Parlamentskorrespondenz Nr. 295 vom 21.03.2022

Neu im Gesundheitsausschuss

Long-Covid, Mangel an KinderärztInnen, Förderung der Übergangspflege, Impfpflichtbefreiung, Entschädigungszahlungen

Wien (PK) – Neben zwei Initiativanträgen von ÖVP und Grünen, die primär begriffliche Klarstellungen und redaktionelle Anpassungen im ASVG und weiteren Sozialversicherungsgesetzen sowie im COVID-19-Impfpflichtgesetz enthalten, wurden auch wieder zahlreiche oppositionelle Anliegen dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. Von Seiten der SPÖ werden insbesondere die Themen Long-Covid bei Frauen, Kindern und Jugendlichen sowie der immer größer werdende Mangel an KinderärztInnen angesprochen. Die Freiheitlichen drängen auf einen bundesweiten Ausbau der Übergangspflege sowie im Hinblick auf die Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte durch Corona-Maßnahmen auf entsprechende Entschädigungszahlungen. In den Anträgen der NEOS geht es wiederum um eine möglichst unbürokratische Beantragung der Impfpflichtbefreiung sowie um die Einräumung eines Beobachterstatus für Taiwan in der WHO.

Begriffliche Klarstellungen und redaktionelle Anpassungen

Begriffliche Klarstellungen stehen im Mittelpunkt von Änderungen im ASVG und weiteren Sozialversicherungsgesetzen, die von ÖVP und Grünen beantragt werden (2331/A). Wenn diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen bestimmte, gesetzlich vorgesehene Spezialisierungen absolvieren, kann dieses Fach nach der Berufsbezeichnung als Zusatzbezeichnung angeführt werden. Dies sei etwa gemäß den Bestimmungen im GuKG bei der Kinder- und Jugendlichenpflege der Fall, erläutern die AntragstellerInnen. Da Personen, die diese Spezialisierung absolviert haben, den bisherigen diplomierten KinderkrankenpflegerInnen entsprechen, soll in den jeweiligen sozialversicherungsgesetzlichen Bestimmungen nunmehr auf diese verwiesen werden.

In der von ÖVP und Grünen vorgeschlagenen Novellierung des COVID-19-Impfpflichtgesetzes geht es vorerst nur um redaktionelle Anpassungen (2332/A).

SPÖ: Zielgerichtete Strategien für Long-Covid bei Frauen, Kindern und Jugendlichen

Mit dem Thema Long-Covid befasst sich erneut ein Antrag der SPÖ (2342/A(E)). Laut einer deutschen Studie weisen 40% der mit SARS-CoV-2 infizierten Menschen noch sechs Monate nach der Erkrankung Long-Covid-artige Symptome auf, wobei Frauen viel häufiger betroffen seien. Aber auch Kinder und Jugendliche, die die Krankheit oft symptomlos überstehen, seien gefährdet, gibt Abgeordnete Eva Maria Holzleitner (SPÖ) zu bedenken. Die nach einer Infektion auftretenden gesundheitlichen Probleme würden von Schlafstörungen, Müdigkeit, Konzentrationsproblemen bis hin zu einer deutlichen Leistungsreduktion reichen. Aus Sicht der SPÖ sollten daher umgehend zielgerichtete Strategien zur Rehabilitierung und Behandlung von Long-Covid gemeinsam mit ExpertInnen und Betroffenen ausgearbeitet und ein besonderer Forschungsschwerpunkt auf die Zielgruppen Frauen, Kinder und Jugendliche gelegt werden. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Familienausschuss zugewiesen (2343/A(E)).

FPÖ tritt für bundesweite Umsetzung eines Angebots für Übergangspflege ein

Die sogenannte Übergangspflege, also rehabilitative Pflege als Überbrückung nach einer Akutbehandlung im Krankenhaus, bevor ein Patient oder eine Patientin nach Hause entlassen wird, macht die FPÖ in einem Entschließungsantrag zum Thema (2318/A(E)). In einigen Bundesländern, etwa Niederösterreich, werde diese Form der Pflege bereits angeboten. Auch in Deutschland haben Versicherte Anspruch auf eine Übergangspflege im Krankenhaus. Die Freiheitlichen wollen, dass alle Betroffenen in Österreich Zugang zu einem entsprechenden Fördermodell erhalten. Sie fordern von der Regierung daher die Vorlage eines Übergangspflege-Förderungsgesetzes, das einen Rechtsanspruch für Übergangspflege von bis zu 12 Wochen pro Kalenderjahr umfasst. Finanziert werden soll diese Maßnahme vom Sozialversicherungsträger, bei dem die anspruchsberechtigte Person versichert ist. Die Regelung soll bis Ende des Jahres 2022 in Kraft treten. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Sozialausschuss zugewiesen (2339/A(E)).

FPÖ drängt auf Entschädigungszahlungen für Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte durch Corona-Maßnahmen

Entschädigungszahlungen an Personen, die "durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finanziell Schaden genommen haben", ist eine weitere Forderung der Freiheitlichen (2320/A(E)). Seit Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 würden sich demnach die ÖsterreicherInnen mit Einschränkungen ihrer Grund- und Freiheitsrechte konfrontiert sehen, wobei die AntragstellerInnen auf Lockdowns, Ausgangssperren, Demonstrationsverbote, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Zutrittsbeschränkungen, Testpflicht und eine mittlerweile "mehr als nur indirekte Impfpflicht" verweisen. Auch im Bericht der Volksanwaltschaft zur Corona-Politik im Jahr 2020 werde der FPÖ zufolge der "türkis-grünen Bundesregierung von Bundeskanzler Kurz" im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Insbesondere die freiheitliche Forderung nach einer Generalamnestie werde darin argumentativ untermauert. Weder der Gesundheitsminister noch der Bundeskanzler hätten den Freiheitlichen zufolge im Februar dieses Jahres den Mut gehabt, eine klare Haltung zu Lockerungen, Impfpflicht und 3G einzunehmen. Entscheidungen darüber überlasse man der GECKO-Kommission und versuche sich so aus der Verantwortung für den "künstlich prolongierten Freiheitsentzug" zu stehlen. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Justizausschuss zugewiesen (2321/A(E)).

NEOS schlagen Beobachterstatus Taiwans in der WHO vor

Die Corona-Pandemie habe laut Auffassung der NEOS deutlich gezeigt, dass zur Überwindung einer derartigen Gesundheitskrise eine globale Zusammenarbeit aller Länder, unabhängig von politischer Ausrichtung und Gesinnung gebraucht werde (2352/A(E)). Eine zentrale Rolle komme dabei der WHO zu, die mit 194 Mitgliedern fast alle Staaten umfasse. Nicht dabei sei aber etwa Taiwan, das die Pandemie erfolgreich bewältigt habe. Grund dafür waren sicher auch die Erfahrungen mit der SARS-Pandemie in den Jahren 2002 und 2003. Damit Taiwan seine Lehren mit der Welt teilen könne, sollten sich die VertreterInnen der österreichischen Bundesregierung auf internationaler Ebene für die Wiedereinführung des Beobachterstatus für Taiwan in der WHO einsetzen, schlägt NEOS-Mandatar Gerald Loacker vor. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Außenpolitischen Ausschuss zugewiesen (2353/A(E)).

NEOS: Weiterverordnung von Heilmitteln durch gesetzliche Anpassung des ASVG

NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler weist darauf hin, dass Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege laut GuKG berechtigt sind, von ÄrztInnen verschriebene Medizinprodukte weiterzuverordnen und somit PatientInnen zusätzliche Wege ersparen können (2354/A(E)). Diese Möglichkeit sei auch im ASVG abgebildet, wobei allerdings festgelegt sei, dass Angehörige der Pflege aufrechte Vertragsverhältnisse mit Krankenversicherungsträgern benötigen. Damit die Möglichkeit zur Weiterverordnung von Heilmitteln auch in der Praxis genutzt werden könne, fordern die NEOS eine entsprechende Anpassung des ASVG.

Impfpflichtbefreiung ohne bürokratische Hürden

Eine weitere Initiative der NEOS zielt darauf ab, bürokratische Hürden bei der Befreiung von der COVID-19-Impfpflicht zu beseitigen (2355/A(E)). Abgeordnete Fiona Fiedler macht darauf aufmerksam, dass neben Kindern und Schwangeren auch Personen, die nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können oder bei denen aus medizinischen Gründen keine erfolgreiche Immunisierung erfolgen kann, von der Impfpflicht ausgenommen sind. Dabei handle es sich unter anderem um Menschen, denen auf Grund einer Behinderung die Interaktion mit technischen Geräten schwer falle. Für sie müsse es Unterstützung geben, damit die Befreiung von der Impflicht zu keiner bürokratischen Achterbahnfahrt werde.

SPÖ sofortige Maßnahmen gegen den Vormarsch der "Zwei-Klassen-Medizin" insbesondere durch den Mangel an KinderärztInnen

Der eklatante Mangel an KinderärztInnen mit Kassenverträgen führe zu einer immer stärkeren "Zwei-Klassen-Medizin" im Bereich der Pädiatrie, warnen die SozialdemokratInnen (2240/A(E)). Den insgesamt 609 Praxen mit Kassenvertrag stehen mittlerweile schon 330 private KinderärztInnen gegenüber, deren Behandlungsangebote sich viele Familien allerdings nicht leisten können. Außerdem werde sich durch eine größere Pensionierungswelle in den nächsten fünf Jahren die Situation noch verschärfen, zeigt Philip Kucher (SPÖ) auf. Die Politik sei daher dringend gefordert, steuernd und finanziell einzugreifen, um eine Basisversorgung für alle Kinder sicherzustellen.

Die SPÖ erinnert in diesem Zusammenhang an die von Bundeskanzler Kurz angekündigte Patientenmilliarde, die aber bis heute ausgeblieben sei. Dennoch müsse dafür gesorgt werden, dass jährlich mindestens 200 Mio. € zusätzlich in den Ausbau der Gesundheitsversorgung investiert werden, um den Vormarsch der Zwei-Klassen-Medizin zu stoppen. Insbesondere brauche es nach Ansicht der SPÖ ein Anreizsystem, um wieder mehr KinderärztInnen dazu zu bewegen, in das Sachleistungssystem der Sozialversicherung einzusteigen. (Schluss) sue