Parlamentskorrespondenz Nr. 658 vom 01.06.2021

Harmonisierung der Heeresbezüge soll Miliz attraktiver machen

Landesverteidigungsausschuss diskutiert Berichte zum COVID-19-Krisenbewältigungsfonds und zu Frauen im Bundesheer

Wien (PK) – Der Landesverteidigungsausschuss hat heute einstimmig die weitgehende Harmonisierung der so genannten Einsatzbesoldung für Milizangehörige auf den Weg gebracht. Die im Rahmen der Corona-Krise geleisteten Assistenzeinsätze des Bundesheeres haben die Notwendigkeit dazu aufgezeigt. Die Einführung einer Freiwilligen- sowie einer Kaderausbildungsprämie soll zudem Grundwehrdiener für den Milizeinsatz motivieren. Auf Antrag aller Fraktionen wurde eine analoge Anpassung auch für die Grundbezüge von Zivildienern vorgenommen.

Weiters diskutierten die Ausschussmitglieder die Berichte der Verteidigungsministerin zu den angefallenen Kosten seitens des Bundesheeres im Rahmen des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds sowie den Bericht über die militärischen Dienstleistungen von Frauen für die Jahre 2019 und 2020.

Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag der FPÖ über einen Ausbau des Truppenübungsplatzes Allentsteig zur Sicherheitsinsel. Einstimmig beschlossen wurde aber ein daran anknüpfender Antrag von ÖVP, Grünen und NEOS, wonach die Verteidigungsministerin bis Jahresende ein Gesamtkonzept für autarke Kasernen für ganz Österreich vorlegen soll. Mehrheitlich angenommen wurde ein NEOS-Antrag, der eine Studie über die Verfassungsmäßigkeit eines Luftraumüberwachungskonzepts in Kooperation mit anderen EU-Partnerstaaten bis zum 31. Oktober des heurigen Jahres einfordert.

COVID-19-Assistenzeinsätze zeigen Reformbedarf bei der Heeresbesoldung auf

Rund um die coronabedingten Assistenzeinsätze des Österreichischen Bundesheers sind mehrere Problemstellungen zutage getreten. So zeigte sich, dass die Bezüge im Einsatz bei identen Funktionen zum Teil sehr unterschiedlich waren. Mit einer Novelle des Heeresgebührengesetzes und des Heeresdisziplinargesetzes (851 d.B.) soll nun eine weitgehende Harmonisierung der "Einsatzbesoldung" für Wehrpflichtige des Milizstandes und Frauen in Milizverwendung erfolgen. Die Novelle wurde vom Ausschuss einstimmig angenommen, nachdem ÖVP und Grüne im Ausschuss noch einen Abänderungsantrag mit redaktionellen Korrekturen und Klarstellungen eingebracht hatten.

Um mehr Grundwehrdiener für den Milizeinsatz zu motivieren, werde zudem eine Freiwilligenprämie und eine Kaderausbildungsprämie ins Leben gerufen, führte ÖVP-Abgeordneter Friedrich Ofenauer aus. Die Freiwilligenprämie sollen Grundwehrdiener erhalten, die sich zu Milizübungen melden. Die Zustimmung ihrer Fraktionen signalisierten auch Nurten Yilmaz (SPÖ), David Stögmüller (Grüne), Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) und Ausschussobmann Reinhard Bösch (FPÖ).

Einstimmig angenommen wurde ein in Zusammenhang mit der Novelle eingebrachter Initiativantrag aller Fraktionen, mit dem analog zu der Änderung der Heeresbesoldung auch eine Anpassung der Grundvergütung für den ordentlichen oder außerordentlichen Zivildienst und des Zuschlags zur Grundvergütung bei Einsätzen erfolgt. Die für Belange des Zivildienstes zuständige Bundesministerin Elisabeth Köstinger erklärte, im Sinne des Gleichbehandlungsgebots sei Zivildienern eine annähernd gleiche Belastung auch gleich abzugelten.

Verteidigungsministerin legt Berichte über Ausgaben aus COVID-19-Krisenbewältigungsfonds vor

Für die Beschaffung von Antigen-Testkits zur Durchführung der Massentestungen durch das Verteidigungsministerium hat das Ressort 67,3 Mio. € aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds erhalten. Das geht aus einem Bericht von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner über den Zeitraum März 2020 bis Jänner 2021 hervor (III-267 d.B.). Auch für coronabedingte Assistenzleistungen durch das Bundesheer standen Mittel aus dem Krisenbewältigungsfonds zur Verfügung. Rund 15,7 Mio. € gab es für die Unterstützung des Innenressorts, weitere 9,4 Mio. € standen für die Assistenzleistungen der Gesundheitsbehörden zur Verfügung. Um die Mobilität, die Konnektivität und den persönlichen Schutz der eingesetzten SoldatInnen, fielen zudem rund 31 Mio. € für Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände an.

Für die Beschaffung, Lagerhaltung, Bewirtschaftung und Verteilung von Schutzausrüstung und sonstigen notwendigen medizinischen Materialen im sogenannten "COVID-19-Lager" hat das Verteidigungsressort bis Ende Jänner 2021 insgesamt 11,5 Mio. € von den reservierten 30 Mio. € im Krisenbewältigungsfonds ausgegeben. Laut einem weiteren Bericht (III-309 d.B.) stieg dieser Betrag bis inklusive März 2021 auf rund 34,9 Mio. € an. Beide Berichte wurden im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen.

Der Beitrag der SoldatInnen und der Zivildiener zur Bekämpfung der Pandemie sei eine logistische und organisatorische Meisterleistung, hielt die Verteidigungsministerin fest. Die Aufgaben seien vielseitig, die von sicherheitspolizeilichen bis zu gesundheitsbehördlichen Assistenzleistungen reichen würden. Dazu zähle etwa die Unterstützung bei Grenzkontrollen und beim Contact Tracing, die Durchführung der Massentests, Transportunterstützungen oder die Sicherung kritischer Infrastruktur, erläuterte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner gegenüber Tanja Graf (ÖVP), die nach den konkreten Leistungen des Bundesheers im Rahmen der Pandemiebekämpfung gefragt hatte.

Johannes Margreiter (NEOS) interessierte sich für die Ausgaben für das "COVID-19-Lager" und warum hier nur etwa ein Drittel der veranschlagten Mittel bis Ende Jänner ausgegeben wurden. Laut Tanner handelt es sich bei den 30 Mio. € um Schätzungen seitens des Gesundheitsressorts, konkret ausgegeben wurden schlussendlich 11,5 Mio. € im Zeitraum März 2020 bis Jänner 2021.

Sie rechne mit 200 Mio. € an Mehrbedarf, der jedoch aus dem laufenden Budget abgedeckt werden könne, teilte die Verteidigungsministerin David Stögmüller (Grüne) mit. Der Grünen-Abgeordnete interessierte sich zudem dafür, wie die europäische Zusammenarbeit zur Pandemiebekämpfung funktioniert hat. Tanner betonte die gute Kooperation mit den europäischen Partnern, man sei hier im ständigen Austausch, denn alle EU-Mitgliedsstaaten hätten ihre Streitkräfte coronabedingt eingesetzt.

Tanner berichtet über militärische Dienstleistungen von Frauen

Seit 1998 haben Frauen die Möglichkeit, ihren Dienst im österreichischen Bundesheer zu leisten, und die Soldatinnen sind, wie die Verteidigungsministerin im aktuellen Bericht über militärische Dienstleistungen von Frauen in den Jahren 2019 und 2020 (III-284 d.B.) festhält, ein gut integrierter und unverzichtbarer Bestandteil des Bundesheers. Entschieden sich Ende 1999 89 Frauen für das Bundesheer, so waren es Ende des vergangenen Jahres 672 Frauen. Der höchste bislang von einer Soldatin erreichte Offiziersgrad ist Brigadier, der höchste von einer Soldatin erreichte Unteroffiziersgrad ist Offiziersstellvertreter.

Eine weitere Erhöhung des Frauenanteils soll mithilfe des 2020 ins Leben gerufenen Frauenförderungsplans des Verteidigungsministeriums erreicht werden. Gelingen soll dies unter anderem durch die Begleitung und Unterstützung neu eintretender Soldatinnen durch ausgebildete Mentorinnen. Spezifische Verbesserungen der Ausbildung, durchgängige Laufbahnplanungen und gezielte Förderung bei der Besetzung von Führungs- und Managementfunktionen sollen die Chancengleichheit stärken und den Dienst attraktiver gestalten, heißt es in dem vom Ausschuss einstimmig angenommen Bericht.

Die Erhöhung des Frauenanteils im Bundesheer sei ihr als erste weibliche Verteidigungsministerin ein besonderes Anliegen, unterstrich Klaudia Tanner. Ziel sei es, den Anteil sukzessive mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhöhen. Es gebe in diesem Bereich aber noch viel zu tun, erläuterte die Ressortchefin gegenüber Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne), Maria Smodics-Neumann (ÖVP), Johannes Margreiter (NEOS) sowie Cornelia Ecker (SPÖ), die nach den weiteren geplanten Maßnahmen gefragt hatten. Laut Tanner geht es vor allem um die Festigung bestehender Maßnahmen sowie um die Forcierung neuer Schritte hin zu einer Steigerung der Attraktivität des Berufs der Soldatin. So habe man etwa ein Monitoringprogramm für Neueinsteigerinnen ins Leben gerufen oder ein eigenes Referat für die Steigerung des Frauenanteils im Ressort geschaffen. Das Projekt "Fit fürs Heer" soll zudem zum Erreichen der geforderten körperlichen Leistungen beitragen. Bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei man auf einem guten Weg, betonte die Verteidigungsministerin im Ausschuss.

Was die Anzahl der vom Bundesheer unterstützten Leistungssportlerinnen betrifft, gab Tanner gegenüber Nurten Yılmaz (SPÖ) an, dass sich diese im Jahr 2020 auf 19 Sportlerinnen beliefen. Insgesamt würden aktuell über 400 SportlerInnen unterstützt.

FPÖ: Truppenübungsplatz Allentsteig soll Sicherheitsinsel werden

In einem von den Ausschussmitgliedern mehrheitlich abgelehnten FPÖ- Entschließungsantrag (1405/A(E)) treten die Freiheitlichen für die Strukturierung des Truppenübungsplatzes Allentsteig als Sicherheitsinsel ein. Im Krisen- und Katastrophenfall sollen sogenannte Sicherheitsinseln ein autarker Schutz- und Rückzugsort sein. Derzeit gibt es laut Antragsteller Alois Kainz (FPÖ) in Niederösterreich zwei ausgewählte Standorte, die zu solchen Sicherheitsinseln ausgebaut werden sollen. Der Truppenübungsplatz in Allentsteig verfüge bereits über notwendige Merkmale einer Sicherheitsinsel, um die Region Waldviertel im Katastrophenfall zu versorgen, heißt es in der FPÖ-Initiative. 

Das Anliegen der FPÖ sei zwar verständlich, aber die Frage müsse in einem größeren Zusammenhang betrachtet werden, meinte Johann Höfinger (ÖVP). Er brachte einen Antrag der Verteidigungssprecher aller Fraktionen ein, wonach die Verteidigungsministerin bis 31. Dezember 2021 dem Nationalrat ein Gesamtkonzept für autarke Kasernen vorlegen soll. Dieser fand einhellige Zustimmung. Den Zugang, statt über einzelne Kasernenstandorte über österreichweite Lösungen nachzudenken, unterstützten auch David Stögmüller (Grüne) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Stögmüller wies auf die Wichtigkeit der Eigenversorgung von Kasernen, vor allem auch mit regionalen Lebensmitteln, hin. Auch SPÖ-Abgeordnete Petra Wimmer sprach sich für eine stärkere regionale Versorgung von Kasernen aus.

Verteidigungsministerin Tanner verwies auf das bereits angelaufene Bauprogramm für Kasernen, das unter anderem zum Ziel habe, dass bis 2024 die ersten Kasernen Energieautarkie erreichen. Das Programm werde schrittweise für ganz Österreich umgesetzt. Das Bestreben der Autarkie umfasse auch die Lebensmittelversorgung, hier sei bereits einiges geschehen, um in der Verpflegung stärker auf regionale Produkte zu setzen, betonte Tanner.

NEOS fordern Expertise zur Verfassungsmäßigkeit für Kooperationen in der Luftraumüberwachung

Die Zukunft der österreichischen Luftraumüberwachung steht im Fokus eines Entschließungsantrags der NEOS, der in abgeänderter Form mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS angenommen wurde (1417/A(E)). Mit der nun beschlossenen Fassung des Antrags wird Verteidigungsministerin Klaudia Tanner aufgefordert, dem Nationalrat bis 31. Oktober 2021 eine Studie über die Verfassungsmäßigkeit eines Luftraumüberwachungskonzepts in Kooperation mit EU-Partnerstaaten vorzulegen. Diese soll eine Entscheidungsgrundlage für die Zukunft der Luftraumüberwachung vor dem Hintergrund der Ausmusterung der Saab 105 sein, erklären die NEOS.

Grundsätzlich gegen den Vorstoß wandten sich SPÖ und Freiheitliche. Eine "Auslagerung" der Luftraumüberwachung an andere Staaten sei mit der österreichischen Neutralität schlicht nicht vereinbar, waren sich Robert Laimer (SPÖ) und Axel Kassegger (FPÖ) einig. Laimer beklagte, dass Österreich unter der aktuellen Bundesregierung zunehmend den Weg der Mittlerrolle verlasse, das zeige sich in unterschiedlichen Zusammenhängen. Für FPÖ-Abgeordneten Kassegger besteht die einzige Lösung darin, dass Österreich eine selbstständige Luftraumüberwachung ausreichend finanziert. Er warf der ÖVP vor, die Strategie des Bundesheeres den vorhandenen Mitteln anzupassen, anstatt die Mittel an die notwendige Strategie.

ÖVP-Abgeordneter Michael Hammer widersprach der Kritik. Die Luftraumüberwachung werde selbstverständlich nicht anderen Staaten übertragen, sondern es gehe darum, zu bewerten, inwieweit Kooperationen mit den Nachbarstaaten im Rahmen der Verfassung möglich sind. David Stögmüller (Grüne) sagte, aus Sicht seiner Fraktion hänge die Einschätzung der weiteren Schritte in der Luftraumüberwachung von der rechtlichen Abklärung dieser Frage ab. (Schluss Landesverteidigungsausschuss) med/sox