Parlamentskorrespondenz Nr. 224 vom 07.03.2022
EU-Außenpolitik: Stärkung der Union als internationaler Akteur im Fokus
Wien (PK) – "Auch in diesem Jahr werden Konflikte und Krisen die Europäische Union fordern. Im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wird sich Österreich aktiv einbringen und seinen Beitrag zur Bewältigung aktueller Herausforderungen leisten", heißt es in der Jahresvorschau zur EU-Außenpolitik vonseiten Österreichs, die Außenminister Alexander Schallenberg dem Nationalrat Ende Jänner und damit vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine vorgelegt hat (III 542 d.B. und III-768-BR/2022 d.B.).
Wien tritt darin weiterhin für die Stärkung der EU als internationaler Akteur ein. Dazu zählen etwa die Bewältigung geopolitischer Herausforderungen im globalen Umfeld nach COVID-19, die Vertretung europäischer Interessen und Werte gegenüber Partnern, Außenbeziehungen der Union, Fragen der strategischen Autonomie, des Multilateralismus und der internationalen Zusammenarbeit, Sicherheit und Verteidigung, Fragen betreffend Handel und Wertschöpfungsketten und des Grenzschutzes, wie im Bericht zu lesen ist. Die Union will die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich Sicherheit und Verteidigung 2022 weiter stärken. Ziel ist ein Grundsatzdokument in Form eines strategischen Kompasses für Sicherheit und Verteidigung, der zu einem gemeinsamen politischen Verständnis und zu einer stärker zielorientierten Planung und Entwicklung von Verteidigungsfähigkeiten beitragen soll. Geplant ist eine Annahme des strategischen Kompasses von den EU-Mitgliedsstaaten noch in diesem Jahr.
Bezüglich Sicherheitsunion, zu der etwa Maßnahmen zur Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen den EU-Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität, zur Verhütung und Aufdeckung hybrider Bedrohungen sowie zur Förderung der Cybersicherheit und zur Erhöhung der Resilienz kritischer Infrastruktur zählen, will Österreich seine Bemühungen fortsetzen. Geht es um die Bestrebungen der Kommission, eine echte europäische Verteidigungsunion zu schaffen und im Rahmen der EU für ein stärkeres Europa als Teil einer stärkeren NATO zu arbeiten, wird Österreich auf die Wahrung seiner Interessen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik besonderes Augenmerk legen, so das Außenressort in der Jahresvorschau.
Im Bereich der Cybersicherheit sollen 2022 die Arbeiten an der aktualisierten Richtlinie zum besseren Schutz von Netz- und Informationssystemen ebenso fortgesetzt werden wie zur neuen Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen. Zur Festlegung gemeinsamer Cybersicherheitsnormen für Produkte hat die Kommission die Vorlage eines europäischen Gesetzes über Cyberresilienz angekündigt.
EU-Außenfinanzierungsinstrumente
Die Jahresvorschau informiert auch über das 2021 geschaffene Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit. Es sieht für den Zeitraum des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 einen Mitteleinsatz von insgesamt 79,46 Mrd. € vor. Die Mittel sollen im Rahmen von geografischen, thematischen und einem Krisenreaktions-Programm zweckgebunden und umgesetzt werden. Darüber hinaus besteht ein nicht zugewiesener finanzieller "Flexibilitätspolster" in Höhe von insgesamt 9,53 Mrd. €. Die Programmplanung obliegt der Europäischen Kommission. Zur Kontrolle der vorgeschlagenen Maßnahmen wurde ein sogenannter Komitologieausschuss eingerichtet. 2021 haben die Programmierungsarbeiten mit der Annahme der Mehrjahresrichtprogramme und der Jahresaktionspläne 2021 begonnen. Diese werden auch 2022 mit der Annahme der jeweiligen Jahresaktionspläne fortgesetzt, wie es heißt. Ende November 2022 will die Europäische Kommission den ersten Jahresbericht für das Instrument vorlegen. Im Rahmen des EU-Außenfinanzierungsinstruments setzt sich Österreich insbesondere für die Umsetzung von Maßnahmen mit einer Schwerpunktsetzung auf Menschenrechte und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Geschlechtergleichstellung, Umwelt und Klimaschutz sowie Migration ein. Im Rahmen der EU-Entwicklungszusammenarbeit werde unter anderem die Pandemiebewältigung, Impfstoffverteilung sowie Produktion vor Ort 2022 weiterhin prioritär sein.
Migration als Herausforderung
Wie in den Jahren davor zählen illegale Migrationsströme auch 2022 zu den wichtigsten Herausforderungen Europas, wie in der Jahresvorschau von Ende Jänner weiters zu lesen ist. Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2022 sieht demnach vor, die Arbeiten an den externen Aspekten der Migration im Rahmen des geplanten "Neuen Pakts für Migration und Asyl" voranzutreiben. Dazu zählen eine vertiefte Zusammenarbeit der Union mit den Herkunfts- und Transitländern, um illegale Migration und den Menschenhandel zu bekämpfen, eine wirksame Rückführung und eine vollständige Umsetzung der Rückübernahmeabkommen und -vereinbarungen zu gewährleisten.
Wien merkt an dieser Stelle im Bericht an, dass der Migrationsdruck 2021 gegenüber Europa und insbesondere Österreich neuerlich zugenommen hat. Vor diesem Hintergrund setze das Außenressort seine gesamtheitliche Migrationspolitik fort, die einen verbesserten EU-Außengrenzschutz inklusive einer Finanzierung physischer Barrieren sowie interne und externe Maßnahmen wie die Bekämpfung von Migrationsursachen und die Vertreibung vor Ort bedeute.
Um die Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer zu steigern, müssten auf europäischer Ebene alle zur Verfügung stehenden Instrumente und Hebel wie der Handel, die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) aber auch die die Visapolitik eingesetzt werden. Demnach erstellt die EU im Rahmen ihrer Nachbarschafts- und Entwicklungspolitik maßgeschneiderte Aktionspläne für Drittstaaten, heißt es in der Jahresvorschau.
EU-Erweiterung
Österreich will der EU-Annäherung der sechs Westbalkanstaaten an die EU auch 2022 besondere Beachtung schenken. Dazu merkt das Außenressort in der EU-Jahresvorschau an, dass es für die Glaubwürdigkeit des Beitrittsprozesses entscheidend sei, mit Albanien und Nordmazedonien 2022 möglichst bald mit den Verhandlungen zu starten. Außerdem seien im Laufe dieses Jahres auch Fortschritte im Rahmen der laufenden EU-Beitrittsverhandlungen mit Serbien und Montenegro anzustreben. (Schluss) keg