Parlamentskorrespondenz Nr. 786 vom 24.06.2021

Neue Corona-Kurzarbeitsregeln können mit 1. Juli in Kraft treten

Gesetzesbeschluss passiert Bundesrat ohne Einspruch, Tirol übernimmt Vorsitz in der Länderkammer

Wien (PK) – Die neuen Corona-Kurzarbeitsregeln können wie geplant mit 1. Juli in Kraft treten. Der Bundesrat hat heute mit breiter Mehrheit beschlossen, keinen Einspruch gegen den entsprechenden Gesetzesbeschluss des Nationalrats zu erheben. Auch weitere Gesetzesvorhaben aus dem Zuständigkeitsbereich von Arbeitsminister Martin Kocher haben die Länderkammer passiert. Das betrifft etwa die adaptierten Freistellungsregelungen für schwangere Beschäftigte in Berufen mit Körperkontakt, die fortgesetzte Förderung betrieblicher Corona-Testungen sowie die nochmalige Verschiebung der Angleichung der Kündigungsfristen für ArbeiterInnen und Angestellte. SPÖ und FPÖ übten zwar massive Kritik an diesem Vorhaben, die FPÖ verzichtete letztlich aber auf eine Blockade, um die damit verknüpfte Erhöhung der Notstandshilfe für weitere drei Monate bis Ende September nicht zu gefährden.

Zum Abschluss der Sitzung wählten die BundesrätInnen die beiden VizepräsidentInnen der Länderkammer für das zweite Halbjahr 2021. Demnach werden der Kärntner Günther Novak (SPÖ) und die Vorarlbergerin Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP) dem ab 1. Juli amtierenden neuen Bundesratspräsidenten Peter Raggl zur Seite stehen. Raggl löst Christian Buchmann in dieser Funktion ab, nachdem der Vorsitz in der Länderkammer von der Steiermark zu Tirol übergeht.

Gemäß dem unbeeinsprucht gebliebenen Gesetzesbeschluss und begleitenden Änderungen im Berufsausbildungsgesetz werden für von der Corona-Krise betroffene Betriebe noch bis Mitte 2022 spezielle Kurzarbeitsregeln gelten, wobei ab Juli dieses Jahres Abschläge gegenüber den derzeitigen Leistungen in Kauf genommen werden müssen. Nur für Unternehmen mit besonders hohen Umsatzeinbußen sollen die aktuellen Regeln bis Jahresende weiter anwendbar sein. Zudem sind neue Vorgaben in Bezug auf den Urlaubsverbrauch zu beachten.

Grundsätzlich verlängert wird auch die Freistellungsregelung für schwangere Beschäftigte in Berufen mit Körperkontakt. Sie soll bis Ende September gelten. Werdende Mütter, die bereits vollen Impfschutz haben, müssen allerdings bereits ab Juli wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Coronabedingte Sonderregelungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz für selbständig Beschäftigte und Personen mit Altersteilzeit bleiben noch bis Jahresende aufrecht. In Zusammenhang mit der nunmehr erst ab Oktober wirksam werdenden Angleichung der Kündigungsfristen von ArbeiterInnen und Angestellten können die Kollektivvertragspartner auch dauerhafte Ausnahmen für LeiharbeiterInnen – ähnlich wie für Saisonbranchen – vereinbaren.

Breite Zustimmung zu Corona-Kurzarbeitsmodell

Die Kurzarbeit sei die Erfolgsgeschichte in der österreichischen Krisenbewältigung, hielt Heike Eder (ÖVP/V) in der Debatte fest. Österreich ist ihrer Meinung nach nicht zuletzt deshalb besser durch die Corona-Krise gekommen als andere Länder, weil aufgrund des Corona-Kurzarbeitsmodells viele Menschen in Beschäftigung gehalten werden konnten.

Das sieht auch Horst Schachner (SPÖ/St) so. Österreich stehe mit dem Kurzarbeitsmodell nicht schlecht da, die Sozialpartner hätten "das gut ausgehandelt". Besonders wichtig ist ihm, dass Beschäftigte in Kurzarbeit weiter 80% bis 90% ihres Einkommens erhalten. Noch offene Fragen bei der Urlaubsaliquotierung sieht die steirische FPÖ-Bundesrätin Andrea Michaela Schartel.

Kritik übte Schachner am seiner Meinung nach viel zu niedrigen Arbeitslosengeld. Das seien keine Menschen, die in der Hängematte liegen, betonte er. Schachner warf der Regierung außerdem vor, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und die Schaffung neuer Arbeitsplätze "nur halbherzig anzugehen". Demgegenüber verwiesen ÖVP-Bundesrätin Eder und Andreas Lackner (Grüne/St) auf die "Aktion Sprungbrett".

SPÖ und FPÖ halten Schutz von schwangeren Beschäftigten für unzureichend

Was die vorliegende Novelle zum Mutterschutzgesetz betrifft, sieht FPÖ-Bundesrätin Schartel nicht ein, dass werdende Mütter, die einen vollen Impfschutz haben, im Juli an ihren Arbeitsplatz zurückkehren müssen. Schließlich sei das Ansteckungsrisiko auch bei einer Impfung nicht gänzlich gebannt. Ebenso wenig kann sie dem vorgesehenen generellen Auslaufen der Freistellungsregelung mit Ende September etwas abgewinnen.

Auch die burgenländische SPÖ-Bundesrätin Sandra Gerdenitsch setzte sich kritisch mit der Novelle auseinander. Es dürfe kein Druck auf Schwangere ausgeübt werden, sich impfen zu lassen, mahnte sie. Zudem sieht Gerdenitsch nicht ein, dass die Freistellungsregelung nur für schwangere Beschäftigte in Berufen mit Körperkontakt gilt, schließlich gebe es auch in anderen Bereichen wie im Handel und der Gastronomie ein hohes Ansteckungsrisiko. Ein von ihr dazu eingebrachter Entschließungsantrag fand bei der Abstimmung allerdings ebenso wenig eine Mehrheit wie ein Entschließungsantrag der FPÖ, der darauf abzielte, die Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche zurückzunehmen.

Auf die Bedeutung betrieblicher Corona-Testungen wiesen sowohl Sonja Zwazl (ÖVP/N) als auch Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) hin. Das Modell der betrieblichen Testungen sei ein gelungenes, meinte Gruber-Pruner und plädierte in diesem Zusammenhang dafür, auch über den 30. September hinaus wohnort- und betriebsnah kostenlose Testungen anzubieten.

Kocher: Lage am Arbeitsmarkt hat sich besser als erwartet entwickelt

Arbeitsminister Martin Kocher hielt fest, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt in den letzten Wochen um einiges besser als erwartet entwickelt habe. Als einen Grund dafür sieht er die positive Konjunkturentwicklung. Dadurch seien auch die offenen Stellen gewachsen. Die Pandemiefolgen seien am Arbeitsmarkt aber noch nicht ganz verdaut, unterstrich er.

Die Kurzarbeit hat nach Einschätzung Kochers eine Million Arbeitsplätze gerettet. Die nunmehr vorgesehene Zweiteilung des Corona-Kurzarbeitsmodells mache Sinn, sagte er, wobei sich das Übergangsmodell ihm zufolge mit einer Mindestarbeitszeit von 50% und einem 15-prozentigen Abschlag bei der Förderhöhe dem normalen Kurzarbeitsmodell annähere.

Bericht über aktuelle EU-Vorhaben im Gesundheitsbereich

Mit knapper Mehrheit vom Bundesrat zur Kenntnis genommen wurde ein Bericht über aktuelle EU-Vorhaben im Zuständigkeitsbereich von Sozial- und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (III-227 d.B. und III-733-BR/2021 d.B.). Bei den Ausschussberatungen hatte es dazu noch Stimmengleichheit gegeben.

Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass die EU-Kommission aus dem holprigen Start bei der Zusammenarbeit der EU-Länder im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie Konsequenzen ziehen will. So ist geplant, der EU im Falle schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren künftig eine stärkere koordinierende Rolle einzuräumen. Zudem spricht sich die EU-Kommission dafür aus, einen EU-weiten Vorsorgeplan für Gesundheitsrisiken und Pandemien auszuarbeiten. Das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und die Europäische Arzneimittelagentur EMA sollen mehr Gewicht erhalten. Auch über geplante Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Säule der EU und zur Bekämpfung von Kinderarmut, einen Richtlinienwurf zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Plattformbeschäftigte und weitere Vorhaben wie Schritte zur Stärkung von Verbraucherrechten informiert der Bericht. (Schluss Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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