Parlamentskorrespondenz Nr. 748 vom 17.06.2021

Breite Mehrheit für Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus

Verlängerung von COVID-19-Sonderregelungen im Fremdenrecht

Wien (PK) - Einstimmig haben die Abgeordneten in der heutigen Sitzung des Nationalrats neben einer Verlängerung von COVID-19-Sonderregelungen im Fremdenrecht auch einen Initiativantrag zur Übermittlung von personenbezogenen Daten an Interventionsstellen bei Stalking beschlossen. Eine breite Mehrheit fand eine Vier-Parteien-Initiative, ergänzend zur Nationalen Strategie gegen Antisemitismus einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus zu erarbeiten.

Nationaler Aktionsplan gegen Rechtsextremismus

Breiter Konsens herrschte im Plenum hinsichtlich der Notwendigkeit, ergänzend zur Nationalen Strategie gegen Antisemitismus einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus zu erarbeiten. Der Aktionsplan soll demnach in einem transparenten Prozess erarbeitet werden, außerdem treten die Abgeordneten dafür ein, neben allen betroffenen Bundesministerien auch WissenschaftlerInnen und ExpertInnen aus der Praxis einzubinden. Als miterledigt gilt ein Entschließungsantrag der SPÖ, der darauf abzielt, die Aktionspläne zu Antisemitismus und Rechtsextremismus zu verschränken.

Hannes Amesbauer (FPÖ) meinte dazu, die FPÖ werde nicht zustimmen, der Aktionsplan gehe zu wenig weit. Es müsste aus seiner Sicht etwa auch Linksextremismus oder Islamismus, also jegliche Form des Extremismus, enthalten sein. Der Grund, warum die FPÖ nicht zustimme, sei, dass es im Antrag alleinig um den Rechtsextremismus gehe, unterstrich auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ).

Jede Form des Extremismus stelle einen Angriff auf die liberale Demokratie dar, betonte dazu Ernst Gödl (ÖVP). Über den vorliegenden Antrag hinaus sei im Regierungsprogramm festgeschrieben, auch gegen religiös motivierten Extremismus vorzugehen, was auch passiere. Es sei ihm unverständlich, dass die FPÖ dem Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus nicht zustimme. Im Antrag sei außerdem enthalten, dass er sich gegen alle Formen des Extremismus richte, so Martin Engelberg (ÖVP).

Der Nationale Aktionsplan gegen Rechtsextremismus sei überfällig und der Beschluss heute wichtig, unterstrich Olga Voglauer (Grüne). Geschehnisse der letzten Monate hätten Handlungsbedarf gezeigt, etwa Hausdurchsuchungen, wo zu merken sei, dass sich die rechtsextreme Szene bewaffne und dass eine Gefahr von ihr ausgehe.

Sabine Schatz (SPÖ) erinnerte an antisemitische Vorfälle, Verschwörungsmythen und Verharmlosung von NS-Verbrechen. Ausdrücklich zu begrüßen sei daher die Strategie gegen Antisemitismus. Darüber hinaus gelte, wer Antisemitismus bekämpfen will, dürfe Rechtsextremismus nicht negieren.

Stephanie Krisper (NEOS) unterstrich, es brauche in Österreich eine solche Strategie, sie komme nur etwas spät und leider nur als Entschließungsantrag. Sie hoffe, bald konkrete Schritte besprechen zu können und etwa in Prävention, den Bildungsbereich und Ausstiegsprogramme zu setzen.

Stalking: Übermittlung von personenbezogenen Daten an Interventionsstellen

Ein einstimmig beschlossener Initiativantrag der Regierungsparteien soll vor dem Hintergrund der jüngsten Frauenmorde in Österreich klarstellen, dass Sicherheitsbehörden personenbezogene Daten zum Schutz gefährdeter Menschen auch dann an Interventionsstellen übermitteln dürfen, wenn kein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt wurde. Dies gelte besonders im Falle von Stalking. Zudem ist vorgesehen, dass Namen und Kontaktdaten von gefährdeten Personen in einer zentralen Gewaltschutzdatei gespeichert werden sollen. Dies sei für die Durchsetzung des Annäherungsverbots entscheidend. Außerdem wird präzisiert, dass die mindestens sechs Stunden dauernde Gewaltpräventionsberatung für weggewiesene GewalttäterInnen innerhalb von 14 Tagen starten soll.

Es brauche die Zusammenarbeit von allen, um letztlich ein Umdenken zu erreichen, betonte Karl Mahrer (ÖVP): "Gewalt in der Familie darf keinen Platz in der Gesellschaft haben." Umso mehr freue ihn, dass ein Dialogforum Gewaltschutz ins Leben gerufen wurde und mit dem Initiativantrag gemeinsam ein wichtiger Schritt für mehr Schutz für Opfer gesetzt werde. Stalking sei für jede siebente Frau Realität, warf Meri Disoski (Grüne) auf. Das Gewaltschutzgesetz von 2019 habe ihr zufolge Verschlechterungen beim Thema Stalking gebracht. Darum werde heute wiedereingeführt, dass die personenbezogenen Daten auch übermittelt werden dürfen, wenn kein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt worden ist.

Nurten Yılmaz (SPÖ) bemängelte allerdings, dass die Hochrisikofallkonferenzen abgeschafft worden seien und man jetzt von vorne beginne. Aber sie begrüße, dass es im Dialogforum ein Zusammenwirken gebe und mit dem Antrag eine Verbesserung im Opferschutz stattfinde.

Das Instrument des Betretungsverbots habe sich bewährt, so Christian Ries (FPÖ), auch wenn es immer wieder Nachbesserungsbedarf gebe, wie etwa der GREVIO-Bericht aufwerfe.

Bedrückend sei, dass es elf Frauenmorde gebraucht habe, damit sich etwas bewegt, kritisierte Henrike Brandstötter (NEOS). Die Übermittlung der Daten hätten die Interventionsstellen gefordert. Aber auch am Thema sicherheitspolitische Fallkonferenzen und an einer Basisförderung für Gewaltschutzzentren sollte gearbeitet werden, so Brandstötter.

Verlängerung von COVID-19-Sonderregelungen im Fremdenrecht

Ebenfalls einhellige Zustimmung erhielt ein Antrag, in dem vorgesehen ist, im April 2020 aufgrund der Pandemie geschaffene Sonderregelungen im Bereich der Vollziehung des Fremdenrechts zu verlängern. Diese haben zum Ziel, die Zahl zwischenmenschlicher Kontakte in den Verfahren zu reduzieren. Aufgrund des noch nicht absehbaren Endes der Pandemie werden diese bis 31. Dezember 2021 verlängert.

Zwei in diesem Zusammenhang von der FPÖ eingebrachte Entschließungsanträge blieben in der Minderheit, führten aber - über die COVID-19-Sonderregelungen im Fremdenrecht hinaus - zu einer kontroversen Debatte über die Themen Asylpolitik und Integration. Zum einen fordern die Freiheitlichen, den dänischen Vorstoß in der Migrationspolitik zum Vorbild zu nehmen und Asylzentren in Drittländern zu errichten, in denen AsylwerberInnen auf die Bearbeitung ihres Antrags warten und darüber hinaus bei Asylgewährung im betreffenden Land verbleiben oder in einer Einrichtung der UN untergebracht werden sollen. Zum anderen wird die Bundesregierung aufgefordert, vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen klarzustellen, dass es zu keiner Änderung des geltenden Abstammungsprinzips ("ius sanguinis") und damit zu keiner Aufweichung des Staatsbürgerschaftsrechts komme. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.