Parlamentskorrespondenz Nr. 310 vom 24.03.2022

Fragestunde im Nationalrat: Köstinger begrüßt Freigabe von Brachflächen

Bund-Länder-Vereinbarung zur Abwicklung der EU-Kohäsionsfonds einstimmig angenommen

Wien (PK) - Die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf die Landwirtschaft und den Tourismus dominierten heute die Fragestunde mit Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger zu Beginn der heutigen Nationalratssitzung. Weitere Fragenkomplexe der Abgeordneten drehten sich um den Breitbandausbau, die Praxis von Umfragevergaben im Landwirtschaftsministerium sowie die Themen Tierwohl und GAP-Strategieplan.

Zudem wurde eine Regierungsvorlage einstimmig angenommen, die eine Anpassung der bisherigen Bund-Länder-Vereinbarung zur effizienten und ordnungsgemäßen Abwicklung der Programme der EU-Kohäsionsfonds in Österreich zum Ziel hat.

Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf die Landwirtschaft

Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die österreichische und europäische Landwirtschaft war eines der zentralen Themen in der heutigen Fragestunde mit Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Man müsse davon ausgehen, dass die aktuelle Krisensituation noch länger andauere und die Ukraine als "Kornkammer Europas" womöglich auf Jahre als bedeutendes Agrarexportland ausfallen werde. Die Ministerin begrüßt deshalb die Entscheidung auf EU-Ebene, Brachflächen zur Produktion freizugeben und rechnet mit einer zusätzlichen Anbaufläche von 9.000 Hektar in Österreich. Der Fokus soll dabei auf der Produktion von Eiweißfuttermittel liegen, grundsätzlich sei aber der Anbau aller Kulturen erlaubt, so Köstinger gegenüber Karin Doppelbauer (NEOS), Peter Schmiedlechner und Alois Kainz (beide FPÖ). Zudem habe man in ihrem Ressort einen Krisenstab eingerichtet, der die Verfügbarkeit von Lebens- und Betriebsmittel für die Landwirtschaft laufend beobachte. Aufgrund der aktuellen Situation rechnet die Ministerin außerdem mit einem Totalausfall von ErntehelferInnen aus der Ukraine. Gemeinsam mit dem Arbeits- und Innenministerium arbeite man an einem Erlass für Arbeitsvisa. Man wolle vor allem um Arbeitskräfte aus den Staaten des Westbalkans werben, informierte Köstinger SPÖ-Abgeordnete Cornelia Ecker.

Grundsätzlich sei die GAP "der Schlüssel zur Unterstützung der bäuerlichen Produktion" und Eigenversorgung. Seitens Österreichs gebe es aber auch ein Maßnahmenbündel zur Absicherung der Versorgung mit Lebensmittel. Die Landwirtschaftsministerin nannte etwa die Hilfsmaßnahmen für die SchweinebäuerInnen oder das Sonderinvestitionsprogramm für energieautarke Betriebe in der Höhe von 100 Mio. €. Was die von Michel Reimon (Grüne) und Karin Doppelbauer (NEOS) angesprochenen Initiativen zur Ernährungssicherheit außerhalb Europas betrifft, hielt Köstinger fest, dass die Preissteigerungen in vielen Entwicklungsländern besorgniserregend seien. Österreich liefere im Rahmen seiner Entwicklungszusammenarbeit viel Know-how und beteilige sich finanziell an internationalen Nahrungsmittelprogrammen.

Olga Voglauer (Grüne) interessierte sich für die Maßnahmen, um die heimische Landwirtschaft unabhängiger von Importen an Energie, Futtermitteln und Düngemitteln zu machen. Man habe bereits in den letzten Jahren im Rahmen des ÖPUL-Umweltprogramms eine Vielzahl an Maßnahmen gesetzt, um bei den Betriebsmitteln unabhängiger zu werden und Pflanzenschutz- und Düngemittel zu reduzieren, erklärte die Ressortchefin. Gleichzeitig soll die österreichische Eiweißstrategie für mehr Unabhängigkeit sorgen. Außerdem erwartet sich Köstinger einen europäischen Vorschlag zur Steigerung der Eiweißfuttermittel.

Gegenüber Cornelia Ecker (SPÖ) hielt die Landwirtschaftsministerin fest, dass sie bei der Verwendung von Getreide für die Reihenfolge "Teller-Trog-Tank" stehe. Die Qualität von Lebensmittelweizen und Futtermittelweizen unterscheide sich jedoch oftmals, außerdem würden für die Energie- und Treibstoffproduktion vermehrt Reststoffe herangezogen werden.

Tourismus: Noch keine Stornierungswelle durch Ukraine-Krieg

Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf den Tourismus waren ebenfalls Thema der Fragestunde. Franz Hörl (ÖVP) hatte danach gefragt. Man beobachte die Märkte genau, sehe aber noch keine große Stornierungswelle durch den Konflikt, erklärte die Ministerin. Sie sei stolz darauf, dass auch österreichische Hotels und PrivatzimmervermieterInnen ihre Unterkünfte für geflüchtete Menschen zur Verfügung stellen würden. Zur Ankurbelung des Städtetourismus gebe es zudem Sonderwerbemaßnahmen der Österreich Werbung.

Barbara Neßler (Grüne) und Katharina Werner (NEOS) interessierten sich für die neuen Richtlinien zur gewerblichen Tourismusförderung. Der Fokus liege nun auf der Förderung ökologogisch nachhaltiger Projekte, wobei es zwei Stoßrichtungen gebe, informierte Köstinger. Die Grundlage bilde die EU-Taxonomieverordnung und der Bereich "Green Finance" sowie ein Anreizsystem für nachhaltiges Bauen und Entsiedelungsmaßnahmen. Dabei soll auch die Reaktivierung von Leerstand zur Reduktion des Bodenverbrauchs beitragen. Die Ministerin geht davon aus, in den nächsten Wochen die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung präsentieren zu können.

Weitere Themen: Breitbandausbau, Umfragen, Tierwohl, GAP

Was den weiteren Fahrplan des flächendeckenden Breitbandausbaus betrifft, habe man im gestrigen Ministerrat 660 Mio. € für vier Fördercalls freigegeben, erklärte die Ministerin gegenüber Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Köstinger rechnet mit ersten Fördervergaben im kommenden August. Insgesamt sollen dafür 1,4 Mrd. € zur Verfügung stehen.

Kai Jan Krainer (SPÖ) fragte nach den seit 2020 seitens des Landwirtschaftsministeriums beauftragten Meinungsumfragen. Sie persönlich habe keine einzige Umfrage in Auftrag gegeben und könne grundsätzlich ausschließen, dass es zu keinen Beauftragungen gekommen sei, die nichts mit den Themen des Ressorts zu tun haben, antwortete die Landwirtschaftsministerin. So habe man etwa während der Pandemie Umfragen zur Einschätzung der Situation der Tourismusbetriebe in Auftrag gegeben.

Tierwohl sei ihr ein großes Anliegen, betonte Köstinger gegenüber Maximilian Lercher (SPÖ), der zu wenig Engagement der Ministerin bei der Abschaffung von Vollspaltböden ortete. So habe man 2020 ein großes Tierwohlpaket auf den Weg gebracht, seit 2021 gebe es eine Förderung für tierwohlfördernde Ställe, um den Bauern und Bäuerinnen die Mehrkosten abzudecken. Dies passiere auch im Rahmen des GAP-Strategieplans, der gerade zur Genehmigung bei der EU-Kommission liege. Da jedoch die Produktion um ein Drittel bis die Hälfte teurer sei, gehe es nun vor allem darum, die KonsumentInnen von diesen Produkten zu überzeugen.

Georg Strasser (ÖVP) interessierte sich für die Auswirkungen des von Österreich vorgelegten GAP-Strategieplans in den kommenden Jahren. Laut Köstinger geht es vor allem um die Absicherung der bäuerlichen Produktion in Österreich über die 1. Säule der Direktzahlungen. Weitere Schwerpunkte seien Ökologisierungs- und Tierwohlmaßnahmen sowie die Ausgleichszulage für Berggebiete.

Anpassung der Bund-Länder-Vereinbarung zur Abwicklung der EU-Kohäsionsfonds

Um den geänderten EU-rechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen, muss die bisherige Bund-Länder-Vereinbarung zur Umsetzung der EU-Kohäsionspolitik für die Periode 2021-2027 angepasst werden. Ziel der im Nationalrat einstimmig angenommenen Regierungsvorlage ist die effiziente und ordnungsgemäße Abwicklung der Programme der EU-Kohäsionsfonds in Österreich, wie etwa des EFRE (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung), des ESF+ (Europäischer Sozialfonds Plus, des JTF (Fonds für einen gerechten Übergang), des Programms IBW (Investitionen in Beschäftigung und Wachstum) sowie der Interreg/ETZ-Programme (Europäische territoriale Zusammenarbeit) in der Periode 2021-2027.

Alle sich zu Wort gemeldeten Abgeordneten begrüßten den Beschluss. Für Ernst Gödl (ÖVP) bedeutet Kohäsionspolitik Zusammenhalt, es gehe vor allem um Investitionen in Beschäftigung, Wachstum und Lebensqualität in den Regionen, "wo sich die Menschen zuhause fühlen". Das sah Cornelia Ecker ähnlich, die SPÖ-Mandatarin kritisierte jedoch, dass Österreich die Mittel für die Förderung sozialer Dienste nicht ausschöpfe. Die Ministerin habe die Mittel dafür um 77% gekürzt und damit die Infrastruktur am Land "massiv geschädigt". Auch Klaus Köchl (SPÖ) kritisierte, dass es der Bundesregierung nicht gelinge, alle Fördergelder abzuholen. Er forderte zudem eine sozialere Aufteilung der Fördermittel.

Für Clemens Stammler (Grüne) tragen grenzüberschreitende Förderprogramme zum sozialen Ausgleich innerhalb der EU bei. Die EU-Regionalfonds seien für den Erfolg des Friedensprojekts Europa mitverantwortlich. Dem schloss sich Johann Weber (ÖVP) an. Länderübergreifende Projekte seien Brücken, um in Klima-, Katastrophenschutz und nachhaltige Entwicklung zu investieren.

Auch die Landwirtschaftsministerin zeigte sich über den einstimmigen Beschluss "nach über zwei Jahren Verhandlungen zwischen Bund und Ländern" erfreut. Köstinger betonte, dass es mit der Neuregelung zur Vereinfachung von Verwaltungsmodalitäten kommen werde. Dies führe zur Entlastung der Förderstellen und Fördernehmer sowie zu einer rascheren Bereitstellung der finanziellen Mittel. (Fortsetzung Nationalrat) med

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