Parlamentskorrespondenz Nr. 366 vom 07.04.2022

Mayer: Phase der umfassenden COVID-19-Zahlungen für Kunst und Kultur beendet, Hilfe erfolgt weiterhin nach Bedarf

SPÖ-Forderungen nach Weiterführung von Hilfsfonds vom Kulturausschuss abgelehnt

Wien (PK) — Mit dem breiten Instrumentarium an staatlichen Unterstützungen, die aus den Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für den Kunst- und Kulturbereich auf den Weg gebracht wurden, befasste sich der heutige Kulturausschuss. Grundlage der Diskussion waren die regelmäßigen Berichte zum Krisenbewältigungsfonds des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKKÖS) von Oktober 2021 bis Jänner 2022 sowie die Berichte des Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige KünstlerInnen von November 2021 bis Jänner 2022. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer erklärte, die Phase der breiten Hilfsmaßnahmen sei mit Ende März 2022 abgeschlossen worden. Einige gezielte Maßnahmen führe der Bund jedoch fort, zudem sei die Bundesregierung auch immer bereit, Kunst und Kultur zu unterstützen, wenn eine veränderte Pandemiesituation es erfordere. Der Ausschuss nahm die Berichte einstimmig zur Kenntnis.

Die SPÖ kritisierte, dass ein Großteil der Hilfen bereits ausgelaufen sei, und forderte eine Verlängerung der Maßnahmen, da der Kunst- und Kulturbereich die Pandemiekrise noch immer nicht völlig überwunden habe. Zwei SPÖ-Anträge, die diese Forderungen unterstreichen, wurden mehrheitlich abgelehnt.

Auch auf EU-Ebene sind die negativen Folgen der Pandemie für Kunst und Kultur weiterhin Thema. Der Ausschuss befasste sich mit dem Bericht des BMKKÖS über EU-Vorhaben des Jahres 2022. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

COVID-19-Hilfen für den Kulturbereich mit Ende März zurückgefahren

Im Rahmen des Kunst- und Kulturbudgets wurden aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds Mittel für den Bundestheater-Konzern, die Bundesmuseen inklusive Österreichische Nationalbibliothek und die Leopold-Museum-Privatstiftung bereitgestellt. Auch wurden daraus der COVID-19-Fonds des Künstlersozialversicherungsfonds (KSVF) und der Überbrückungsfonds für selbstständige Künstlerinnen und Künstler dotiert. Zur Debatte standen im Kulturausschuss die Monatsberichte des BMKKÖS zum Krisenbewältigungsfonds für die Monate Oktober 2021 (III-490 d.B.), November 2021 (III-513 d.B.), Dezember 2021 (III-540 d.B.) und Jänner 2022 (III-576 d.B.) sowie die Berichte über die Zahlungen des Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für die Monate November 2021, (III­512 d.B.), Dezember 2021 (III­532 d.B.) und Jänner 2022 (III­574 d.B.).

An die Berichte knüpften sich zahlreiche Fragen der Abgeordneten im Kulturausschuss zu den Hilfszahlungen für Kunst und Kultur seit Beginn der Pandemie und die weiteren Planungen des Kulturressorts für den Fall einer möglichen negativen Veränderung im Herbst. Staatssekretärin Mayer betonte, Kunst und Kultur seien ein zentraler Bestandteil und der "Kitt" einer freien und demokratischen Gesellschaft. Die Bundesregierung vertrete den Standpunkt, dass Kunst und Kultur für Österreich von besonderer Bedeutung seien und sie daher stets bereit sei, umfassend zu helfen. Es sei ein sehr zielgerichtetes und flexibles Instrumentarium an Hilfen geschaffen worden. Die Phase der breiten Hilfszahlungen, mit der man auf die Pandemiesituation reagiert habe, sei mit Ende März beendet worden. Nun sei man in einer Übergangsphase, die aber sehr genau beobachtet werden. Einzelne Hilfsmaßnahmen würden noch einige Zeit weiterlaufen, da man sich dessen bewusst sei, dass der Kulturbereich immer noch unter den Folgen der Krise leide. Zudem sei man darauf eingestellt, die Hilfen wieder hochzufahren, falls es im Herbst wieder zu pandemiebedingten Einschränkungen im Kulturbereich kommen sollte.

Insgesamt habe der Bund von Beginn der Pandemie bis 31. März 2022 aus COVID-19-Mitteln 448 Mio. € für den Kunst- und Kulturbereich aufgewendet, erfuhren die Abgeordneten Hermann Weratschnig (Grüne) und Johann Höfinger (ÖVP). Nicht enthalten in dem Betrag seien weitere Maßnahmen, wie die Mittel für Kurzarbeit, Verlustersatz und der Ausfallsbonus. Alleine über den Überbrückungsfonds für KünstlerInnen seien bis 155,9 Mio. € ausbezahlt worden, teilte die Staatsekretärin mit. Damit habe man insgesamt 10.005 Personen unterstützen können, von denen 62% in Wien leben. Nur 3,6% der gestellten Anträge seien abgelehnt worden.

Weiterhin gelte der Veranstalterschutzschirm mit einem Haftungsrahmen von 300 Mio. €, auch die Gutscheinlösung laufe weiter, führte Mayer auf Fragen der Abgeordneten Katharina Kucharowits (SPÖ) und Sibylle Hamann (Grüne) aus, die sich erkundigt hatten, welche Hilfsinstrumente nach dem Auslaufen der meisten Fonds noch zur Verfügung stehen. Bis 30. April sei es zudem noch möglich, Anträge an den Überbrückungsfonds für KünstlerInnen zu stellen. Anträge an den Künstlersozialversicherungsfonds (KSVF) seien noch bis 30. Juni, an den Härtefallfonds bis 2. Mai möglich, merkte die Staatssekretärin an. Auch der NPO-Fonds sei für das Jahr 2022 verlängert worden. Bis 31. März habe dieser Fonds für Organisationen im Bereich der Kunst und Kultur sowie für den Denkmalschutz 106 Mio. € zur Verfügung gestellt.

Auf die Frage von SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek, wann der angekündigte eigene Fonds für mehrfach geringfügig Beschäftigte im Rahmen des Härtefallfonds zu erwarten sei, teilte Mayer mit, dass derzeit an den Richtlinien gearbeitet werde. Anträge werde man in etwa drei Monaten stellen können.

Was die Bundestheater und Bundesmuseen betreffe, so beobachte der Bund als Eigentümer deren wirtschaftliche Gesamtsituation sehr genau, betonte Mayer gegenüber FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger. Nach der Anhebung der Basisabgeltung für das Jahr 2022 seien aus ihrer Sicht vorerst keine zusätzlichen Mittel notwendig, falls die Lage sich ändern sollte, werde man selbstverständlich rasch reagieren.

Mayer stimmte mit NEOS-Kultursprecherin Julia Seidl überein, dass es wichtig sei, Entscheidungen der Kunst- und Kulturpolitik anhand einer guten Datenbasis zu treffen. Das habe auch die COVID-19-Krise deutlich gezeigt. Die Gespräche mit der Statistik Austria und anderen Stakeholdern über ein Satellitenkonto Kunst und Kultur seien im Laufen, technisch könne es im Rahmen eines NPO-Satellitenkontos umgesetzt werden.

Zur Frage von Fiona Fiedler (NEOS) nach dem Stand der Kunst- und Kulturstrategie teilte die Staatssekretärin mit, dass bereits wieder Treffen von Dialoggruppen in den Bundesländern stattgefunden hätten und diese bis Sommer fortgeführt werden sollen. Danach seien wieder Gespräche in einem größeren Format geplant.

SPÖ: Hilfen für Kulturbranche auch weiterhin notwendig

Die Krise der Kulturbrache halte an, betonte SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek im Kulturausschuss und kritisierte, dass die Bundesregierung fast alle Hilfen für Kulturbetriebe und KünstlerInnen mit Ende März 2022 auslaufen habe lassen. Heinisch-Hosek fordert von Kulturminister Kogler daher eine Strategie für die Unterstützung von Kulturbetrieben und KünstlerInnen über das erste Quartal 2022 hinaus (2397/A(E)). Nötig sei auch eine spezielle Unterstützung für den finanziellen Bedarf bei der Wiederaufnahme von Produktionen, wenn diese pandemiebedingt nicht oder nur verkürzt gezeigt werden konnten. Außerdem solle der Kulturminister eine Initiative für faire Vertragsgestaltung und eine stärkere Berücksichtigung der Fürsorgepflicht in den Förderverträgen setzen, forderte die SPÖ-Abgeordnete.

FPÖ-Kultursprecher Reifenberger sagte, er unterstütze den Antrag, da er der Sicht seiner Fraktion auf die Lage entspreche. Hingegen meinte NEOS-Kultursprecherin Seidl, es sei nicht angebracht, die Förderung von Kunst und Kultur im ständigen "Krisenmodus" fortzuführen. Allerdings brauche die Kulturbranche eine klare Perspektive und Planbarkeit für den Herbst. Weratschnig (Grüne) und Maria Großbauer (ÖVP) vertraten die Ansicht, das nun geschaffene Instrumentarium der Hilfsmaßnahmen sei ausreichend und biete genügend Flexibilität, um gezielt reagieren zu können.

Staatssekretärin Mayer verwies auf ihre bereits getätigten Ausführungen zu den COVID-19-Hilfen und betonte, dass man mit den nunmehr gesammelten Erfahrungen die Hilfen jederzeit wieder hochfahren könne, wenn es notwendig werden sollte.

In einem weiteren Entschließungsantrag, der ebenfalls keine Mehrheit fand, weist SPÖ-Kultursprecherin Heinisch-Hosek auf die Schwierigkeiten für KünstlerInnen hin, die untere Einkommensgrenze zu erreichen, die die Voraussetzung für den Erhalt des Zuschusses aus dem Künstler-Sozialversicherungsfonds darstellt. Daher sei es Aufgabe der Politik, die Regelungen im Künstler-Sozialversicherungsfonds so anzupassen, dass sich die Pandemie nicht negativ auf die Möglichkeit auswirkt, den Zuschuss zur Sozialversicherung zu erhalten, meinte Heinisch-Hosek. Sie fordert in ihrem Antrag eine entsprechende Novellierung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes (2398/A(E)).

Zu diesem Antrag zeigte sich neben ÖVP und Grünen auch die FPÖ ablehnend. NEOS-Abgeordnete Seidl unterstützte den Antrag hingegen, aus Sicht ihrer Fraktion wäre eine Überprüfung der Regelungen des Fonds sinnvoll, auch in Hinblick auf eine Vereinfachung. Staatssekretärin Mayer sagte, ihrer Ansicht nach sei derzeit keine gesetzliche Änderung notwendig. Bisher seien keine Fälle aufgetreten, wie sie der Antrag beschreibe. Sollte es in Einzelfällen zu Schwierigkeiten kommen, so seien die in den letzten Jahren geschaffenen Ausnahmeregeln ausreichend.

In der Abstimmung erhielt der Antrag die Stimmen von SPÖ und NEOS und blieb damit in der Minderheit.

Frankreich will kulturellen Austausch fördern, EU will 2022 neuen mehrjährigen Arbeitsplan für Kultur erarbeiten

Auch auf der EU-Agenda des heurigen Jahres BMKKÖS steht die Bewältigung der COVID-19-Krise im Kunst- und Kulturbereich weit oben auf der Agenda. Darauf verweist der Bericht des BMKKÖS über die aktuellen EU-Vorhaben im Bereich seiner Ressortzuständigkeit (III-551 d.B.). Der französische Ratsvorsitz wolle den Themen internationaler Kulturaustausch, Innovation, Export und Digitalisierung besonderes Augenmerk schenken, führte Kulturstaatssekretärin Mayer im Kulturausschuss aus. Auch für Österreich werde ein wichtiger Fokus der Kulturpolitik nach der Pandemie die Förderung des Kulturaustausches und der Mobilität von KünstlerInnen sein, da Kunst und Kultur vom Austausch lebten.

Zu den kulturpolitischen Schwerpunkten der EU-Ratsvorsitze 2022 gehöre das Vorhaben, bis Jahresende einen neuen EU-Arbeitsplan für Kultur zu erarbeiten. Die Arbeiten daran sollen noch im Mai unter französischem Ratsvorsitz aufgenommen werden.

Auf Fragen von Agnes Totter (ÖVP), Julia Seidl (NEOS) und Volker Reifenberger (FPÖ) nach dem Stand der Projekte, die aus Mitteln des europäischen Aufbau- und Resilienzplans umgesetzt werden sollen, führte die Staatssekretärin aus, dass es gelungen sei, 66,5 Mio. € aus diesen EU-Mitteln für Kunst und Kultur abzurufen. Damit können man die Digitalisierung des Kulturerbes unterstützen und zwei große Sanierungsprojekte angehen, nämlich die Sanierung der Praterateliers für bildende KünstlerInnen sowie des Volkskundemuseums. Im Falle der Praterateliers habe die BIG die Suche nach einem Generalplaner begonnen. Die Fertigstellung des Projekts sei für 2024 geplant. Das Volkskundemuseum sei ein langwierigeres Projekt, da hier ein barockes Palais saniert werden müsse. Die Vorbereitungen seien im Laufen, so sei ein Fruchtgenussvertrag, der mit der Stadt Wien abgeschlossen werden müsse, kurz vor der Unterzeichnung.

Im Mittelpunkt die politische Debatte des formellen EU-KulturministerInnenrat in Luxemburg am 4. April stand die soziale Bedeutung von Kultur und Bildung für demokratisches Bewusstsein und Zusammenhalt. Staatsekretärin Mayer berichtete auf Nachfrage von Abgeordneter Heinsch-Hosek (SPÖ), dass die Atmosphäre des EU-Treffens erwartungsgemäß stark vom Schock über die Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine geprägt gewesen sei. Zudem wachse die Sorge um das Kulturerbe in den Kriegsgebieten. Europa zeige sich jedenfalls solidarisch und einig bei den Hilfsmaßnahmen. Die Mitgliedsstaaten hätten bereits viele Initiativen gesetzt. In weiterer Folge gehe es darum, diese noch besser zu vernetzen. (Schluss Kulturausschuss) sox