Parlamentskorrespondenz Nr. 81 vom 27.01.2022
Bericht der Expertengruppe "Bleiburg" liegt vor
Wien (PK) – Vor dem Hintergrund der jährlich bei Bleiburg stattfindenden Gedenkveranstaltung für die nach dem Zweiten Weltkrieg massenhaft ermordeten, großteils kroatischen Kriegsgefangenen wurde vom Innenministerium nach einer Entschließung des Nationalrats eine multidisziplinäre Expertengruppe eingerichtet. Da sich die Veranstaltung zunehmend zu einem Anziehungspunkt für Rechtsextreme entwickelt habe, verfasste diese einen Bericht, in den sowohl historische Betrachtungen zur Rolle Kroatiens im Zweiten Weltkrieg und den im Anschluss begangenen Verbrechen, als auch juristische Analysen zur Prüfung des rechtlichen Rahmens einer möglichen Untersagung eingeflossen sind (III-491 d.B.).
Die ExpertInnen kommen darin zu dem Schluss, dass die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes vollinhaltlich anzuwenden seien und die Veranstaltung damit untersagt werden könne. Obwohl sie ursprünglich von einem Allerseelengedenken ausging und auch bis in die jüngste Vergangenheit kirchliche Elemente beinhaltete, falle sie nicht unter den Ausnahmetatbestand. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die nicht zur Durchführung eines gesetzlich gestatteten Kultus zählenden Elemente der Veranstaltung eine völlig untergeordnete Rolle gespielt hätten. Davon könne laut Bericht aber nicht ausgegangen werden.
Wie im Bericht dargelegt, sei nicht nur aufgrund wiederholter Fälle von nationalsozialistischer Wiederbetätigung im Rahmen der Veranstaltung eine Untersagung in Betracht zu ziehen. Da auch eines faschistischen Regimes gedacht werde, würde Österreich zudem gegen seine staatsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen, wenn es sich nicht gegen alle Formen des Faschismus – nicht nur gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung – einsetzen würde. Daher kommt die Expertengruppe zu der Einschätzung, "dass eine Versammlung in der Art, wie sie insbesondere in den Jahren 2019 und davor stattfand, in Hinkunft zu untersagen ist." Bezüglich der Symbole-Bezeichnungs-Verordnung wird auf ein durchgeführtes Begutachtungsverfahren und die Neufassung der Verordnung verwiesen, wonach das mit Weiß beginnende Wappenschild den verbotenen Abzeichen zuzurechnen sei, da es von der 13. SS-Division "Handschar" verwendet wurde und somit einen Bezug zum Nationalsozialismus aufweise.
Die Expertengruppe betont in ihrer Schlussbemerkung ausdrücklich, dass sie sich nicht gegen ein Totengedenken oder eine katholische Messe ausspreche und verweist auf im Bericht angeführte Beispiele für "neutrale Totengedenken", die mit den demokratischen Grundwerten vereinbar seien. Zudem hält sie fest, dass ihre Überlegungen hinsichtlich Österreichs Verpflichtungen aus dem Staatvertrag gezeigt hätten, dass eine gesetzliche Klarstellung, wonach sich Österreich nicht nur gegen den Nationalsozialismus, sondern gegen jede Art von Faschismus ausspreche, angezeigt wäre.
Nationalrat sah Handlungsbedarf
Aufgrund zweier Entschließungen des Nationalrats vom 9. Juli 2020 richtete die Sektion III im Bundesministerium für Inneres die Expertengruppe "Bleiburg" ein. Hintergrund ist eine jährlich bei Bleiburg stattfindende Gedenkveranstaltung für die überwiegend kroatischen Kriegsgefangenen, die am Ende des Zweiten Weltkrieges von kommunistischen Partisanen zu Tausenden ermordet wurden – das sogenannte "Massaker von Bleiburg". Den Entschließungenzufolge entwickelte sich die Gedenkveranstaltung in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem Anziehungsprunkt für rechtsextreme Gruppierungen aus Kroatien und anderen Teilen Europas. Viele TeilnehmerInnen würden ihre Gesinnung etwa durch das Tragen von Symbolen, wie Uniformen und Fahnen des von der faschistischen Ustascha-Bewegung geführten Unabhängigen Staates Kroatien (NDH), der sich auf Seiten der deutschen Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg beteiligte, ausdrücken. Es handle sich nicht mehr um ein wertfreies Gedenken.
Daher wird in den Entschließungen einerseits gefordert, die Symbole-Bezeichnungs-Verordnung hinsichtlich der Symbole der Ustascha-Bewegung zu evaluieren und zu prüfen, ob die im Anhang der Verordnung aufgeführten Symbole der Ustascha ausreichend Handhabe gegen deren Verwendung bieten. Im Zusammenhang mit den Veranstaltungen in Bleiburg der letzten Jahre habe sich gezeigt, dass die aktuellen Bestimmungen aufgrund zahlreicher Umgehungsmöglichkeiten ineffektiv seien. Andererseits sollten unter Berücksichtigung der Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Menschenrechtskonvention und sonstiger verfassungsrechtlicher Vorgaben alle Möglichkeiten geprüft werden, durch rechtliche Maßnahmen auf innerstaatlicher, bilateraler sowie europäischer Ebene die "ultranationalistisch-faschistische Gedenkfeier" zu unterbinden. (Schluss) wit