Parlamentskorrespondenz Nr. 172 vom 24.02.2022

Schallenberg: Linhart unbestritten bestens als Botschafter in Berlin qualifiziert

Kurzdebatte zur Beantwortung einer FPÖ-Anfrage an Außenminister Schallenberg

Wien (PK) – Die FPÖ thematisierte in einer Kurzdebatte in der heutigen Nationalratssitzung die Bestellung des ehemaligen Außenministers Michael Linhart als künftigen Botschafter in Deutschland und bezog sich dabei auf eine Anfragebeantwortung von Außenminister Alexander Schallenberg. In ihrer Anfrage an Schallenberg ortete die FPÖ Ungereimtheiten bei Linharts Bestellung und bezog sich unter anderem auf Presseberichte, wonach etwa Linhart seine Bestellung als Botschafter in Berlin schon vor dem entsprechenden Ministerrat bekanntgegeben habe. Darüber hinaus bemängeln sie, dass eine derart repräsentative Funktion nicht nach dem Gesichtspunkt vergeben werden sollte, "welche Personen aufgrund ihrer ÖVP-Seilschaften und wegen Ministerrotationen einen besonders gut dotierten Posten zu erhalten hätten."

Schallenberg betonte in der Debatte heute, dass man den Fehler erkannt habe und deswegen den Posten neu ausgeschrieben habe. Linhart sei jedenfalls aufgrund seiner vielfältigen unbestrittenen Erfahrung bestens als Botschafter in Berlin qualifiziert. Abgeordnete aller Fraktionen hoben die Qualifikationen Linharts ebenso hervor. Die Oppositionsparteien forderten Besetzungen nach modernen und transparenteren Maßstäben.

Schallenberg: Botschafterposten wird neu ausgeschrieben

In der Anfragebeantwortung legte Außenminister Schallenberg dar, dass die Begutachtungskommission 14 BewerberInnen als geeignet für die Funktion des Botschafters in Berlin im Sinne des Ausschreibungsgesetzes angesehen haben. Der Außenminister habe Michael Linhart vorgeschlagen, zumal das Außenministerium nötigenfalls auch Bedienstete vorschlagen könne, die sich für diese Funktionen nicht beworben haben. Der Ministerrat habe im Dezember seinem Vorschlag zugestimmt. Es liege im Interesse des Auswärtigen Dienstes und entspreche dem im Außenministerium geltenden Rotationsprinzip, jene Person auszuwählen, von der auf Grund ihrer umfangreichen Kenntnisse und Fähigkeiten erwartet werden kann, dass sie bestmöglich dafür geeignet ist, österreichische Anliegen im Ausland zu vertreten, führt der Außenminister in der Anfragebeantwortung weiter aus.

Michael Linhart sei aufgrund seiner vielfältigen, unbestrittenen Erfahrung grundsätzlich bestens für den Botschafterposten in Berlin geeignet, betonte Außenminister Alexander Schallenberg in der Debatte heute. Nicht zuletzt habe Linhart seine Qualifikationen auch durch die vorangegangene Tätigkeit als österreichischer Botschafter in Paris und als Generalsekretär im BMEIA über viele Jahre unter Beweis gestellt. Man habe erkannt, dass die gelebte Praxis der Besetzung aufgrund eines Vorschlags des Ministers nicht mit der heutigen Rechtslage kompatibel sei und sich deswegen entschlossen, den Botschafterposten neu auszuschreiben.

FPÖ: Botschafterbesetzung legt strukturelles Problem offen

Mit dieser Entscheidung seien 14 andere qualifizierte BewerberInnen übergangen worden, bemängelte Anfragesteller Axel Kassegger (FPÖ) in der Debatte. Dies sei ein "Flashlight" des Systems ÖVP. Um sich wesentliche Positionen im Staat zu "krallen", bediene man sich Vehikel wie der Reorganisation eines Ministeriums oder innovativer Auswahlverfahren. Es liege der Verdacht nahe, dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall sondern um ein strukturelles Riesenproblem handle, meinte Kassegger. Der Abgeordnete sprach sich außerdem für die Lockerung der derzeit sehr engen Voraussetzungen für Botschaftsposten aus. Diese würden sehr viele Personen ausschließen, die durchaus sehr geeignet für diese Aufgaben wären. Außerdem kündigte Kassegger eine weitere Anfrage an Außenminister Schallenberg an. Darin sollen die Umstände für die Besetzung des Botschafterpostens in Abu Dhabi mit einem ehemaligen Pressesprecher des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz offengelegt werden. Die Notwendigkeit einer Neuausschreibung des Botschafterpostens hinterfragte Martin Graf (FPÖ). 14 qualifizierte DiplomatInnen hätten sich beworben, der Posten könnte daher sofort besetzt werden, meinte Graf und stellte einen Antrag auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung, der in der Minderheit blieb.

ÖVP und Grüne: Fehler wurde erkannt und korrigiert

Die Zugangsbeschränkungen zum diplomatischen Dienst hätten sich bewährt, meinte Reinhold Lopatka (ÖVP) zum Vorschlag der FPÖ, diese zu lockern. Zur gegenständlichen Ausschreibung meinte der Abgeordnete, dass der Fehler erkannt und sofort korrigiert worden sei. Michael Linhart sei ein erfahrener Profi und in jeder Sicht hoch qualifiziert, hob Lopatka hervor. Es sei ein Fehler passiert und daher erfolge nun die neuerliche Ausschreibung des Postens, meinte auch Eva Blimlinger (Grüne) und hob ebenfalls die Qualifikationen von Linhart hervor.

SPÖ: Ein österreichischer Spitzendiplomat wurde "desavouiert"

Der Einschätzung von Lopatka und Blimlinger zu den Qualifikationen von Linhart schloss sich Christoph Matznetter (SPÖ) an. Das "Desavouieren" eines österreichischen Spitzendiplomaten sei die Nichtfähigkeit der ÖVP, ihrer Rolle als Regierungspartei nachzukommen, kritisierte der Abgeordnete. Man habe damit einen hervorragenden Diplomaten beschädigt. Gerade in der aktuellen weltpolitischen Lage brauche es aber die besten DiplomatInnen der Welt, um die Probleme zu lösen.

NEOS: Es braucht modernes Human Resources Management

Niemand habe Zweifel an der Qualifikation von Michael Linhart, meinte auch Helmut Brandstätter (NEOS), kritisierte aber die Besetzungspolitik im Außenministerium. Es brauche ein modernes Human Resources Management mit öffentlichen und ehrlichen Ausschreibungen, ernsthaften Besetzungskommissionen und Hearings. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/pst

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