Parlamentskorrespondenz Nr. 128 vom 14.02.2022
EU-Jahresvorschau 2022: Verteidigungspolitik mit Fokus auf strategischer Autonomie Europas
Wien (PK) – Fortlaufende geopolitische Veränderungen und globale Krisen hätten die Notwendigkeit offenbart, den Einfluss Europas in der Welt zu stärken und die Partnerschaften mit seinen Verbündeten zu vertiefen. So begründet die Europäische Kommission in ihrem Legislativ- und Arbeitsprogramm für 2022 (III-537 d.B. und III-767-BR/2022 d.B.) mit dem Titel "Europa gemeinsam stärker machen" ihre Zielsetzung, die Schaffung einer "echten europäischen Verteidigungsunion" zu beschleunigen. Im Rahmen eines Verteidigungspakets werde die Kommission einen "Fahrplan für Sicherheits- und Verteidigungstechnologien" ausarbeiten. Dieser soll sowohl die Förderung von Forschung und technologischer Entwicklung als auch die Verringerung von strategischen Abhängigkeiten der EU bei kritischen Technologien und Wertschöpfungsketten im Sicherheits- und Verteidigungssektor umfassen.
Europäischer Verteidigungsfonds soll technologische Souveränität fördern
Das nicht legislative Vorhaben berühre indirekt den Europäischen Verteidigungsfonds (EDF), wie das Verteidigungsministerium (BMLV) in seiner Jahresvorschau 2022 auf Grundlage des Arbeitsprogrammes der Europäischen Kommission feststellt. Die Zielsetzung des EDF sei es, mittels grenzüberschreitender Kooperation unter dem Leitmotiv des konstruktiven Wettbewerbs, die europäische verteidigungsindustrielle Basis zu stärken und somit zur technologischen Souveränität beizutragen.
Federführend für die Umsetzung des EDF zuständig ist die 2020 eingerichtete Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Weltraum (DG DEFIS), mit der der zunehmenden Bedeutung der Verteidigungsforschung- und entwicklung Rechnung getragen werde. Dass erstmals in der Geschichte der EU beträchtliche Steuermittel über kompetetive Ausschreibungen für den Verteidigungsbereich zur Verfügung stehen, sieht das BMLV als maßgeblichen Beitrag zur strategischen Autonomie Europas.
An den Ausschreibungen können sich Konsortien aus zumindest drei Entitäten aus mindesten drei Ländern bewerben, womit die grenzüberschreitende Kooperation gefördert und starre Muster in der Beschaffungspolitik der EU-Staaten aufgebrochen werden sollen. Auch für sogenannte disruptive und emergente Forschungsthemen, die für einzelne Mitgliedsstaaten alleine nicht tragbar wären, biete der EDF Möglichkeiten.
Verteidigungsministerium für bessere Kohärenz bei europäischen Initiativen
Das BMLV spricht sich dafür aus, dass Österreich als exportorientiertes Land den EDF nutzen solle, um auch heimischen Unternehmen die Teilnahme daran zu ermöglichen. Gemeinsam mit europäischen Partnerländern und der Kommission erarbeite Österreich jährlich Arbeitsprogramme entlang konkreter Fähigkeitsinteressen. Das Bundesheer habe seinen Fokus auf die Digitalisierung der Streitkräfte gelegt, um langfristig die Fähigkeit zur Integration digitalisierter Systeme zu schaffen und den Aufbau von Cyber- und Informationskräften zu unterstützen. Zudem werden auch die etablierten österreichischen Fähigkeitsbereiche, wie die ABC-Abwehr, weiter gestärkt.
Insbesondere im Verteidigungsbereich müsse die Innovationsfähigkeit Europas gestärkt sowie neuen Ideen und innovativen Lösungen besser der Boden bereitet werden, wie das BMLV anregt. Das Vorhaben der Europäischen Kommission werde dementsprechend begrüßt. In Hinblick auf die Zuständigkeitsaufteilung zwischen Europäischer Kommission und den Mitgliedsstaaten am Verteidigungssektor bestehe jedoch Diskussionsbedarf.
Auch fehle der Vielzahl an verschiedenen europäischen Initiativen noch eine koordinierende Zusammenschau zur besseren Abstimmung der unterschiedlichen Zielvorstellungen. Dementsprechend unterstützt das BMLV die Bemühungen, eine bessere Kohärenz zwischen den aktuellen Verteidigungsinitiativen zu schaffen, was auch eine Zielsetzung des Trioprogrammes des Rates sei. Neben dem EDF führt das BMLV die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO) und die koordinierte jährliche Überprüfung der Verteidigung (CARD) an, die ebenfalls mit der Intention umgesetzt werden sollen, "kritische Kapazitätsengpässe und strategische Abhängigkeiten zu reduzieren, insbesondere im Hinblick auf emergente und disruptive Technologien und kritische Wertschöpfungsketten." Diese Kohärenzbemühungen seien für den zielgerichteten Einsatz von Ressourcen im Sinne eines "single set of forces" von zentraler Bedeutung, wie das BMLV in seiner Jahresvorschau 2022 ausführt. (Schluss) wit