig befürworteten die Abgeordneten die Ratifizierung eines internationalen Vertrags über den Einsatz von Trägerraketen, die vom Raumfahrtzentrum Guayana aus starten. Die VertreterInnen aller Fraktionen betonten in der Debatte die Wichtigkeit einer europäischen und österreichischen Weltraumstrategie. Ein Antrag der FPÖ, die eine rasche Vorlage einer überarbeiteten Strategie für die österreichische Weltraumtätigkeit einfordert, wurde zwar abgelehnt. Das Nationalratsplenum bestätigte aber mit Mehrheit die von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS im Forschungsausschuss gefasste Entschließung, wonach die neue österreichische Weltraumstrategie bis 31. Juli vorliegen soll.

Patentanwaltsgesellschaften werden in Einklang mit EU-Dienstleistungsrichtlinie geöffnet

Hintergrund der Novellierung des Patentanwaltsgesetzes, die in Dritter Lesung einstimmig den Nationalrat passierte, bildete ein EuGH-Urteil, das die bisherigen österreichischen Bestimmungen für Patentanwaltsgesellschaften im Patentanwaltsgesetz nicht im Einklang mit der Dienstleistungsrichtlinie der EU waren. Nun wurden die Regelungen in Bezug auf den Sitz, die Rechtsform sowie die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen von Patentanwaltsgesellschaften richtlinienkonform formuliert. Mehrere der bisher in diesen Punkten geltenden Beschränkungen entfallen künftig zur Gänze. Außerdem wurde in das Gesetz die Möglichkeit, dass sich an Patentanwaltsgesellschaften auch VertreterInnen anderer Disziplinen beteiligen.

Wie Abgeordnete Eva Blimlinger (Grüne) erläuterte, wird durch die Erweiterung des Kreises der TeilhaberInnen den Patentanwaltsgesellschaften ermöglicht, eine breitere Expertise aufzubauen und die Qualität ihrer Leistungen zu verbessern. Die Abgeordnete wies auf die aktuellen Diskussionen über Patente auf Impfstoffe hin und meinte, diese zeige die Bedeutung des Umgangs mit Patenten.

Seitens der ÖVP äußerte Andreas Minnich die Überzeugung, dass Österreich ein modernes Patentanwaltsgesetz braucht, um Innovationen vorantreiben zu können und damit für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein.

NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter sah ebenfalls die Notwendigkeit, die Innovationskraft Österreichs zu stärken, und beklagte politische Versäumnisse. Die Novelle sei zweifellos wichtig, seine Fraktion teile aber die Bedenken von PatentanwältInnen, dass die Öffnung für neue Gesellschafter zu weit gehen und damit fachfremde Interessen potenziell zu starken Einfluss gewinnen könnten. Seine Fraktion habe daher zu diesem Punkt eine getrennte Abstimmung verlangt.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ) hielt fest, dass ihre Fraktion die Novelle zwar grundsätzlich begrüße, aber ebenfalls Bedenken in Bezug auf die Festlegung der Teilhaberschaft habe. Sie werde daher diesem Punkt bei der verlangten getrennten Abstimmung nicht zustimmen. Kucharowits nützte ihre Wortmeldung, um auf die Problematik der fehlenden Barrierefreiheit von Notrufnummern hinzuweisen. Der Forschungsausschuss habe einen Antrag der SPÖ dazu erneut vertagt, kritisierte sie. Gerade in Zeiten einer allgemeinen Gesundheitskrise dürfe dieses wichtige Thema nicht weiter aufgeschoben werden.

Österreich für europäische Erklärung über den Einsatz von Trägerraketen

Einstimmig sprach sich der Nationalrat für die Ratifizierung einer Erklärung europäischer Regierungen zum Einsatz der Trägerraketen Ariane, Vega und Sojus aus. Als Vollmitglied der europäischen Weltraumorganisation ESA hat Österreich 1992 die erste Fassung einer Erklärung über die Produktion der Ariane-Trägerraketen unterzeichnet. Die bisher gültige Fassung von 2007 berücksichtigte den Einsatz der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus. Inzwischen haben die europäischen Regierungen einen weiteren Vertragstext ausgehandelt. Die Ende 2017 gefasste "Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus" umfasst zusätzlich die neuen Träger Ariane-6 und Vega-C, an denen auch Österreich teilnimmt. Der neue Vertrag tritt nach der Ratifizierung durch mindestens 12 Regierungen in Kraft und soll bis Ende 2035 gültig sein. Notwendig wurde die Revision der Erklärung aus dem Jahr 2007, weil mit der Entwicklung der Trägerraketen Ariane-6 und Vega-C dem Privatsektor eine größere Rolle und Verantwortung zufällt.

Wie bereits im Forschungsausschuss, wurde ein Antrag des FPÖ-Abgeordneten Christian Hafenecker, der eine Strategie für österreichische Weltraumtätigkeiten einforderte, von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt. Der Nationalrat bestätigte aber gleichzeitig mehrheitlich eine von ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS im Ausschuss gefasste Entschließung, wonach die Strategie bis 31. Juli dieses Jahres vorliegen soll.

Peter Weidinger (ÖVP) sah die österreichische Weltraumstrategie vor dem Hintergrund, dass die ESA derzeit ihre Rolle neu definiert. Mit den neuen Rahmenbedingungen entstehe auch ein neuer Markt für Unternehmen und es eröffneten sich große Chancen für Forschung und Wirtschaft, meinte Weidinger. Er sah, wie auch Corinna Scharzenberger (ÖVP), in der Entwicklung der Weltraumtechnologie einen wichtigen Faktor für das Comeback Österreichs nach der aktuellen Krise. Österreich müsse sich gemeinsam mit den anderen europäischen Staaten den Zugang zum Weltraum sichern, unterstrich Scharzenberger. Schließlich werde die Konkurrenz Chinas und anderer Wirtschaftsmächte auf diesem Gebiet immer größer.

Auch Maria Theresia Niss (ÖVP) verwies auf die enorme Bedeutung der Weltraumtechnik für die österreichische Wirtschaft. Österreich leiste bereits viel an Grundlagenforschung und sei bei internationalen Weltraummissionen führend, was oft zu wenig beachtet werde. Österreich verfüge über Spitzenkräfte in der Weltraumtechnik. Die Weltraumstrategie stelle dabei eine Chance dar, weitere Fachkräfte auszubilden und diese auch in Österreich zu halten. Dazu sei es aber wichtig, weitere Unternehmensgründungen zu ermutigen. Auch ÖVP-Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) unterstrich die Bedeutung der Weltraumtechnologie für die Entwicklung neuer Produkte und Anwendungen und für die Sicherung von Arbeitsplätzen. Österreich setze mit der Teilnahme am Abkommen auch ein wichtiges Zeichen, dass es mit Europa in einer globalisierten Welt konkurrenzfähig bleiben wolle.

Weltraumtechnik sei aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken, etwa im Bereich der Erdbeobachtung und der digitalen Kommunikation, stellte Petra Oberrauner (SPÖ) fest. Daher sei es im österreichischen Interesse, dass die EU im Rennen um die Erforschung des Weltraums nicht ins Hintertreffen zu anderen Großmächten gerate und dass österreichische Unternehmen sich an innovativen Entwicklungen beteiligen. Dazu müsse auch die neue Weltraumstrategie beitragen. Über die Bedeutung der Weltraumtechnologie herrsche erfreulicherweise Konsens, meinte Melanie Erasim (SPÖ). Bedauerlicherweise habe der Forschungsausschuss aber andere wichtige Themen vertagt, etwa die Erhöhung der Mittel der COVID-19-Folgen-Begleitforschung. Österreich könne es sich aber nicht leisten, hier säumig zu sein, meinte Erasim.  

Hermann Weratschnig (Grüne) sah in der Erklärung ein wichtiges Signal für die zunehmende Bedeutung der europäischen Satellitenprogramme. Satellitendaten gewinnen auch für den Umwelt- und Klimaschutz immer größere Bedeutung, erinnerte der Abgeordnete. Auch die wirtschaftliche Seite sei nicht zu unterschätzen, meinte Weratschnig. So würden österreichische Unternehmen bereits wichtige Komponenten der Ariane-6-Rakete herstellen.

Österreich sei seit 40 Jahren Mitglied der europäischen Weltraumorganisation ESA und profitiere enorm davon, stellte auch Christian Hafenecker (FPÖ) fest. Weltraumtechnik sei ein Markt mit enormen Wachstumschancen und Österreich müsse daher rasch eine neue Weltraumstrategie entwickeln. Die Teilnahme des österreichischen Parlaments an der Europäischen Interparlamentarischen Weltraumkonferenz (EISC) biete eine große Chance. Österreich solle sich um den Vorsitz für das Jahr 2023 bemühen, meinte Hafenecker und warb um die Unterstützung der anderen Fraktionen für diese Bewerbung.

Weltraumtechnik fließe bereits umfangreich in Anwendungen des täglichen Gebrauchs ein, wie etwa in Mobiltelefone, stellte Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) fest. Erfreulicherweise beteilige sich Österreich intensiv an neuen Entwicklungen, etwa im Bereich der Datenerhebung und -auswertung der Erdbeobachtung. Diese würden für Klimaschutz und Landwirtschaft immer größere Bedeutung erlangen.

Staatssekretär Brunner: Weltraumstrategie soll Brain Drain verringern

Die Bedeutung der Weltraumtechnik und die Rolle Österreichs in Forschung und Entwicklung dürften nicht unterschätzt werden, meinte Staatssekretär Magnus Brunner. Der neuen Weltraumstrategie komme daher große Bedeutung zu, weshalb bereits intensiv daran gearbeitet werde. Auch er sehe die Förderung des Forschungsnachwuchses sowie Unternehmensgründungen, um diesen auch in Österreich halten zu können und dem Brain Drain entgegenzuwirken, als zentrale Anliegen der Strategie. Hier gebe es bereits positive Signale von Unternehmen, berichtete der Staatssekretär. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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