Parlamentskorrespondenz Nr. 539 vom 07.05.2021

Offenes Parlament - offene Daten: Das Hohe Haus verbessert sein Open-Data-Angebot

Parlamentsdirektion präsentiert Crowdsourcing-Ergebnisse bei Online-Vernetzungstreffen mit der Open-Data-Community

Wien (PK) - Mit dem für 2022 geplanten Relaunch des Webauftritts soll das Open-Data-Angebot des Parlaments erweitert werden. Im Rahmen eines Crowdsourcings hatte die Parlamentsdirektion im April öffentlich aufgerufen, Ideen dazu beizusteuern. Insgesamt hatten sich 60 Personen registriert, 17 Vorschläge wurden ausgearbeitet. Die Parlamentsdirektion konnte auf Grund der Anforderungen neun Handlungsfelder für die zukünftige Open-Data-Strategie identifizieren. Am 6. Mai präsentierte die Parlamentsdirektion im Rahmen der virtuellen Diskussionsveranstaltung "Offenes Parlament - offene Daten" die Resultate aus der Beteiligungsphase sowie die nächsten Schritte für die Umsetzung. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse auf der Website des Parlaments folgt in der kommenden Woche.

Martin Thür: Offene Daten verlangen eine Abwägung von öffentlichem Interesse und Datenschutz

Journalist und ZIB-Moderator Martin Thür eröffnete die Veranstaltung im Dialog mit Karl-Heinz Grundböck, dem Sprecher der Parlamentsdirektion. Beide verbindet eine Vorgeschichte, die bis zum Verfassungsgerichtshof führte. Dieser hatte nach einem Rechtsstreit positiv zugunsten Thürs und des ORF entschieden, die Parlamentsdirektion habe Auskunft über Gehaltsfortzahlungen ehemaliger Abgeordneter zu erteilen. Thür zufolge war es darum gegangen, Rechtssicherheit zu erlangen, was JournalistInnen wissen dürfen und wie Behörden damit umgehen müssen. Es gehe ihm um eine Abwägung von Datenschutz und öffentlichem Interesse.

Die Nutzung von Open Data durch JournalistInnen sei Analysen zufolge sehr gering, zeigte Grundböck auf. Dem stimmte Thür zu, bemerkte jedoch, dass Open Data einen Zwischenfilter benötigten. Vor allem Personen, die sich mit bestimmten Themen intensiv beschäftigen, würden in weiterer Folge JournalistInnen für Recherchen sensibilisieren.

Schwierig sei Thür zufolge die Interpretation der Daten. Es gelte, diese einzuordnen und verständlich zu machen. Dies sei die Aufgabe von JournalistInnen, betonte er. Entscheidungen anhand von Daten zu treffen, sei hingegen die Aufgabe der Politik. Thür ortete ein Zurückziehen der Politik von ihrer Verantwortung für Information hinter Notwendigkeiten der Verwaltung. Der Spielraum, mehr aus vorhandenen Daten zu machen, sei vorhanden. Einen durch offene Daten bewirkten Verlust der Parteien am Monopol der Information finde er nicht schade, so Thür.

Karl-Heinz Grundböck betonte im Gespräch, dass die Parlamentsdirektion die Verantwortung habe, in der Kommunikation Fakten darzustellen. Dem konnte Thür zustimmen. Die Parlamentshomepage sei eine von "drei bis vier Seiten im Internet, die man regelmäßig anklickt", so der Journalist. Aufgrund der politischen Struktur in Österreich sei sie eine der wichtigsten Informationsplattformen. Bei der Darstellung der Informationen gebe es selbstverständlich "Luft nach oben". Dafür brauche es Open Data. Mit dem sanierten Gebäude werde die neue Website online gehen, kündigte Grundböck an. Der Anspruch sei, von da an einen neuen Standard zu setzen. Open Data spiele dabei eine zentrale Rolle.

Open-Data-Crowdsourcing des Parlaments zeigt Handlungsfelder auf

Der Open-Data-Beauftragte der Parlamentsdirektion, Stefan Taferner, gab einen Überblick über neun Handlungsfelder, die aus dem abgeschlossenen Crowdsourcing-Prozess ermittelt werden konnten. Grundsätzlich wolle die Parlamentsdirektion mit der neuen Website die Strategie "Open Data by Default" verfolgen, erklärte Taferner. Das bedeutet, alle Daten bereitzustellen, sofern nicht rechtliche Gründe dagegen sprechen. Konkret sei das erste Ziel, alle Daten strukturiert über eine API mit detailliert beschriebenen Metadaten zur Verfügung zu stellen. Das bestehende Angebot sei besser zu kommunizieren. Zweitens müssten alle Dokumente klar strukturiert und beschrieben sowie verlinkt angeboten werden. Eine bessere Kompatibilität mit den Dokumenten im RIS gelte es herzustellen. Interesse bestehe des Weiteren an den Biografien der ParlamentarierInnen. Es sei erforderlich, die Daten über die API zu veröffentlichen.

Auch die Verlinkung von Redebeiträgen in Videos mit den stenografischen Protokollen sollte über die API ausgespielt werden, fasste Taferner zusammen. Viertes Handlungsfeld sei der Gesetzgebungsprozess. Hier sei das erklärte Ziel, diesen lückenlos und vollständig verlinkt zu veröffentlichen. Das gesamte Verfahren solle über die API abgreifbar sein. Ebenso sollten Tagesordnungspunkte in Plenarsitzungen mit den Verhandlungsgegenständen verknüpft ausgeliefert werden, zusammen mit Reden von Abgeordneten. Die Herausforderung sei eine Trennung von Redetext, Anträgen, Ordnungsrufen und weiteren Elementen in den Protokollen.

Als siebentes Handlungsfeld wurde die Rechtssicherheit identifiziert. Erster Schritt sei, innerhalb der Parlamentsdirektion eine Prüfung durchzuführen, welche Informationen und Dokumente als Open Data veröffentlicht werden dürfen, welche hingegen nicht. Von großem Interesse seien außerdem historische Daten, von denen es viele auf der Webseite des Parlaments gebe. Diese seien ab 1996 strukturiert verfügbar, die biografischen Daten sogar ab 1918. Eine strukturierte Veröffentlichung der stenografischen Protokolle aus der Ersten Republik würden jedoch jegliche Kapazitäten übersteigen, da die Daten komplett überarbeitet und eingepflegt werden müssten.

Als letzte Anforderung nannte der Open-Data-Beauftragte die Einrichtung eines Developer Hubs, wie er von der Community nach britischem Vorbild vorgeschlagen wurde. Hierfür bestehe eine Notwendigkeit nicht unbedingt, da die Strategie der österreichischen Behörden sei, die Daten wie bisher auf data.gv.at zu veröffentlichen.

Brigitte Lutz: Offene Zusammenarbeit mit Stakeholdern und Partizipation sind entscheidend

Die guten nachbarschaftlichen Verhältnisse zum Parlament lobte Brigitte Lutz, Sprecherin der Cooperation OGD Österreich und Data Governance Koordinatorin der Stadt Wien. Sowohl die Stadt Wien als auch das Parlament hätten die gleiche rege Community in Bezug auf Open Data. Gemeinsame Meet-ups auch in naher Zukunft würden die Zusammenarbeit bestärken. Der Parlamentsdirektion gratulierte Brigitte Lutz für die partizipative Erarbeitung neuer Ideen über ein Crowdsourcing. Die offene Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern sei wichtig. Neben nationalen gebe es auch internationale Kooperationen, betonte Lutz. Im Rahmen dieser sei viel Mut gefragt, um einen Kulturwandel herbeizuführen in Richtung Öffentlichkeit und Transparenz. Der Crowdsourcing-Prozess des Parlaments liefere die Grundlage für weitere Synergien, freute sich Brigitte Lutz auf die baldige Veröffentlichung der Ergebnisse. (Schluss) cke

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Rückschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie auf der Website des Parlaments.