Parlamentskorrespondenz Nr. 500 vom 12.05.2022

SPÖ-Bundesrät:innen: Pflegenotstand ist eine Gefahr für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung

Dringliche Anfrage an Gesundheitsminister Rauch in der Länderkammer

Wien (PK) – Die SPÖ machte in der heutigen Bundesratssitzung die aus ihrer Sicht drohende Versorgungskrise im Gesundheits- und Langzeitpflegebereich im Rahmen einer Dringlichen Anfrage an den Gesundheitsminister zum Thema. Es sei "höchst an der Zeit, die dringend notwendigen Reformen" anzugehen und die dafür erforderlichen Mittel bereitzustellen, so die Sozialdemokrat:innen. Gesundheitsminister Johannes Rauch verwies auf die wesentlichen Elemente des heute präsentierten Pflegepakets, das unter anderem finanzielle Verbesserungen für das Pflegepersonal sowie in der Pflegeausbildung vorsieht.

SPÖ-Dringliche: Pflegenotstand belegt Totalversagen der Bundesregierung

Angesichts der "umfangreichen Problemstellungen" müsse festgestellt werden, dass es "fünf nach 12" sei und eine Versorgungskrise im Gesundheits- und Langzeitpflegebereich drohe, mahnt die SPÖ in ihrer Dringlichen Anfrage an den Gesundheitsminister. Trotz Ankündigungen und "leerer Versprechen" zur Absicherung der Pflege, sei die Regierung bis heute säumig. Der Pflegenotstand stehe als "mahnendes und erschütterndes Beispiel" für ihr "Totalversagen". Es sei "höchst an der Zeit, dass die Bundesregierung zurücktritt und Platz macht für eine Regierung, die die Ängste und Sorgen der Menschen ernst und die Lösung ihrer Probleme in die Hand nimmt, statt sich von einer Krise in die nächste zu lavieren", heißt es in der SPÖ-Anfrage.

Die Auswirkungen des Pflegenotstandes würden dabei nicht nur die Beschäftigten im Gesundheitsbereich und der Langzeitpflege betreffen, sondern auch eine Vielzahl an kranken und pflegebedürftigen Menschen sowie deren Angehörige. Damit handle es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, da die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in Gefahr sei, so die SPÖ-Bundesrät:innen. Auch der Personalmangel habe bereits enorme Auswirkungen. Pflegeheime hätten bereits zugesperrt, Stationen in bettenführenden Krankenanstalten würden geschlossen. Durch die Pandemie habe sich diese Situation noch verschärft.

Gleichzeitig werde auch im niedergelassenen Bereich die Anzahl an Kassenärzt:innen stetig geringer. Laut einer Studien der Ärztekammer würden rund 50% in den nächsten 10 Jahren in Pension gehen. Aktuell hätten bereits etwa 200.000 Menschen keine hausärztliche Versorgung in ihrer Nähe, ein Problem, das sich in Zukunft noch verschärfen werde. Es bedürfe daher, die "dringend notwendigen Reformen" im Gesundheitswesen und in der Langzeitpflege anzugehen und die erforderlichen finanziellen Mittel dafür bereitzustellen, fordern die Anfragesteller:innen.

Rauch: Pflegepaket wird Situation verbessern

Gesundheitsminister Johannes Rauch stellte in seiner Wortmeldung die wesentlichen Elemente des heute präsentierten Pflegepakets vor. "Wir müssen nun rasch ins Tun kommen, damit die Maßnahmen bereits ab Herbst wirksam sind", so der Gesundheitsminister. Das Paket soll laut Rauch ein Volumen von 1 Mrd. € haben und etwa 20 Maßnahmen beinhalten. "Es handelt sich um ein vorzeigbares und gutes Paket, das die Situation von Pflegebedürftigen sowie von pflegenden Angehörigen verbessern wird", erklärte der Gesundheitsminister.

Dabei gehe es vor allem um die finanzielle Besserstellung von in der Pflege tätigen Menschen, "die sich auch am Lohnzettel bemerkbar machen muss". Dafür sollen in den nächsten zwei Jahren 520 Mio. € zur Verfügung stehen. Zum anderen liege der Fokus auf der Verbesserung der Pflegeausbildung durch finanzielle Zuschüsse sowie durch die Einführung eines Pflegelehrberufs. Weitere Maßnahmen sind laut Rauch unter anderem die Erhöhung des Rechtsanspruchs auf Pflegekarenz von einem auf drei Monate sowie Verbesserungen für die Pflege von Menschen mit Demenz.

Zum von der SPÖ kritisierten Mangel an Kassenvertragsärzt:innen hielt der Ressortchef in seiner Anfragebeantwortung fest, dass man dazu mit den Krankenversicherungsträgern in Gesprächen sei, dies aber grundsätzlich in die Kompetenz der Selbstverwaltung falle. Laut Rauch stellt der Ausbau der Primärversorgungseinheiten eine Antwort auf dieses Problem dar. Es gehe dabei auch darum, einzelne Rechtsmaterien in diesem Bereich anzupassen. Zur Frage nach den geplanten Maßnahmen, um einen möglichen neuerlichen Anstieg an Hospitalisierungen im Zusammenhang mit COVID-19 zu verhindern, erklärte der Minister, dass man einen Managementplan mit mehreren Szenarien ausgearbeitet habe. Der Fokus liege nun nicht mehr nur auf der zur Verfügung stehenden Bettenanzahl, sondern auch auf den vorhandenen Personalkapazitäten.

SPÖ: Es geht um die Schaffung nachhaltiger Strukturen

Für SPÖ-Mandatarin Korinna Schumann (SPÖ/W) ist das vom Gesundheitsminister präsentierte Pflegepaket ein erster Schritt, von "der größten Reform aller Zeiten" könne aber keine Rede sein. Die finanzielle Besserstellung des Pflegeberufs sowie ein Pflegeausbildungskonzept seien zu begrüßen, "ohne den Druck der SPÖ und der Gewerkschaften würde das Paket aber nicht in der Form daliegen", unterstrich Schumann. Die Befristung der Maßnahmen auf zwei Jahre sei jedoch keine strukturelle Reform. Es gehe jedoch vor allem um die Schaffung von nachhaltigen Strukturen. Was die von Rauch angesprochene Pflegelehre betrifft, ist diese für die SPÖ-Mandatarin nicht der richtige Weg, um den Pflegenotstand zu lösen. Generell hofft Schumann, dass es nicht bei einer "Ankündigungspolitik" bleibt.

Laut Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) ist man "von einer Lösung des Pflegeproblems noch meilenweit entfernt". Die Pflege sei eine frauendominierte Branche, "die schlecht bezahlt ist und hohen Einsatz fordert". Es gehe deshalb um eine Neubewertung der Pflegearbeit, "da viele Frauen unter diesen Bedingungen nicht mehr arbeiten wollen", so Grossmann. Für Günter Kovacs (SPÖ/B) braucht es rasch Konzepte gegen den Ärztemangel, um die Versorgung sicherzustellen.

ÖVP: Pflegeberuf muss vom Mangelberuf zum Traumberuf werden

Die heute präsentierte Pflegereform mit einem Volumen von 1 Mrd. € und rund 20 Maßnahmen sei "eine wichtige und große Reform", die sich diesen Namen verdient habe, betonte Franz Ebner (ÖVP/O). Es müssten jedoch noch weitere Schritte folgen, da man bis zum Jahr 2030 etwa 75.000 neue Pflegekräfte benötige. In diesem Sinne sei auch die im Paket präsentierte Personal- und Ausbildungsoffensive für Ein-, Um- und Wiedereinsteiger:innen zu sehen. Der Pflegeberuf müsse vom Mangelberuf zum Traumberuf werden.

Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St) sprach im Zusammenhang mit dem Pflegepaket von einem "großen Wurf". Der eingeschlagene Weg müsse gemeinsam mit den Bundesländern und den Gewerkschaften weitergegangen werden. "Die Herausforderungen in der Pflege sind unser aller Problem, dass wir nur gemeinsam stemmen können", hier sei kein Platz für Parteipolitik, so Kornhäusl. Was den angesprochenen Ärztemangel betrifft, dürfe man davor nicht die Augen verschließen, dabei gebe es jedoch große regionale Unterschiede.

FPÖ: angekündigte Maßnahmen sind uralte freiheitliche Forderungen

Die angekündigten Maßnahmen der Pflegereform seien "uralte freiheitliche Forderungen", erklärte Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S). Diese seien jedoch wenig durchdacht, es handle sich um ein "Reförmchen". Der angedachte Mitarbeiterbonus für die kommenden beiden Jahre sei grundsätzlich zu begrüßen, besser und wertschätzender wäre jedoch eine dauerhafte und adäquate Gehaltserhöhung gewesen. Den im Paket enthaltenen Angehörigenbonus bezeichnete die FPÖ-Mandatarin als "Pflanzerei", der eher an Almosen erinnere. Grundsätzlich habe die Bundesregierung den Pflegenotstand durch die getroffenen Corona-Maßnahmen in den letzten beiden Jahren noch verschärft, kritisierte Steiner-Wieser.

Ihre Fraktionskollegin Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St) vermisste eine gesetzliche Regelung zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels in der Pflege. Oftmals sei eine Pflegekraft für zehn bis 15 Personen zuständig. Laut Markus Steinmaurer (FPÖ/O) hat die Vernachlässigung des Pflegeberufs und der damit verbundene Personalmangel den Beruf unattraktiv gemacht. Hier müsse die Politik "vom Reden ins Tun" übergehen.

Grüne: Pflegereform entschärft wesentliche Defizite

"Heute ist ein guter Tag für die Pflege", konstatierte Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Es handle sich um ein umfassendes Pflegepaket, das die wesentlichen Defizite entschärfe und Verbesserungen in allen Bereichen der Pflege bringe. Dies sei gerade in Zeiten einer Pandemie wichtig. Man schaffe seitens der Regierung dafür die finanziellen Rahmenbedingungen, der Bund, die Bundesländer sowie die Gemeinden würden aber für die Umsetzung gemeinsam in der Verantwortung stehen, so die Grünen-Mandatarin. (Fortsetzung Bundesrat) med


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