Parlamentskorrespondenz Nr. 471 vom 09.05.2022

Neu im Verfassungsausschuss

ÖVP und Grüne wollen mit Novelle zum Parteiengesetz mehr Transparenz in Parteienfinanzierung bringen

Wien (PK) – ÖVP und Grüne haben eine Änderung des Parteiengesetzes beantragt (2487/A). Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Transparenz bei der Finanzierung politischer Parteien zu erhöhen. Zudem sollen engmaschigere Kontrolle und verschärfte Sanktionen für mehr Fairness sorgen.

Im Einzelnen schlagen Andreas Ottenschläger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) etwa vor, die Veröffentlichungspflichten der Parteien zu erweitern, dem Rechnungshof neue Prüfbefugnisse zu übertragen, die Strafen für Verstöße gegen die Wahlkampfkostenobergrenze deutlich zu erhöhen und die Spendenregeln zu adaptieren. Außerdem sind neue Kennzeichnungspflichten für politische Inserate in Wahlkampfzeiten, die Einführung eines öffentliches Parteienregisters und klare Regelungen in Bezug auf parteinahe Organisationen vorgesehen.

Erweiterter Rechenschaftsbericht mit Angaben zu Vermögen und Schulden

Parteien werden mit dem Antrag demnach verpflichtet, im jährlich vorzulegenden Rechenschaftsbericht in Hinkunft nicht nur ihre Einnahmen und Ausgaben auszuweisen, sondern auch Vermögen und Schulden der Bundesorganisation. Geschehen soll das in Form einer vereinfachten Bilanz. Zudem sind private Kreditgeber:innen unter Nennung des Namens und Höhe der Schuld anzugeben, wenn die Darlehenssumme 50.000 € übersteigt. Auch für Landesorganisationen sollen erweiterte Vorgaben gelten, etwas was die Darstellung von Immobilienvermögen und Darlehen über 50.000 € betrifft. Einnahmen aus Sponsoring und Inseraten sind künftig getrennt aufzuschlüsseln, ebenso Ausgaben für Außenwerbung, Direktwerbung und Inserate. Zur besseren Vergleichbarkeit sollen ab dem zweiten Berichtsjahr im Rechenschaftsbericht die jeweiligen Zahlen des Vorjahrs anzugeben sein.

Dem Rechenschaftsbericht ist künftig außerdem eine Liste aller der Partei nahestehenden Organisationen beizulegen, wobei ÖVP und Grüne gleichzeitig durch neue Regelungen sicherstellen wollen, dass tatsächlich alle parteinahen Organisationen vom Geltungsbereich des Parteiengesetzes umfasst werden und Umgehungskonstruktionen, etwa durch Vereinsgründungen, nicht mehr möglich sind. Außerdem wird nochmals bekräftigt, dass alle Gliederungen einer Partei, seien es Landesorganisationen oder nicht territoriale Gliederungen wie Bünde der politischen Partei zuzurechnen sind, unabhängig davon, ob diese eine eigene Rechtspersönlichkeit haben.

Als Frist zur Vorlage des Rechenschaftsberichts sieht der Antrag den 30. September des Folgejahres vor, wobei die Abgabefrist vom Rechnungshof um bis zu drei Monate verlängert werden kann. Damit ist gemäß den Erläuterungen eine gemeinsame Veröffentlichung aller Berichte am 1. Jänner des darauffolgenden Jahres sichergestellt, und zwar unabhängig davon, ob der Rechnungshof eine Prüfung eingeleitet hat oder nicht.

Eigener Wahlwerbungsbericht

Darüber hinaus sollen die Parteien mit dem Antrag künftig dazu angehalten werden, innerhalb von sechs Monaten nach einer Nationalratswahl bzw. einer Europawahl einen eigenen Wahlwerbungsbericht vorzulegen, in dem sämtliche über den gewöhnlichen Parteibetrieb hinausgehenden Aufwendungen auszuweisen sind, die zwischen dem Wahl-Stichtag und dem Wahltag wirksam wurden. Und zwar gegliedert nach einzelnen Ausgabenkategorien und unabhängig davon, ob Zahlung und Lieferung der Leistung in den Beobachtungszeitraum fallen. Dabei sind auch Aufwendungen von parteinahen Organisationen, Personenkomitees und einzelnen Wahlwerber:innen zu berücksichtigen. Die Sechs-Monats-Frist kann vom Rechnungshof im Bedarfsfall laut Antrag um vier Wochen verlängert werden.

Parteien, die keinen Rechenschafts- oder Wahlwerbungsbericht vorlegen oder falsche Angaben machen, riskieren eine Verwaltungsstrafe von bis zu 50.000 €. Zudem soll bei fortgesetzter Nichtabgabe die Parteienförderung ausgesetzt werden können. Der Rechenschaftspflicht unterliegen allerdings nur Parteien, die entweder im Nationalrat, in einem Landtag oder im Europäischen Parlament vertreten sind bzw. – im Falle des Wahlwerbungsberichts – jene wahlwerbenden Gruppen, die den Sprung in den Nationalrat bzw. das Europäische Parlament geschafft haben oder die aufgrund ihrer Stimmenanzahl Anspruch auf Wahlkampfkostenrückerstattung haben.

Sowohl der Rechenschaftsbericht als auch der Wahlwerbungsbericht sind laut Antrag von einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen, die bzw. den die Partei selber wählen kann. Die bisher bestehende Pflicht eines zweiten Wirtschaftsprüfers bzw. einer zweiten Wirtschaftsprüferin soll entfallen.

Rechnungshof erhält echte Prüfkompetenzen

Begründet wird diese Erleichterung für die Parteien mit den vorgeschlagenen stark erweiterten Prüfkompetenzen des Rechnungshofs. Dieser soll künftig selbst in Belege und Unterlagen Einschau halten können, wenn er begründete Zweifel an der Richtigkeit des Rechenschaftsberichts oder des Wahlwerbungsberichts einer Partei hegt und diese von der betroffenen Partei nicht ausgeräumt werden können. Im Streitfall entscheidet der Verfassungsgerichtshof (VfGH), der laut Antrag sowohl von der betroffenen Partei als auch vom Rechnungshof angerufen werden könnte.

Neu eingeführt wird mit dem Gesetzentwurf außerdem eine Verpflichtung der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen, dem Rechnungshof etwaige Mehraufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit vor Wahlen bekanntzugeben, der diese Zahlen dann zu veröffentlichen hat. Die Meldung soll innerhalb von vier Wochen nach der Wahl zu erstatten sein, bei einem Verstoß sind allerdings keine Sanktionen geplant.

Zur Erhöhung der Transparenz ist überdies in Aussicht genommen, in das Mediengesetz eine neue umfassende Impressumspflicht für politische Inserate zu Wahlkampfzeiten aufzunehmen. Demnach würden Medieninhaber verpflichtet, bei Inseraten mit Bezug auf politische Parteien, Wahlwerber:innen oder den Wahltag den Namen des Inserenten bzw. der Inserentin anzuführen. Damit soll ersichtlich werden, wer hinter dem jeweiligen Inserat steckt, argumentieren ÖVP und Grüne.

Parteispenden unter 150 € fallen nicht mehr unter den Spendenbegriff

Weitere Verschärfungen sind bei den Parteispendenregelungen vorgesehen, in einzelnen Punkten kommt es hier aber auch zu Lockerungen. So sollen etwa Sach- und Geldspenden unter 150 € vom Spendenbegriff ausgenommen werden und damit auch nicht mehr unter die jährliche Spendenobergrenze von derzeit rund 793.500 € fallen. Sie wären in Hinkunft von den Parteien unter "sonstige Erträge" zu verbuchen. Neu in die Spendeneinnahmen aufzunehmen sind dagegen Zahlungen, Sachleistungen und "lebende Subventionen" an Personenkomitees, zudem wird ein klarer Bewertungsmaßstab für Sachleistungen festgelegt.

Darüber hinaus ist bereits bei Spenden ab 500 € eine Veröffentlichung des Namens der jeweiligen Spenderin bzw. des jeweiligen Spenders durch den Rechnungshof in Aussicht genommen. Derzeit liegt die entsprechende Grenze bei 2.645 €. Gleichzeitig wird mit dem Antrag die Grenze für anonyme Spenden von aktuell 529 € auf 150 € abgesenkt. Ehrenamtliches Engagement – inklusive Bereitstellung eigener Sachen – soll jedoch ausdrücklich nicht als Spende gelten.

Sämtliche Spenden sind laut Gesetzentwurf vierteljährlich dem Rechnungshof zu melden, der die Spendenlisten, gegliedert nach Partei, künftig auch auf seiner Website zu veröffentlichen hat. Damit wird eine Nachschau sämtlicher Spendenaktivitäten auf der Homepage des Rechnungshofs möglich, wie es dazu in den Erläuterungen heißt. Auch welche Parteiorganisation die Spende erhalten hat, soll aus den Listen hervorgehen. Durch die ganzjährige Erfassung der Spenden erübrigt sich den Erläuterungen zufolge die bisherige Verpflichtung zur Sofortmeldung von Spenden über 2.645 €.

Bei Erreichen der allgemeinen bzw. individuellen Spenderobergrenzen ist künftig grundsätzlich eine Rückerstattung des darüber hinausgehenden Betrags an die jeweilige Spenderin bzw. den jeweiligen Spender anstelle einer Weiterleitung an den Rechnungshof vorgesehen. Nur noch verbotene Spenden – z.B. hohe anonyme Spenden oder ausländische Spenden – wären demnach umgehend zu übermitteln. Da die Spendenregeln, anders als jene für den Rechenschaftsbericht, für alle Parteien gelten, wird der Rechnungshof bei entsprechender Verdachtslage auch Parteien prüfen dürfen, die nicht im Nationalrat, in einem Landtag oder im Europäischen Parlament vertreten sind.

Um ein Umgehen der Spendenobergrenzen durch "freiwillige Mitgliedsbeiträge" zu verhindern, schlagen ÖVP und Grüne vor, nur noch jene Mitgliedsbeiträge vom Spendenbegriff auszunehmen, die per Beschluss oder Statut festgelegt wurden. Zudem ist künftig schon bei Mitgliedsbeiträgen über 5.000 € der Name des Mitglieds auszuweisen, wobei Mitgliedsbeiträge an verschiedene Teile einer Partei zusammenzurechnen sind. Ausgeweitet wird auch das Spendenannahmeverbot für Spenden von Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist: Es gilt künftig bei indirekten Unternehmensbeteiligungen von mehr als 10% und bei sämtlichen direkten Beteiligungen. Die Namen von Sponsor:innen sind künftig ab einem jährlichen Betrag von 7.500 € (derzeit 12.696 €) zu nennen.

Bei einem Unterlaufen der Spendenbestimmungen sind erstmals auch Verwaltungsstrafen für die Spender:innen selbst vorgesehen. So soll jemand, der eine Spende absichtlich stückelt, um die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen, mit bis zu 15.000 € bestraft werden können.

Erweiterte Veröffentlichungspflicht von Inserateneinnahmen

Neu ist darüber hinaus, dass Inserateneinnahmen künftig auch dann auszuweisen wären, wenn die Werbeeinschaltung nicht in einem der Partei selbst gehörendem Medium erfolgt, sondern in Medien parteinaher Organisation bzw. Medien, die Abgeordneten gehören. Zudem soll der Name einer Inserentin bzw. eines Inserenten bereits ab einem Einzelinserat von 2.500 € (derzeit 3.703 €) offenzulegen sein.

Einige Änderungen wird es auch für Personenkomitees geben. Da Spenden an derartige Komitees und deren Ausgaben künftig den jeweiligen wahlwerbenden Parteien zugerechnet werden sollen, wird für diese die Möglichkeit geschaffen, Widerspruch gegen die Meldung einer Unterstützung durch ein registriertes Personenkomitee zu erheben. Damit soll Missbrauch durch unerwünschte Unterstützung vermieden werden. Zudem müssen sich Personenkomitees künftig beim Rechnungshof und nicht mehr beim Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) registrieren. Im Falle einer Nicht-Registrierung eines Personenkomitees würde eine Verwaltungsstrafe im Ausmaß der fünffachen Unterstützungsleistung fällig.

Deutlich höhere Strafen bei Überschreiten der zulässigen Wahlwerbungsausgaben

Deutlich erhöht werden auch die Geldbußen für Parteien, die die Wahlwerbungskostenobergrenze von derzeit 7,41 Mio. € überschreiten. Demnach kann der UPTS künftig Strafen in Millionenhöhe verhängen, wenn diese Grenze erheblich überschritten wird. Um Härten zu vermeiden, sind allerdings verschiedene Abstufungen vorgesehen: So sollen bei geringfügigen Überschreitungen unter 10% maximal 15% des Überschreitungsbetrags fällig werden. Darüber hinausgehende Überschreitungsbeträge wären dann, je nach Höhe, mit Strafen von 50% bis 200% zu sanktionieren. Ein Verschulden der Partei oder ihre Organe an der Überschreitung ist nicht Voraussetzung zur Verhängung der Geldbußen. Ebenso wird klargestellt, dass die Ausgabenbeschränkung für Wahlwerbung für alle wahlwerbenden Parteien gelten.

Neu geregelt werden auch die Verjährungsbestimmungen für Verwaltungsstraftatbestände des Parteiengesetzes, um die Gefahr von Verjährungen zu minimieren.

Öffentliches Parteienregister

ÖVP und Grüne nehmen darüber hinaus in Aussicht, das vom Innenminister zu führende Parteienverzeichnis in ein öffentliches Parteienregister nach dem Vorbild des Vereinsregisters umzugestalten. Damit sollen künftig die Satzungen aller in Österreich registrierten politischen Parteien zentral zugänglich sein. Auch die vertretungsbefugten Personen der jeweiligen Partei sollen im Register aufscheinen. Löst sich eine politische Partei auf, muss sie das in Hinkunft laut Antrag verpflichtend melden, zudem haben die Satzungen eine demokratische Legitimation der Leitungsorgane durch die Parteimitglieder zu gewährleisten.

Schließlich ist geplant, die Parteienförderung des Bundes und der Länder von einer Kann- in eine Mussbestimmung umzuwandeln, um die Bedeutung der staatlichen Parteienförderung zu unterstreichen. Innerhalb des jetzt schon geltenden Korridors wäre demnach eine angemessene Förderhöhe festzulegen. Die Entscheidung über zusätzliche Parteienförderung auf Gemeindeebene soll weiter den Ländern obliegen.

In Kraft treten soll die Novelle, geht es nach den Koalitionsparteien, mit 1. Jänner 2023, wobei die Rechenschaftsberichte für das Jahr 2022 bereits nach der neuen Rechtslage zu erstellen sein sollen. Da der Gesetzentwurf zahlreiche Verfassungsbestimmungen enthält, braucht es für einen Beschluss allerdings die Zustimmung zumindest einer der beiden großen Oppositionsparteien. (Schluss) gs