Parlamentskorrespondenz Nr. 245 vom 09.03.2022

Edtstadler: Laufend Gespräche zum Informationsfreiheitsgesetz

NEOS-Vorschlag ebenso wie weitere Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Auf Basis einer wiederaufgenommenen Initiative der NEOS wurde heute im Verfassungsausschuss einmal mehr die Diskussion zum Informationsfreiheitsgesetz weitergeführt. Bundesministerin Karoline Edtstadler sagte dazu, sie versuche das Thema seit 2020 voranzutreiben. Es betreffe zahlreiche Fragestellungen, verwies die Ministerin außerdem auf eine erforderliche Zweidrittelmehrheit. Der NEOS-Antrag wurde heute ebenso wie andere Initiativen der Opposition mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

NEOS-Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz

Bereits 2020 haben die NEOS den Antrag zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses vorgelegt, der heute neuerlich im Ausschuss zur Debatte stand (453/A). Der Gesetzentwurf, der eine Änderung der Bundesverfassung und die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes zum Inhalt hat, lehnt sich an einen Vorschlag an, der 2015 von den damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP zur Diskussion gestellt wurde, geht in einigen Punkten aber darüber hinaus. So plädieren die NEOS unter anderem dafür, einen unabhängigen Informationsbeauftragten als Anlaufstelle für BürgerInnen einzurichten und die Frist für die Beantwortung von Auskunftsbegehren mit zwei Wochen (statt acht Wochen) zu begrenzen - wobei für umfangreiche Anfragen eine Verlängerung der Frist um weitere zwei Wochen vorgeschlagen wird. Sowohl Auskunftsverlangen als auch abschlägige Bescheide sollen nach Vorstellung der NEOS gebührenfrei sein und das zuständige Verwaltungsgericht im Falle von Beschwerden innerhalb von zwei Monaten entscheiden müssen.

Grundsätzliches Ziel der Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und der Verankerung einer Informationsverpflichtung für öffentliche Stellen ist es, staatliches Handeln transparenter zu machen und den Zugang von BürgerInnen zu Informationen zu erleichtern. Da der Gesetzentwurf auch in Länderkompetenzen eingreift, würde er nicht nur im Nationalrat, sondern auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit benötigen.

Einer Meinung waren sich Nikolaus Scherak (NEOS) und Christian Drobits (SPÖ), dass es endlich an der Zeit für ein Informationsfreiheitsgesetz wäre. Was einen Informationsbeauftragten betrifft, könnte sich Drobits auch vorstellen, diesen bei der Datenschutzbehörde anzusiedeln. Demgegenüber sprach Klaus Fürlinger (ÖVP) von der "Schaffung eines Bürokratiemonsters" durch diesen Antrag, etwa im Hinblick auf den besagten Informationsbeauftragten. Außerdem handle es sich um einen Eingriff in die Verfassungsautonomie der Länder, hier gelte es, mit Bedacht vorzugehen. Über dieses Thema werde weiter zu sprechen sein, meinte Fürlinger. Harald Stefan (FPÖ) sprach sich gegen eine neue Parallelstruktur in Form eines Informationsbeauftragten aus.

Ministerin Edtstadler betonte, sie versuche das Thema seit 2020 voranzutreiben. Es würden laufend Gespräche geführt, was zahlreiche Details betreffe. Ein Informationsbeauftragter sei in den Überlegungen nicht vorgesehen, so Edtstadler. Abgesehen davon stellte sie in den Raum, wenn es keine Klarheit darüber gebe, wen die Transparenz betreffen soll und es für ein solches Vorhaben keine Zweidrittelmehrheit im Parlament gebe, werde es nie zu einem Informationsfreiheitsgesetz kommen. Aber allein schon durch die Tatsache, dass es elf Auskunftspflichtgesetze gibt, wäre es aus ihrer Sicht an der Zeit, diese zusammenzuführen und zu vereinheitlichen, so die Ministerin.

Transparente Postenbesetzung im öffentlichen Bereich

Mehr Transparenz bei Postenbesetzungen im öffentlichen Bereich fordern SPÖ und NEOS in ihren jeweiligen Anträgen. Konkret erwartet die SPÖ für Funktionen, die die Bundesregierung gemäß dem Bundesverfassungsgesetz bestellt, verpflichtende öffentliche Hearings (2286/A(E)), abgehalten in einem ständigen Unterausschuss des Verfassungsausschusses des Nationalrats, bekräftigte Selma Yildirim (SPÖ) im Ausschuss. Umfasst davon wären beispielsweise die Präsidentenämter im Verfassungs- und im Verwaltungsgerichtshof oder das österreichische Mitglied der Europäischen Kommission. Wolfgang Gerstl (ÖVP) meinte dazu ähnlich wie Ministerin Edtstadler, es handle sich bei möglichen KandidatInnen ohnehin um einen sehr kleinen Kreis von ExpertInnen. Transparenz sei ihr wichtig, sagte Edtstadler, es gelte aber, die Ebenen in solchen Verfahren nicht zu vermischen.

Für eine Reform des Ausschreibungs- und Bestellungsrechts im öffentlichen und staatsnahen Bereich generell machen sich die NEOS stark (2260/A(E)). Im öffentlichen Dienst würden oft Bewerbungsverfahren umgangen, indem Begünstigte direkt einen Posten erhalten würden, skizzierte Nikolaus Scherak (NEOS) die Problematik aus seiner Sicht und sprach von Sitten im Ministerium, wonach es bei Bewerbungen um ein "Parteibuch" gehe. Während Harald Stefan (FPÖ) die Problemanalyse ähnlich sieht, ist es für Georg Bürstmayr (Grüne) eher eine Frage der politischen Kultur, zumal es klare Regeln für Bestellungsverfahren gebe. Auch Romana Deckenbacher (ÖVP) wies auf klare und funktionierende Prozesse hin.

VfGH soll einstweilige Anordnungen erlassen können

Ein Dorn im Auge ist es den NEOS auch, dass es bei Normprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) keinen einstweiligen Rechtsschutz gibt. Anders als etwa das Bundesverfassungsgericht in Deutschland könne der VfGH keine vorläufige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile erlassen, wenn ein Gesetz oder eine Verordnung beim Höchstgericht angefochten wird. Vielmehr stehe erst nach monate- bzw. jahrelangem Verfahren fest, ob eine freiheitsbeschränkende Maßnahme verhältnismäßig und mit den Grundrechten vereinbar ist. Die NEOS fordern daher eine entsprechende Verfassungsänderung und rufen die Regierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs auf (444/A(E)). Für die Vertagung sprach sich etwa Agnes Sirkka Prammer (Grüne) aus, zumal der VfGH ohnedies zu raschen Entscheidungen komme und sie derzeit die Notwendigkeit einer solchen Änderung nicht sehe.

FPÖ fordert mehr Transparenz in der Gesetzgebung

Mehr Transparenz im Bereich der Gesetzgebung ist das Ziel eines Entschließungsantrags der FPÖ (1463/A(E)), der ebenso vertagt wurde. Um besser nachvollziehen zu können, wie einzelne Regierungsvorlagen zustande gekommen sind, soll die Regierung demnach in einer Beilage darüber informieren müssen, welche Personen und Gruppen signifikanten Einfluss auf den Gesetzestext hatten, wobei vor allem Lobbyisten und Lobbying-Unternehmen gemäß Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz im Fokus sein sollen. Ein derartiger "legislativer Fußabdruck" würde die politische Einordnung von Gesetzentwürfen erleichtern und Interessenkonflikte sichtbar machen, argumentierte Harald Stefan seitens der FPÖ. Agnes Sirkka Prammer (Grüne) verwies dazu auf eine aktuelle Arbeitsgruppe für ein Lobbyinggesetz. Dieses werde über Regierungsvorlagen und damit über die FPÖ-Forderung hinausgehen, kündigte Ministerin Edtstadler an.

Gleichwertige Behandlung älterer Menschen

Gegen Altersdiskriminierung macht die SPÖ mit einem Initiativantrag auf Verfassungsänderung mobil (2279/A). Besonders im Bereich des Bank- und Kreditwesens würden Personen über dem 60. Lebensjahr aufgrund einer statistischen Ablebenswahrscheinlichkeit immer noch schlechter behandelt, kritisierte Christian Drobits (SPÖ), obwohl Menschen heute länger gesund und aktiv seien. Georg Bürstmayr (Grüne) und Klaus Fürlinger (ÖVP) betonten, das Ansinnen sei wichtig, es betreffe aus ihrer Sicht aber andere Rechtsmaterien und stelle kein Verfassungsproblem dar. Die Diskussion gelte es aber zu führen. (Schluss Verfassungsausschuss) mbu