Parlamentskorrespondenz Nr. 228 vom 08.03.2022

FMA zu Ukraine-Konflikt: Österreichischer Finanzsektor stabil

Aktuelle Aussprache mit der Finanzmarktaufsicht im Finanzausschuss

Wien (PK) – Die gegenwärtige Situation des österreichischen, aber auch des europäischen Finanzmarkts stelle sich auch im Hinblick auf den Ukraine-Konflikt stabil dar, analysierten im heutigen Finanzausschuss die beiden Finanzmarktaufsicht-Vorstände Helmut Ettl und Eduard Müller. Finanzminister Magnus Brunner betonte dazu, man habe nach der letzten Finanzkrise die Hausaufgaben gemacht - die Banken seien für die aktuelle Situation sehr gut aufgestellt, sodass derzeit auch keine Notwendigkeit für Kompensationen oder für einen Rettungsschirm für Banken, wie Ettl es ausdrückte, in Sicht sei.

Neben dem zentralen Thema Russland und Ukraine gaben die beiden FMA-Vorstände Helmut Ettl und Eduard Müller in der Aussprache auch Auskunft zu weiteren aktuellen Fragen wie etwa zu Vergabestandards bei Wohnungsimmobilienkrediten.

Ettl: Auswirkungen für österreichischen Finanzmarkt "schmerzhaft, aber verkraftbar"

Zur Finanzmarktsituation im Hinblick auf den Ukraine-Konflikt führte Helmut Ettl aus, dass seit der großen Finanzkrise an einem krisenresistenten Finanzmarkt samt Aufsichtsarchitektur gearbeitet worden sei. Dabei habe sich etwa die Kernkapitalquote im österreichischen Bankensystem mehr als verdoppelt. Man habe zwar jetzt die traurige Situation in der Ukraine und dazu noch nie dagewesene Sanktionen gegen den Aggressor. Was aber mögliche bzw. absehbare Auswirkungen auf den österreichischen Finanzsektor betrifft, seien diese "schmerzhaft, aber verkraftbar" – etwa auch im Hinblick auf die Geschäfte der Raiffeisen Bank International (RBI) in dieser Region. Auch führende Ratingagenturen hätten in den letzten Tagen die gute Bonitätseinstufung der RBI bestätigt. Sehr wohl verwies Ettl allerdings darauf, dass derzeit niemand die Auswirkungen des Konflikts auf die Weltwirtschaft insgesamt abschätzen könne. Die Botschaft laute also: Die unmittelbaren Auswirkungen seien für den Finanzmarkt in Österreich verkraftbar, es gelte allerdings, sehr genau zu beobachten, wie es weitergeht, um die Stabilität für den Finanzmarkt sicher zu erhalten und zugleich eine Belastung der SteuerzahlerInnen zu verhindern.

Eduard Müller berichtete über die aktuellen Vorgänge zur Sberbank in Österreich, die im Mehrheitseigentum der russischen Föderation stehe. Es habe aktuell ein intensives und funktionierendes Zusammenspiel der europäischen Aufsichts- und Abwicklungsstruktur gegeben, das in Österreich zur EZB-Anweisung geführt habe, der Sberbank den Geschäftsbetrieb zu untersagen. Ebenso wie Ettl unterstrich Müller, dass sich die aktuellen Entwicklungen mit der Ukraine-Situation insgesamt dynamisch darstellen und nur der Moment prognostizierbar sei. Die unmittelbaren Auswirkungen des Konflikts seien für den österreichischen Kapitalmarkt aber bewältigbar, meinte er.

Zum Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-Zahlungssystem als eine der aktuellen Sanktionen, nach deren Wirkung sich etwa Jakob Schwarz (Grüne), Karin Doppelbauer (NEOS) sowie Christoph Matznetter (SPÖ) erkundigten, erörterte Finanzminister Magnus Brunner bzw. ein Experte des Finanzministeriums, dass Umgehungsmöglichkeiten nicht im systemischen Bereich, sondern nur in Einzelfällen vorkommen könnten. Derzeit werde versucht, hier Schlupflöcher zu schließen, etwa was Kryptowährungen betrifft.

Die Banken seien seit der Aufarbeitung der Finanzkrise gut aufgestellt, bekräftigte der Minister etwa gegenüber Hubert Fuchs (FPÖ), sodass er ebenso wie Ettl keine Notwendigkeit für eine Bankenkompensation aus Staatsgeld sehe. Auch was die Haftungen der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) betrifft, gebe es derzeit keine Anzeichen, dass es zu Ausfällen komme. Insgesamt sehe man etwa am Verfall des Rubels oder am starken Anstieg der Zinsen in Russland, dass die verschiedenen Sanktionen ineinander greifen und zusammen wirken. Auch Ettl bekräftigte, dass die verschiedenen Sanktionssysteme Wirkung zeigen. Er sieht die Dynamik als zivilgesellschaftliche Bewegung, die nicht nur rein politisch über Gesetze und Sanktionen gesteuert ist.

Was die Einlagensicherung in Österreich betrifft, die etwa Elisabeth Götze (Grüne) thematisierte, sprach Müller von derzeit drei Einlagensicherheitssystemen in Österreich, wobei er derzeit nicht davon ausgeht, dass es zu einer weiteren Zersplitterung kommen werde. Ettl räumte etwa gegenüber Matznetter im Hinblick auf eine jüngste "Schockwelle am Finanzmarkt" ein, Finanzmärkte hätten an sich die Tendenz, etwas überzuschießen. Die Situation sei volatil, er erhofft sich jedoch mittelfristig ein Einpendeln. 

Zum EU-Geldwäsche-Bekämpfungspaket bzw. zur Frage von Gerald Loacker (NEOS), ob Bargeldobergrenzen ein geeignetes Mittel dafür darstellen, hält Ettl zumindest die Diskussion darüber für sinnvoll.

Maßnahmen gegen Blasenbildung bei Wohnkrediten

Was das Thema Wohnimmobilienfinanzierung betrifft, seien in einem zuletzt dynamischen Wachstum Maßnahmen ergriffen worden, um einer etwaigen Blasenbildung gegenzusteuern, berichtete Müller. Selbige umfassen eine maximale Laufzeit von 35 Jahren, eine maximale Einkommensbelastung von 40% sowie eine maximale Beleihungsquote von 90%. Er gehe davon aus, dass mit der Umsetzung die Stabilität auf dem Finanzmarkt gewährt werden könne, eine Blasenbildung hintanzuhalten und zugleich im Interesse der KreditnehmerInnen diese vor unverhältnismäßiger Überschuldung bewahren zu können. Auf Fragen von Kai Jan Krainer (SPÖ) und Andreas Ottenschläger (ÖVP) nannte er einen gewissen Anteil an Fällen, bei denen die bisherigen Regelungen in der Wohnkreditvergabe nicht eingehalten worden seien. Insgesamt gelte es in diesem Sektor die Dynamik einzubremsen, um ein entstehendes Problem am Finanzmarkt zu vermeiden. (Fortsetzung Finanzausschuss) mbu