Parlamentskorrespondenz Nr. 46 vom 18.01.2022

Rechnungshof will Hagelversicherung prüfen

Rechnungshofausschuss diskutiert Risikomanagement in der Landwirtschaft und Finanzierung des Bundesforschungszentrums Wald

Wien (PK) – Das öffentliche Risikomanagement in der heimischen Landwirtschaft sei besser zu kontrollieren, findet Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker. Wie der Rechnungshof (RH) erhob, bestimmt die Österreichische Hagelversicherung als auszahlende Stelle maßgeblich die versicherbaren landwirtschaftlichen Kulturen, die versicherbaren Risiken sowie die Prämienhöhe. Bei einer Novelle des Hagelversicherungs–Förderungsgesetzes solle die Transparenz der Prämienkalkulation mittels Rechnungshofkontrollen sichergestellt werden, lautet eine Empfehlung des Hofs, die der Rechnungshofausschuss des Nationalrats heute mit Präsidentin Kraker und mit Bundesministerin Elisabeth Köstinger debattierte. Köstinger erwiderte die Kritik zwar mit dem Hinweis, die Hagelversicherung unterliege schon jetzt der Prüfung externer Stellen wie der Finanzmarktaufsicht (FMA). Sie zeigte sich aber dennoch offen für eine Gesetzesänderung, die dem Rechnungshof in diesem Bereich Prüfberechtigung gibt.

Neben dem 2020 veröffentlichten Bericht "Öffentliches Risikomanagement für die Landwirtschaft" stand im Ausschuss ein weiterer Bericht aus dem vorvergangenen Jahr zur Debatte, jener zur Finanzplanung im "Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft". Beide Berichte nahmen die Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis.

Risikofeld Landwirtschaft

Der Klimawandel trifft die Landwirtschaft hart. Neben Unwettern und Dürren gehören auch oft damit verbundene Preisschwankungen auf den Märkten sowie Tierkrankheiten zu ständig möglichen Risiken, für die es vorzusorgen gilt, wie im Ausschuss Hermann Gahr (ÖVP) umriss. Eine effiziente öffentliche Agrarversicherung sei wichtiger denn je, folgerte er, schon um die regionale Lebensmittelversorgung zu gewährleisten. Bundesministerin Köstinger unterstrich, das heimische Modell der Agrarversicherung im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft sei international anerkannt. Unbürokratisch würden bäuerliche Betriebe dadurch finanziell abgesichert, wobei die Bezuschussung der Versicherungen, für die Bund und Länder zu je 50% aufkommen, 2019 mit Tierversicherungen deutlich erweitert worden sei. 2021 standen Köstinger zufolge der Hagelversicherung 51 Mio. € an Bundesmittel zur Verfügung, für den tierischen Bereich nannte die Ministerin 5,8 Mio. €.

Eigenverantwortliche Risikovorsorge

Das Dürrejahr 2018 habe zwar ein höheres Ausmaß an Entschädigungszahlungen gebracht, so Köstinger, die strategische Ausrichtung der Agrarversicherungen, die ihr Haus derzeit ausarbeite, stelle allerdings die eigenverantwortliche Risikovorsorge in den Mittelpunkt. Entsprechend der Handlungsempfehlungen der OSZE setze das Landwirtschaftsministerium auf Forschungsinitiativen und Beratungen, wie die Landwirtschaft sich bestmöglich an Klimaveränderungen anpassen könne. Sie reagierte damit auf Anmerkungen der Abgeordneten Karin Doppelbauer (NEOS) und Karin Greiner (SPÖ) zur OSZE-Empfehlung, das agrarische Fördersystem an vom Klimawandel verursachte Veränderungen anzupassen. Greiner vermisst in diesem Zusammenhang ausreichend Datenmaterial, wie die Hagelversicherung die Prämiengestaltung anlegt, und Clemens Stammler (GRÜNE) betonte, der Rechnungshof müsse Kontrollrechte über die Hagelversicherung erhalten. Immerhin würden 55% der Prämien an die Hagelversicherung von der öffentlichen Hand gestützt.

Natürlich seien datenfundierte Analysen zur Weiterentwicklung des Versicherungssystems wichtig, räumte Köstinger ein, dessen öffentliche Bezuschussung sie aber nicht in Frage stellen wollte. Der Rechnungshof analysierte im Zeitraum 2014 bis 2018 die von Bund und Ländern ergriffenen Maßnahmen des Risikomanagements, speziell die Förderungen von Versicherungsprämien sowie die Entschädigungen nach Schadensereignissen, etwa witterungsbedingten Ernteausfällen. Im geprüften Zeitraum stiegen laut RH-Bericht die Zahlungen des Bundes und der Länder für die Zuschüsse von Versicherungsprämien um 57%, und zwar von 39,64 Mio. € auf 62,07 Mio. €. Erklärt wird dieser Anstieg mit einer 2016 beschlossenen Ausweitung der Zuschüsse von versicherbaren Risiken, wie beispielsweise Dürreschäden, und der damit verbundene Abschluss zusätzlicher Versicherungen.

Versicherung im Interessenskonflikt

Die Österreichische Hagelversicherung, der seit 1955 die rechtskonforme Abwicklung der Prämienförderung gesetzlich zugeteilt ist und die über Prämienhöhe sowie Versicherungskonditionen bestimmt, befindet sich in den Augen des Rechnungshofs in einem Interessenskonflikt: Als Anbieterin der verbilligten Versicherungen habe sie auch ein Interesse am Abschluss der Versicherungsverträge. Der Rechnungshof wiederum habe keine gesetzliche Handhabe, die Hagelversicherung zu kontrollieren, rügte Rechnungshofpräsidentin Kraker. Ebenso wenig verfügt der Hof über ein Kontrollrecht bei den zwei weiteren Versicherungsunternehmen, die seit 2019 als abwickelnde Stellen im Bereich der Tierversicherungen tätig sind. Angesichts des steigenden Finanzierungsbedarfs appellierte Kraker, durch Kontrollen ein ganzheitliches Risikomanagement in der Landwirtschaft sicherzustellen, das Mitnahmeeffekte unterbindet. Grundsätzlich solle das Landwirtschaftsministerium die finanzielle Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe nach Maßgabe vorab festgelegter Kriterien gestalten, rät der Rechnungshof. Zu unterlassen wären Beitragsfreistellungen ohne Bezugnahme auf derartige Kriterien. Laut Ministerin Köstinger kontrollieren externe Stellen wie die FMA derzeit, wie von Versicherungsseite die Prämienhöhe anhand diverser Parameter – beispielsweise Schadenswahrscheinlichkeit – festgelegt wird.

EU-Versicherungsförderungen bleiben ungenutzt

Kritisiert wird vom Rechnungshof überdies, dass vom Landwirtschaftsministerium die Möglichkeit, für die Förderung von Versicherungsprämien im Agrarbereit EU-Mittel in Anspruch zu nehmen, bis 2020 ungenützt blieb. Im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen der EU von 2021 bis 2027 seien entsprechende Mittel zur Förderung der landwirtschaftlichen Risikovorsorge in Anspruch zu nehmen, empfahl RH-Präsidentin Kraker, um dadurch die Budgets von Bund und Ländern zu entlasten. Diese Sicht teilt auch die FPÖ, wie Alois Kainz (FPÖ) hervorhob. Landwirtschaftsministerin Köstinger wies jedoch darauf hin, dass Österreich auf andere EU-Gelder aus dem Fonds zur ländlichen Entwicklung verzichten müsste, sollte man Mittel zur Versicherungsstützung beanspruchen. Besser sei daher, die Prämienförderung wie bisher aus dem allgemeinen Budget zu bedecken.

Große Finanzierungsprobleme bei Bundesforschungszentrum

Der Waldcampus Österreich in Traunkirchen mit seinem Schutzwaldzentrum zeigt für Laurenz Pöttinger (ÖVP) die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs zur Finanzierungssicherung des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW). Von Peter Schmiedlechner (FPÖ), Karin Doppelbauer (NEOS), Clemens Stammler und David Stögmüller (beide GRÜNE) sowie Michael Seemayer (SPÖ) wurde diese Feststellung zwar hinterfragt, Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker kündigte aber an, in einer Follow-up-Prüfung die aktuelle Finanzlage des Zentrums durchleuchten zu wollen. BFW-Leiter Peter Mayer erklärte im Ausschuss, mittlerweile sei das Zentrum ein "Leuchtturmprojekt", in dem in Zeiten des Klimawandels an Zukunftslösungen gearbeitet werde. Probleme wie mangelhafte Leistungsaufzeichnungen des Personals, die sich im Zuge der Ausgliederung des Instituts aus der öffentlichen Hand ergäben hätten, seien nun behoben.

Die Schwierigkeiten in der Finanzplanung des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft zeigten sich der Rechnungshofanalyse zufolge deutlich in einem beträchtlichen Rückgang der Jahresüberschüsse des Zentrums. Von 2014 bis 2017 schrumpfte der Finanzierungspolster um 98% von 225.000 € auf 4.000 €. Zugleich stiegen die Personalkosten von 16,66 Mio. € auf 17,77 Mio. € (+7%). Da rund ein Viertel der Nutzfläche des Forschungszentrum-Standorts in Traunkirchen bei der Überprüfung leer stand, forderte der Rechnungshof hier ein Flächennutzungskonzept ein, um die Leerstandskosten von monatlich rund 20.300 € zu reduzieren.

Infolge seiner Erhebungen drängt der Rechnungshof generell darauf, die gesetzlichen Aufgaben des Bundesforschungszentrums – etwa die Unterbringung und Verpflegung – zu überprüfen und Einsparungspotentiale zu finden. Präsidentin Kraker wies heute erneut auf Einsparungsmöglichkeiten beim Personal hin. Überdies seien ausgegliederte Rechtsträger nicht zur Umgehung des Personalplans des Bundes zu nutzen, so der Hof. In seiner Empfehlung zur Weiterentwicklung des ministeriellen Beteiligungsmanagements regt er an, Grundsätze der Eigentümerstrategie zu formulieren, die einen Rahmen für die fachspezifischen Vorgaben und die Unternehmensstrategien der Ausgliederungen bilden.

Im Rechnungshofausschuss skizzierte BFW-Leiter Mayer die Umsetzung des aktuellen Unternehmenskonzepts im Bundesforschungszentrum für Wald. Neben Forschung und Ausbildung stehe das Monitoring des österreichischen Waldes im Mittelpunkt der Tätigkeiten, etwa in Hinblick auf Rohstoffe und Biodiversität. Zur Nutzung der Raumreserven am Standort Traunkirchen sagte Mayer, für die Region sei der Waldcampus auch als Veranstaltungszentrum zu einem Fixpunkt geworden. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) rei