Parlamentskorrespondenz Nr. 147 vom 18.02.2022

Parlament: TOP im Nationalrat am 24. Februar 2022

Wien (PK) – Am Donnerstag werden in der Nationalratssitzung plenumsreife Vorlagen aus dem Gesundheits- und Sozialausschuss debattiert. Dabei geht es unter anderem um Impfprämien für Gemeinden und kommunale Impfkampagnen, die Finanzierung der Palliativ- und Hospizversorgung und einen weiteren Teuerungsausgleich für bestimmte Personengruppen. Starten soll der zweite Plenartag mit einer Fragestunde mit Justizministerin Alma Zadić. Anschließend ist eine Regierungserklärung zum Ukraine-Konflikt anberaumt.

Fragestunde

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Fragestunde mit Justizministerin Alma Zadić.

Regierungserklärung zum Ukraine-Konflikt

Anlässlich der aktuellen Krise zwischen Russland und der Ukraine geben Bundeskanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler eine Regierungserklärung ab.

Zweckzuschüsse für Schutzausrüstung, Hotlines, Tests und Impfungen

Mittels Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen haben die Abgeordneten im Gesundheitsausschuss die Zweckzuschüsse vom Bund an die Länder im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verlängert. Neben ÖVP und Grünen stimmte auch die SPÖ für diese Verlängerung. Die Kostenersätze für Schutzausrüstung, die telefonische Gesundheitsberatung, administrativen Aufwand im Zusammenhang mit Testungen, Impfstellen sowie Rettungs- und Krankentransportdienste werden damit bis Ende Dezember 2022 verlängert. Der ursprüngliche Antrag hatte eine geschlechtergerechte Formulierung zum Ziel.

Verordnungsermächtigung zur Durchführung von Screeningprogrammen

Im Zuge der Beratungen über eine Initiative der Regierungsfraktionen zum Epidemiegesetz brachten ÖVP und Grüne im Gesundheitsausschuss einen weiteren Abänderungsantrag ein. Demnach soll der Gesundheitsminister in Zukunft per Verordnung festlegen können, zu welchen Zwecken, mit welchen Testmethoden und in welcher Häufigkeit Screeningprogramme auf Kosten des Bundes durchgeführt werden. Er hat dafür das Einvernehmen mit dem Finanzminister herzustellen.

Eine weitere Änderung betrifft die Anträge auf Ersatz des Verdienstentgangs aufgrund einer behördlichen Maßnahme zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus, etwa einer Schließung des Betriebs. Die Ansprüche konnten bisher bis zu drei Monate nach Ende der behördlichen Maßnahme geltend gemacht werden, eine Antragsänderung war nach Ablauf dieser Frist nicht mehr möglich. Weil in vielen Fällen Verbesserungsaufträge wegen fehlender Daten erst nach Ende der entsprechenden Frist ergangen sind, soll die Bestimmung nun geändert werden. Fristgerecht eingebrachte Ansprüche sollen künftig während eines anhängigen Verfahrens auch nach Ablauf der Frist der Höhe nach ausgedehnt werden können.

Verschenken von Medizinprodukten an das Ausland

Abgelehnt wurde im Ausschuss hingegen ein Antrag der FPÖ, in dem sich die AntragstellerInnen dagegen aussprechen, dass eingelagerte Medizinprodukte und Arzneimittel an das Ausland verschenkt bzw. unentgeltlich abgegeben werden können. Bei den verschenkten Impfstoffen gehe es mittlerweile um dreistellige Millionenbeträge, so die Kritik. Dies sei aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit abzulehnen.

Änderungen im COVID-19-Impfpflichtgesetz

Mit einem umfassenden Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne im Gesundheitsausschuss zahlreiche Änderungen des COVID-19-Impfpflichtgesetzes auf den Weg gebracht. Ursprünglich wollten die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag nur sprachliche Anpassungen vornehmen. Nun wird etwa ein digitales Ausnahmenmanagement geschaffen. Damit die Bestätigungen über Ausnahmen von der Impfpflicht ausgestellt und ins zentrale Impfregister eingetragen werden können, werden die Landeshauptleute ermächtigt, ein entsprechendes elektronisches System zur Verfügung zu stellen. Betroffene Personen sollen dort die zur Befreiung notwendigen Dokumente hochladen können. Für eine eindeutige Identifizierung soll auch die Sozialversicherungsnummer verarbeitet werden dürfen. Die betroffenen Personen müssen zudem eine Ausweiskopie hochladen. Die Landeshauptleute sind die datenschutzrechtlich Verantwortlichen und haben auf die Vertraulichkeit der Daten zu achten. Neben dem digitalen Weg muss es laut Gesetzesänderung auch die Möglichkeit geben, die benötigten Daten postalisch zu übermitteln.

Bei den Ausnahmegründen wird klargestellt, dass eine durch einen Corona-Test nachgewiesene Infektion auch dann als Ausnahmegrund gilt, wenn darüber kein ärztliches Zeugnis ausgestellt wurde. Mit der Novelle wird außerdem geregelt, dass für Personen über 18 Jahren, die nach Österreich ziehen, die Impfpflicht erst ein Monat nach Begründung des Wohnsitzes gilt. Sie sollen so genug Zeit bekommen, um der Impfpflicht nachzukommen. Auch bei der tätigen Reue wird es eine Änderung geben. Bisher werden jene Menschen nicht gestraft, die binnen zwei Wochen nach Zustellung der Impfstrafverfügung bzw. einer Aufforderung die Impfung nachholen. In Zukunft soll die Nachholung der Impfung auch als tätige Reue gelten, wenn sie vor Zustellung bzw. Aufforderung erfolgt.

Impfprämien für Gemeinden und kommunale Impfkampagnen

Die Erhöhung der Impfquote war Gegenstand eines ursprünglichen Antrags von ÖVP und Grünen, der neben Zweckzuschüssen für Gemeinden auch eine Impflotterie enthielt. Diese ist nun offenbar vom Tisch. Mit einem gesamtändernden Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne im Ausschuss die Zuschüsse für Gemeinden für kommunale Impfkampagnen und Impfprämien auf den Weg gebracht. Da dieser aber eine Verfassungsbestimmung enthält, ist noch offen, ob er im Plenum auch die notwendige Zweidrittelmehrheit erhält.

Demnach sollen die Gemeinden insgesamt 75 Mio. € für Print- und Onlinekampagnen sowie für persönliche Informationsmaßnahmen erhalten. Der Bund will die Mittel bis 1. April 2022 überweisen und zwar anteilig der Bevölkerungszahl der Gemeinden. Zusätzlich will der Bund den Kommunen einen Zweckzuschuss für Investitionen in der Gemeinde gewähren, wenn sie eine gewisse Impfquote erreichen. Für das erstmalige Erreichen einer Impfquote von 80% sollen insgesamt 75 Mio. € ausgeschüttet werden, bei 85% zusätzlich insgesamt 150 Mio. € und bei 90% weitere 300 Mio. € insgesamt. Auch Gemeinden, die jeweils knapp unter den benötigten Quoten liegen, sollen Gelder erhalten, die entsprechend gekürzt werden. Gemeinden mit einer Impfquote unter 80% soll ebenfalls ein – entsprechend geringerer - Zweckzuschuss gebühren und zwar, wenn sie die Impfquote um mehr als 5% gegenüber dem ersten Stichtag steigern konnten. Zu verwenden sind die Gelder für zusätzliche Investitionen, Instandhaltungen und Sanierungen. Für die Impfquote werden alle Impfungen von EinwohnerInnen ab fünf Jahren berücksichtigt. Sie sollen von der Statistik Austria monatlich ab 1. Mai 2022 bis 1. Jänner 2023 ermittelt werden.

COVID-19-Risikoatteste, Verlängerung des Fernrezepts

Auf breite Zustimmung stießen im Gesundheitsausschuss die von Seiten der Regierungsfraktionen vorgeschlagenen Änderungen im ASVG und anderen Sozialversicherungsgesetzen, die auch von der SPÖ und den NEOS mitgetragen wurden. Der ursprüngliche Entwurf enthielt vor allem Leistungsharmonisierungen und Klarstellungen. So soll etwa auf Vorschlag der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen für die Gewährung von Heilbehelfen wie Brillen oder orthopädischen Schuheinlagen in Hinkunft keine ärztliche Verordnung innerhalb des Trägers mehr notwendig sein. Bei der Novellierung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes geht es um eine Harmonisierung der Bestimmungen über Kostenerstattungen für ÄrztInnen.

Durch einen im Ausschuss eingebrachten Abänderungsantrag, in dem es unter anderem um die Ausstellung von COVID-19-Risikoattesten geht, soll vor allem eine Harmonisierung der Bestimmungen mit den Impfpflichtgesetz vorgenommen werden.

Darin wird im Konkreten festgelegt, dass ab dem 1. April 2022 eine Bestätigung über die Ausnahmegründe von der COVID-19-Impfpflicht samt den entsprechenden Befunden vorgelegt werden muss. COVID-19-Risikoatteste, die vor dem 1. April 2022 ausgestellt wurden, müssen innerhalb von zwei Wochen nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung bestätigt werden. Dies gilt nur dann, wenn die betroffene Person tatsächlich von der Arbeitsleistung freigestellt wurde, weil die im Gesetz vorgesehenen Alternativmaßnahmen (Arbeitsleistung im Homeoffice bzw. Schutzmaßnahmen an der Arbeitsstätte einschließlich des Arbeitsweges) nicht möglich sind. Betroffen von der Neuregelung sind Personen, die nicht ohne konkrete und ernstliche Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können oder bei denen aus medizinischen Gründen eine Immunantwort auf eine Impfung gegen COVID-19 nicht zu erwarten ist. Die Bestätigung hat durch eine fachlich geeignete Ambulanz, AmtsärztInnen oder EpidemieärztInnen zu erfolgen.

Ein weiterer im Ausschuss eingebrachter und mehrheitlich beschlossener Antrag von ÖVP und Grünen, der sich auf das Gesundheitstelematikgesetz bezieht, sieht eine Verlängerung der Möglichkeit zur Ausstellung von sogenannten Fernrezepten bis Ende Juni 2022 vor.

Komplementärmedizin im Medizinstudium

Ein umfassendes Konzept zur Verankerung und Etablierung der Komplementärmedizin im österreichischen Gesundheitswesen legen die Freiheitlichen in einem weiteren Antrag vor. Die FPÖ-Abgeordneten betonten im Gesundheitsausschuss die Vorteile in einer Ergänzung der konventionellen Medizin durch die Entwicklung im Bereich der Komplementärmedizin. Allerdings werde in Österreich das Bildungsangebot für ÄrztInnen eher reduziert als ausgebaut. Die FPÖ trete für die Einrichtung des Fachgebiets "Komplementärmedizin" im Rahmen der akademischen Ausbildung an den Medizinischen Universitäten und für eine entsprechende Unterstützung und Finanzierung komplementärmedizinischer Forschung ein. Der Vorschlag der FPÖ stieß im Ausschuss auf Skepsis der anderen Fraktionen und wurde in der Abstimmung nur von den Abgeordneten der FPÖ unterstützt.

Finanzierung von Hospiz- und Palliativversorgung

Mit breiter Mehrheit hat der Sozialausschuss einen Gesetzesentwurf zur Regelfinanzierung für die Hospiz- und Palliativversorgung ins Plenum geschickt. Außer den NEOS stimmten im Ausschuss alle Fraktionen dem Regierungsvorschlag für ein Hospiz- und Palliativfondsgesetz zu. Darin sind entsprechende Zweckzuschüsse vom Bund an die Länder vorgesehen, wobei eine Drittelfinanzierung zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern geplant ist.

Der dafür im Sozialministerium eingerichtete Hospiz- und Palliativfonds soll von 2022 bis 2024 mit 108 Mio. € dotiert sein. Die Gelder sind zweckgewidmet und können von den Ländern für mobile Palliativteams, Palliativkonsiliardienste, Hospizteams, Tageshospize und stationäre Hospize – jeweils für Kinder und Erwachsene – verwendet werden. Miterledigt wurde im Ausschuss ein Entschließungsantrag der Freiheitlichen zur Sicherstellung der Palliativfinanzierung samt Rechtsanspruch auf Hospiz- und Palliativversorgung.

Ausschlaggebend für den Gesetzesvorstoß war die Neuregelung der Sterbehilfe. Bundesminister Wolfgang Mückstein bekräftigte im Ausschuss die Zusage der Regierung, infolge des Beschlusses zum assistierten Suizids unheilbar Kranker die Hospiz- und Palliativdienste auszubauen.

Teuerungsausgleich

Angesichts der steigenden Inflation brachte der Sozialausschuss den Teuerungsausgleich mit unterschiedlichen Mehrheiten auf den Weg. So stimmten ÖVP, Grüne, FPÖ und SPÖ für die Einmalzahlung von 150 € an diverse Bevölkerungsgruppen, etwa BezieherInnen von Mindestpension oder Krankengeld. Dem Teuerungsausgleich von ebenfalls 150 € für BezieherInnen von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Pensionsvorschuss oder Umschulungsgeld gaben ÖVP, Grüne und FPÖ ihre Zustimmung. Die gleiche Mehrheit fand sich für den Beschluss einer Einmalzahlung von 300 € an besonders bedürftige Haushalte. 

Die Freiheitlichen unterstützten mit ÖVP und Grünen im Ausschuss auch das Vorhaben, pensionierten BezieherInnen von Ergänzungszulagen zweimal 150 € Teuerungsbonus auszuzahlen. In diesem Zusammenhang wurde eine Gesetzesnovelle zur Armutsbekämpfung in der COVID-19-Pandemie auf den Weg gebracht, um die Finanzierung des Teuerungsausgleichs sowie der Saison-Start-Hilfe zur Lohnkostenabgeltung betroffener Betriebe sicherzustellen.

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ angenommen wurden überdies Änderungen beim sogenannten "fiktiven Ausgedinge", der Pauschalsumme zur Berechnung der Ausgleichszulage für AltbäuerInnen. Durch eine Herabsetzung des Richtsatzes von 10% auf 7,5% sollen Bäuerinnen und Bauern mit kleinen Pensionen künftig höhere Leistungen erhalten.

Coronabedingte Freistellung Schwangerer

Auf Antrag von ÖVP und Grünen soll die Regelung der coronabedingten Freistellung von Schwangeren, die mit 31. März 2022 ausläuft, bis 30. Juni 2022 verlängert werden. Damit können ungeimpfte schwangere Frauen ab der 14. Schwangerschaftswoche freigestellt werden, wenn sie Arbeiten mit Körperkontakt leisten. Nicht mehr in der Regelung enthalten ist die Ausnahmeregelung für geimpfte Schwangere.

Die bisher gültige Regelung legt fest, dass Schwangere, die trotz Impfung keinen ausreichenden Impfschutz aufweisen, von der Arbeit freigestellt werden können. Da nur wenige werdende Mütter während der gesamten Schwangerschaft über einen vollständigen Impfschutz verfügen, sei eine eigene Ausnahmebestimmung in diesem Zusammenhang nicht mehr sinnvoll.

Datenschutz im Homeoffice

Ein SPÖ-Antrag, in dem Maßnahmen für mehr Datensicherheit und Datenschutz im Homeoffice gefordert wird, wurde vom Sozialausschuss mehrheitlich abgelehnt. Die SozialdemokratInnen fordern von Arbeitsminister Martin Kocher die Präzisierung und Evaluierung bestehender Datenschutzregelungen, besonders wenn die Arbeit daheim auf privaten Geräten erfolgt. Erhöhte Anforderungen an die Datensicherheit dürften jedoch nicht zu unverhältnismäßigen Verhaltens- und Leistungskontrollen führen.

Immunität

Schließt der Immunitätsausschuss seine Beratungen rechtzeitig ab, könnte das Nationalratsplenum zum Schluss der Sitzung auch über die Zustimmung zur behördlichen Verfolgung von Abgeordnetem August Wöginger abstimmen. (Schluss) rei/mbu/keg

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