Parlamentskorrespondenz Nr. 367 vom 07.04.2022

Bundesrat genehmigt Schutzzonen rund um Krankenhäuser und erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft für Nachkommen von NS-Verfolgten

BundesrätInnnen diskutieren Novelle des Staatbürgerschaftsgesetzes und EU-Jahresvorschau des Innenministeriums

Wien (PK) – Die Länderkammer stimmte heute mehrheitlich für die Ermöglichung von Schutzzonen rund um Krankenhäuser und andere wesentliche Gesundheitseinrichtungen, um etwaige Behinderungen der Gesundheitsversorgung – etwa durch COVID-19- MaßnahmengegnerInnen – verhindern.

Einstimmigkeit erreichte eine Novelle des Staatbürgerschaftsgesetzes, wonach die Regelungen zum Erwerb der Staatsbürgerschaft für die Nachkommen von Verfolgten des NS-Regimes erweitert werden sollen. Eine weitere Erleichterung des Zuganges zur Staatbürgerschafft, die volljährige Fremde betrifft, erhielt mehrheitliche Zustimmung.

Die Jahresvorschau 2022 des Innenressorts auf Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Europäischen Kommission und des Achtzehnmonatsprogrammes des Rates der Europäischen Union wurde mehrheitlich zu Kenntnis genommen.

Möglichkeit für Schutzzonen rund um Krankenhäuser im Sicherheitspolizeigesetz verankert

Die BundesrätInnen sprachen sich heute mehrheitlich für die Möglichkeit aus, Schutzzonen im Umfeld kritischer Gesundheitsinfrastruktur einzurichten, wie etwa um Krankenhäuser. COVID-19-MaßnahmengegnerInnen hätten in den vergangenen Monaten den Betrieb von Gesundheitseinrichtungen und letztlich die Gesundheit von PatientInnen gefährdet, wie aus einem Antrag der Koalitionsfraktionen hervorgeht. Damit dies künftig verhindert werden kann, soll es den Sicherheitsbehörden möglich sein, einen bestimmten Ort, an dem eine Störung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu befürchten ist, per Verordnung zur Schutzzone zu erklären. Die Schutzzone gilt dann für das Schutzobjekt sowie in einem Umkreis von bis zu 150 Metern. Die Sicherheitsorgane erhalten mit der Einrichtung von Schutzzonen zudem die Möglichkeit, Betretungsverbote und Wegweisungen gegen bestimmte Personen auszusprechen. Die Regelungen sollen vorerst bis Ende 2022 eingeführt werden.

Dominik Reisinger (SPÖ/O) kündigte die Ablehnung des Antrages durch seine Fraktion an, da dieser an der ursprünglichen Intention, das Gesundheitspersonal und die PatientInnen zu schützen, vorbei gehe. Es handle sich um eine überschießende Regelung, die dem Missbrauch Tür und Tor öffne - etwa in Hinblick auf mögliche Demonstrationen des Gesundheitspersonals selbst. Alleine, dass durch die Novelle die Möglichkeit bestehe, dass diese untersagt werden, sei Grund genug, den Antrag abzulehnen, so Reisinger.

Der Wiener ÖVP-Mandatar Harald Himmer widersprach Reisinger und betonte die Einigkeit des Plenums, was die Grundintention des Antrags angehe: Gesundheitspersonal und PatientInnen zu schützen. Es gehe nicht um eine Einschränkung des Versammlungsrechtes, sondern die Behinderung der Gesundheitsversorgung durch Einzelpersonen und kleine Gruppen zu verhindern, die behaupten, gar keine Versammlung abzuhalten. Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/W) stimmte Himmer zu und betonte die Notwendigkeit der Novelle, indem sie auf Vorkommnisse verwies, bei denen Personengruppen Krankenhauseinfahrten blockierten und so die Gesundheitsversorgung gefährdeten. Solche Verhaltensweisen würden eine Grenze überschreiten und machten die Notwendigkeit der Gesetzesänderung deutlich.

Derartige Ereignisse müssten verhindert werden, pflichtete auch Günter Pröller (FPÖ/O) bei, warf jedoch ein, dass das geltende Versammlungsgesetz dafür bereits ausreiche. Ein Rechtsstaat zeichne sich dadurch aus, dass geltendes Recht umgesetzt und nicht willkürlich daran "herumgebastelt" werde. Im Übrigen dürfe man sich nicht wundern, wenn Teile der Bevölkerung angesichts der aus seiner Sicht chaotischen COVID-19-Maßnahmen eine Tendenz zur "Emotionalisierung" aufwiesen.

Erweiterungen des Staatbürgerschaftsgesetzes für Nachkommen von NS-Verfolgten und volljährige Fremde

Staatsangehörige von Nachfolgestaaten der ehemaligen Monarchie, die aufgrund von erlittenen oder befürchteten NS-Verfolgungen ins Ausland geflüchtet sind, können aufgrund von Sondererwerbstatbeständen im Staatbürgerschaftsrecht unter erleichterten Bedingungen die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben. 2019 wurde zusätzlich ein Sondererwerbstatbestand für deren Nachkommen eingeführt. Nach dessen Inkrafttreten haben sich allerdings im Vollzug Fälle gezeigt, die durch die geltenden Regelungen nicht erfasst waren.

Vor diesem Hintergrund wurde Ende 2021 ein Initiativantrag zur Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes eingebracht, wodurch die Sondererwerbsbestände für einen breiteren Personenkreis gelten sollen. So werden unter anderem jene Fälle erfasst, bei denen die Vorfahren vom NS-Regime ermordet oder ins Ausland deportiert wurden oder die Vorfahren Selbstmord begangen haben, um der Verfolgung zu entgehen.

Eine Mehrheit in der Länderkammer fand auch eine weitere Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes. Demnach soll einem Fremden die Staatsbürgerschaft zu verleihen sein, wenn er diese spätestens drei Jahre nach dem Eintritt der Volljährigkeit – und nicht wie bisher zwei Jahre – beantragt. Mit dieser Novelle werde das Gesetz an die im Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vorgegebene Frist angepasst, wie es in der Begründung heißt

EU-Jahresvorschau 2022 des Innenressorts

Mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde die Jahresvorschau 2022 des Innenministeriums auf Basis des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Europäischen Kommission und des Achtzehnmonatsprogrammes des französischen, tschechischen und schwedischen Ratsvorsitzes der Europäischen Union.  Darin werden die Vorhaben der Kommission und des Rates, die die inneren Angelegenheiten betreffen sowie die österreichische Position dazu dargelegt. Laut Jahresvorschau positioniert sich Österreich überwiegend positiv zu Initiativen bezüglich Außengrenzschutz, Terrorismusbekämpfung, verbesserten Austausch sicherheitsrelevanter Informationen und einem resilienten Schengen-Raum. Kritisch gesehen werden ein für Krisensituationen vorgesehener Solidaritätsmechanismus im Asyl- und Migrationsbereich sowie Bestrebungen in Richtung Relokation und Resettlement.

Ein im Zuge der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag von Josef Ofner (FPÖ/K) fand keine Mehrheit. Darin wird der "wachsweiche Kurs" des Innenministers in Sachen Asyl und Migration kritisiert und die Ablehnung jedweder Form der verpflichtenden Verteilung von MigrantInnen auf die EU-Mitgliedsstaaten sowie von verbindlichen Quoten zu deren Aufnahme gefordert. (Fortsetzung Bundesrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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