Parlamentskorrespondenz Nr. 214 vom 04.03.2022
Neu im Außenpolitischen Ausschuss
Wien (PK) – Die NEOS unternehmen einen erneuten Anlauf zur Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Etwa im Fall von China oder Belarus würde dieses zu einem abgeschwächten Auftreten der Europäischen Union führen.
Einstimmigkeitsprinzip schwächt EU-Außenpolitik
Aktuell ist für Beschlüsse im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten erforderlich. Das habe bereits dazu geführt, dass die EU nur langsam, abgeschwächt oder gar nicht zu einer gemeinsamen außenpolitischen Entscheidung kommen konnte, da europäische Maßnahmen aus innenpolitischen Überlegungen einzelner Mitgliedstaaten verhindert worden seien, wie Abgeordneter Helmut Brandstätter in Entschließungsträgen aufzeigt. Als Beispiele nennt der Abgeordnete ein dadurch abgeschwächtes Auftreten gegenüber China oder die Sanktionen gegen Belarus. China etwa verstehe sich bereits darauf, innerhalb der EU einzelne Mitgliedstaaten als Alliierte oder als Bittsteller zu kultivieren, um dann Vetos gegen chinakritische Politik zu verlangen. Geht es nach der Oppositionspartei, sollte sich Bundeskanzler Karl Nehammer in den europäischen Gremien und insbesondere im Europäischen Rat dafür einsetzen, das Konsensquorum im Bereich der EU-Außenpolitik von der Einstimmigkeit zugunsten einer qualifizierte Mehrheit abzuändern (2208/A(E)). Österreich sollte vom Vetorecht aber auch nicht mehr Gebrauch machen, um Entscheidungen, die von allen anderen EU-Mitgliedsstaaten getragen werden, zu verhindern (2210/A(E)), wie das etwa bei der Verlängerung der Mittelmeermission Sophia geschehen sei.
Die NEOS lenken ihren Blick auch in weiteren Entschließungsanträgen auf China. Neben Antworten wie einen diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele in Peking angesichts der prekären Menschenrechtslage für UigurInnen (2136/A(E)) erwartet sich die Oppositionspartei im Fall des diplomatischen Streits zwischen Litauen und China Solidarität mit dem EU-Mitgliedsland. Dass Litauen aufgrund seiner Taiwan-Politik aus dem chinesischen Zollsystem entfernt wurde, wertet Brandstätter als diplomatische und politische Erpressung. Es sei nicht das erste Mal, dass China mit brachialem Wirtschaftsdruck unabhängigen Staaten eigene politische Präferenzen aufzwinge, kritisiert der Abgeordnete. Brandstätter sieht Außenminister Schallenberg gefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass China den wirtschaftlichen und diplomatischen Druck auf Litauen beendet. Andernfalls sollte das sogenannte diplomatische Mutualitätsprinzip auf europäischer Ebene eingehalten werden und die EU ihre diplomatischen Beziehungen zu China in Solidarität mit Litauen entsprechend herabstufen (2144/A(E)). Solidarität bzw. ein vollinhaltliches Bekenntnis zur Unverletzlichkeit der ukrainischen Grenzen unter Einbeziehung möglicher Nord-Stream-2-Sanktionen haben die NEOS zudem in einem Entschließungsantrag noch vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine zum Thema gemacht (2135/A(E)).
WHO-Beobachterstatus für Taiwan
In Zusammenhang mit Taiwan unternimmt NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker einen Vorstoß, den er dem Außenpolitischen Ausschuss (2251/A(E)) als auch dem Gesundheitsausschuss (2252/A(E)) vorgelegt hat. Geht es nach ihm, sollte der Nationalrat alle Bemühungen verurteilen, die dazu dienen, Taiwan weiterhin von allen Aktivitäten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auszuschließen und sich für einen WHO-Beobachterstatus einzusetzen. Es gebe Entitäten wie Taiwan, die in der WHO weder Mitglieder sind, noch einen Beobachterstatus haben und dennoch eine Vorreiterrolle in der Pandemiebekämpfung einnehmen würden.
Botschafterwechsel in Minsk
Vor dem Hintergrund des geplanten Botschafterwechsels in Minsk machen die NEOS in einem weiteren Entschließungsantrag darauf aufmerksam, dass die Entsendung eines neuen Botschafters nach Belarus ein Vorsprechen bei Machthaber Alexander Lukaschenko mit sich bringen würde, womit die Legitimität des Regimes vonseiten Österreichs implizit anerkannt werde. Die NEOS ziehen demnach eine interimistische Leitung in Erwägung. Eine solche würde die Kommunikationskanäle offen halten, ohne Lukaschenko als Staatschef anzuerkennen. In jedem Fall sollte die Nachbesetzung der Botschaftsleitung in Minsk so vonstattengehen, dass eine formal vorgesehene Übergabe eines Beglaubigungsschreibens vonseiten Österreichs als Entsenderstaat des Botschaftschefs an das Regime Lukaschenko nicht notwendig wird (2270/A(E)).
Vereinfachung der Antragstellung auf Familienzusammenführung für afghanische Flüchtlinge
Eine Vereinfachung der Antragstellung auf Familienzusammenführung für afghanische Flüchtlinge fordert NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper in einem Entschließungsantrag. Anträge auf Familienzusammenführung seien in der Praxis grundsätzlich persönlich bei der zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland einzubringen, auch wenn dieses Prozedere das Asylgesetz nicht vorsehe. Schriftlich gestellte Anträge im Ausland würden in der Regel nicht an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in Österreich weitergeleitet. Aufgrund der aktuellen Situation in Afghanistan seien entsprechende Reisen zum Zweck der persönlichen Antragstellung in den zuständigen Botschaften in Islamabad bzw. Teheran insbesondere für Frauen gefährlich und unzumutbar. Schriftliche Anträge auf Familienzusammenführung sollten deswegen ausnahmslos an das BFA weitergeleitet werden, so die Forderung (2203/A(E)). (Schluss) keg
Stichworte
Format
Links
- 2144/A(E) - Diplomatische Solidarität mit Litauen
- 2135/A(E) - vollinhaltliches Bekenntnis zur Unversehrtheit der Ukraine unter Einbeziehung möglicher NordStream II Sanktionen
- 2208/A(E) - Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU Außenpolitik
- 2252/A(E) und Zu 2252/A(E) - Beobachterstatus Taiwan in der WHO
- 2136/A(E) - Diplomatischer Boykott der Olympischen Spiele von Peking 2022
- 2270/A(E) - Entsendung eines Botschafters nach Minsk
- 2210/A(E) - Vetos gegen europäische Außenpolitik
- 2251/A(E) und Zu 2251/A(E) - Beobachterstatus Taiwan in der WHO
- 2203/A(E) - Vereinfachung der Antragstellung auf Familienzusammenführung