Parlamentskorrespondenz Nr. 271 vom 15.03.2022

Sicherheitsbericht 2020: Anstieg bei häuslicher Gewalt und Cyberkriminalität

Zahl der Straftaten insgesamt rückläufig

Wien (PK) - Insgesamt sank die Kriminalität in Österreich 2020, geht aus dem jüngsten Sicherheitsbericht (III-593 d.B. und III-782-BR/2022 d.B.) des Innenministeriums (BMI) hervor: es gab um 11,3% weniger angezeigte Straftaten als im Vergleichsjahr 2019. Allerdings wurden in den Bereichen Wirtschafts-, Internet- und Suchtmittelkriminalität sowie bei Gewalt in der Privatsphäre Anstiege verzeichnet. Aufgrund neuer Herausforderungen wie Cyberkriminalität betont Innenminister Gerhard Karner die Bedeutung eines dynamischen Personaleinsatzes sowie der laufenden Organisationsentwicklung in seinem Haus. Mit 1.922 neuen PolizistInnen verzeichnete das Innenressort 2020 im Verhältnis zu den Abgängen einen Zuwachs der Exekutive um 849 Bedienstete.

Mit Verweis auf den Terroranschlag von Wien am 2. November 2020 durch einen islamistischen Extremisten legt Karner ein Bekenntnis dazu ab, radikale Ideologien weiterhin entschlossen zu bekämpfen. Das BMI trete Extremismus und Terrorismus durch umfassende Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen konsequent entgegen.

Entwicklung der Kriminalität

Insgesamt wurden 2020 in Österreich 433.811 Straftaten angezeigt, um 55.101 (11,3 %) weniger als 2019. Die Aufklärungsquote lag bei 54,2 Prozent, konnte also erneut gesteigert werden. Wie schon in den vorangegangenen Jahren war 2020 die Zahl klassischer Delikte wie Wohnungseinbrüche, Taschendiebstahl oder Autodiebstahl deutlich rückläufig. So sank die Zahl der Einbrüche in Wohnräume gegenüber 2019 um 27,3 %, jene des Diebstahls von Kraftfahrzeugen um 33,7%, wodurch jeweils im Zehn-Jahres-Vergleich der niedrigste Wert an gemeldeten Straftaten verzeichnet wurde. Die Zahl der Morde sank von 65 auf 43, die Aufklärungsquote hier betrug 93%. Einen Anstieg zu 2019 gab es 2020 in den Bereichen Internetkriminalität (26,3%) und Wirtschaftskriminalität (2,3%).

Morde: Mehrzahl der Opfer weiblich

Bei den 176 angezeigten Mordversuchen, von denen 43 vollendet wurden, lebten 71,7% der Getöteten in einer familiären Beziehung mit dem Täter bzw. der Täterin oder standen mit dem Tatverdächtigen zumindest in einem Bekanntschaftsverhältnis. 54 Menschen (31 Frauen und 23 Männer) wurden getötet. Im Rahmen des "Gewaltschutzgesetzes 2019", das den Schutzbereich der gefährdeten Person unabhängig von ihrem Aufenthaltsort im Umkreis von 100 Meter erweiterte, wurden durch Exekutivbedienstete 11.652 Maßnahmen gemäß Betretungs- und Annäherungsverbot gesetzt. Das Büro für Kriminalprävention im Bundeskriminalamt ist seit 1. Juni 2020 speziell mit dem Themenbereich "Gewalt in der Privatsphäre" betraut.

Internetkriminalität: Automatisierte Erpresser-E-Mails als Herausforderung

Als Methoden von Cybercrime, die Anfang 2020 verstärkt zur Anwendung kamen, nennt der Bericht unter anderem Schadsoftware-Angriffe auf Computersysteme und widerrechtliche Zugriffe mittels alter E-Mail-Adressen und Social-Media-Accounts. Schwierig gestaltet sich die Ausforschung der TäterInnen diverser Erpresser-E-Mails, die von einer Schadsoftware automatisiert erzeugt und durch ein Botnet versendet werden. Die Arbeitsgemeinschaft Erpressungsemails hat von 5.335 bearbeiteten Fällen bislang 82 Anzeigen an die Staatsanwaltschaft übermittelt.

Extremismus und Terror

An rechtsextremen, fremdenfeindlich bzw. rassistischen, antisemitischen sowie islamfeindlichen Tathandlungen, bei denen einschlägige Delikte angezeigt wurden, weist der Bericht 895 für 2020 aus (2019: 954 Tathandlungen). 622 Tathandlungen bzw. 69,5 % konnten aufgeklärt werden (2019: 67,6 %). Von den 167 Tathandlungen mit linksextremen Tatmotiven wurden zwölf (7,2%) aufgeklärt (2019: 11,5 %).

Hinsichtlich islamistischem Terror heißt es im Bericht, zwar habe das Terrornetzwerk al-Quaida an Einfluss verloren, doch stellten salafistisch-jihadistische Akteure mit unverändert hohem Mobilisierungspotenzial eine große Bedrohung für Österreich und Europa insgesamt dar. Daneben standen Strukturen eines prinzipiell gewaltfreien "Politischen Islam" 2020 im Fokus der Sicherheitsbehörden, um destabilisierenden Strömungen in der Gesellschaft entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang wurde 2017 das "Bundesweite Netzwerk Extremismus-Prävention und Deradikalisierung" (BNED) geschaffen, um Radikalisierungstendenzen ganzheitlich zu begegnen.

Verkehrsunfälle: Anstieg an DrogenlenkerInnen

Im Zuge der COVID-19-Pandemie-bedingten Lockdowns  gab es 2020 ein geringeres Verkehrsaufkommen, wodurch auch die Zahl der Unfälle zurückging. Im Zehn-Jahres-Vergleich wurde ein Rückgang der Verkehrstoten um 34% verzeichnet (2011: 523, 2020: 344). Die Zahl von Verkehrsunfällen mit Personenschaden ging im gleichen Zeitraum um 12,7% zurück (2011: 35.129, 2020: 30.670). Allerdings wurden 2020 mehr DrogenlenkerInnen als 2019 angezeigt. Einer Studie zufolge kamen im Berichtsjahr auf vier durch Alkohol beeinträchtigte LenkerInnen ein/e LenkerIn unter Suchtmitteleinfluss im Straßenverkehr. Das BMI intensivierte daher die Schulung von Exekutivbediensteten in der Erkennung einer Drogenbeeinträchtigung und testete unter wissenschaftlicher Begleitung zusätzliche Speichelvortestgeräte.

Migration: Kein Abschiebestopp trotz Lockdowns

Im Jahr 2020 wurden mit 14.775 Asylanträgen um 14,7% mehr als 2019 registriert. Gleichzeitig prägten Maßnahmen der Pandemiebekämpfung wie das Aussetzen von Flugverbindungen und die eingeschränkte Erreichbarkeit von Drittstaatsvertretungen den Bereich Außerlandesbringungen. Abschiebestopp gab es jedoch auch während der Lockdowns keinen, unterstreicht das BMI, das den Vollzug fremdenrechtlicher Bestimmungen als eine seiner Kernaufgaben sieht. Neben einer laufenden globalen Lageevaluierung betrieb das Ressort daher eine intensive Vernetzung mit europäischen und internationalen Partnern (z.B. Europäische Kommission, Frontex, International Organization for Migration) im Sinne des aktuellen Informationsaustauschs und der Ableitung zielführender operativer Maßnahmen. (Schluss) rei