Parlamentskorrespondenz Nr. 783 vom 28.06.2022

Schallenberg für stufenweise und graduelle EU-Integration der Westbalkan-Staaten

Aktuelle Aussprache im Außenpolitischen Ausschuss zu EU-Beitrittskandidaten und Ukraine-Krieg

Wien (PK) – Im ersten Teil des heutigen außenpolitischen Ausschusses stand Außenminister Alexander Schallenberg den Abgeordneten in einer Aktuellen Aussprache Rede und Antwort. Schwerpunkte der Debatte waren der Ukraine-Krieg sowie der EU-Beitritt der Ukraine, der Republik Moldau und der Westbalkan-Staaten. Schallenberg plädierte angesichts des schleppenden Beitrittsprozesses der Westbalkan-Staaten für eine stufenweise und graduelle Integration dieser Länder. Dem Angriff Russlands auf das liberale und pluralistische Gesellschaftsmodell müsse die Einheit des Westens entgegen gestellt werden, betonte der Außenminister.

Ukraine-Krieg: Angriff auf das liberale und pluralistische Gesellschaftsmodell

Die Wucht der militärischen Invasion Russlands in die Ukraine, die ein Angriff auf unser liberales und pluralistisches Gesellschaftsmodell sei, habe nicht nachgelassen, die Fortschritte im Donbass seien beunruhigend, erklärte Außenminister Alexander Schallenberg eingangs in der Aktuellen Aussprache. Ein Tiefpunkt sei der gestrige Angriff auf ein Einkaufszentrums in der Ukraine. Die Drohung Russlands, Nuklearwaffen einzusetzen seien nicht akzeptabel und besorgniserregend.

Putin habe seine Ziele dennoch nicht erreicht, verwies Schallenberg auf einen geeinten Westen und die gestärkte Rolle der Nato. Die westliche Wertegemeinschaft zeige Geschlossenheit und habe ein großes Sanktionspaket und humanitäre Hilfe auf den Weg gebracht. Österreich habe dabei seinen Beitrag geleistet und etwa die Evakuierung vulnerabler Gruppen nach Österreich unterstützt. Russland sei Europas größter Nachbar, deswegen sei Stabilität wichtig und müsse wieder angestrebt werden, meinte der Außenminister zu Andreas Minnich (ÖVP). Insgesamt werden die Folgen des Ukraine-Kriegs aber noch jahrelang spürbar sein.

Die von Russland blockierten Agrarexporte aus der Ukraine seien ein großes Problem, meinte Schallenberg in Richtung der Ausschussvorsitzenden Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Man müsse daher alles daran setzen, den Export von Getreide wieder zu ermöglichen. Aufgrund der hohen Abhängigkeit des globalen Südens von den Getreidelieferungen aus der Ukraine drohe Hunger und Elend in den Ländern des globalen Südens, erklärte Rendi-Wagner.

Die EU werde beim Wiederaufbau der Ukraine helfen, zeigte sich der Außenminister überzeugt und plädierte dafür, dass mit einem solchen Paket auch die Republik Moldau und die Westbalkan-Staaten unterstützt werden sollten.

EU-Beitritt Ukraine, Republik Moldau und Westbalkan-Staaten

Es sei ein wichtiges Signal, dass der Ukraine und der Republik Moldau der Status als EU-Beitrittskandidaten zuerkannt wurde, sagte Schallenberg. Dies sei der Beginn eines vermutlich längeren Beitrittsprozesses, die beiden Länder müssten wie die anderen Kandidaten Auflagen für einen Beitritt erfüllen, betonte Schallenberg in Hinblick auf die öffentliche Diskussion um einen Schnellbeitritt. Es sei wichtig, dass das Beitrittsverfahren nicht aufgeweicht werde, meinte auch Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Es sei "sehr viel Porzellan" durch das "Vorziehen" der Ukraine zerschlagen worden, kritisierte Christian Hafenecker (FPÖ). Die Republik Moldau erwarte sich kein Schnellverfahren und werde den Beitrittsprozess für Reformen nützen, zeigte sich Helmut Brandstätter (NEOS) überzeugt.

Insgesamt sei die Frustration der Westbalkanländer hinsichtlich ihres erwünschten EU-Beitritts groß, sagte Schallenberg. Österreich habe deswegen in Form eines Nonpapers einen Vorschlag zur stufenweisen und graduellen Integration dieser Staaten gemacht. Mit diesem Modell würden diese informell wie Mitglieder behandelt werden. Dies wäre ein Signal, das viel bewirken könne, und ein Versuch, den Beitrittsprozess mit Leben zu erfüllen. Hinsichtlich des Kandidatenstatus von Bosnien-Herzegowina hat der Außenminister Hoffnung, dass es bis Ende des Jahres Fortschritte geben könnte. Nächste Schritte bei Albanien und Montenegro thematisierte auch Bettina Rausch (ÖVP). Die Blockade dieser Beitrittskandidaten sei unverständlich, meinte auch Harald Troch (SPÖ). Die Verzögerungen würden den Westbalkan-Ländern als auch Europa schaden, kritisierte Helmut Brandstätter (NEOS).

Weitere Themen: Syrien, Türkei, Mali, Israel, Ägypten und UN-Menschenrechtskonferenz

Die Androhungen der Türkei, Militäroperationen in Syrien durchzuführen, seien besorgniserregend, beantwortete Schallenberg die Fragen von Christian Hafenecker (FPÖ) und Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). Bei seiner Ägypten-Reise werde er die Menschenrechtssituation ansprechen, versicherte Schallenberg Harald Troch (SPÖ). Angesprochen auf die EU- und die UN-Mission in Mali, an denen sich Österreich beteiligt, meinte der Außenminister zu Ernst-Dziedzic, dass man sich nicht aus dieser Region zurück ziehen solle, da sie für die Sicherheit Europas wesentlich sei. Hinsichtlich der israelischen Siedlungspolitik sei das Völkerrecht die rote Linie und die 2-Staatenlösung die Maxime, erklärte Schallenberg gegenüber Katharina Kucharowits (SPÖ). UN-Menschenrechtskonferenzen seien in der Vergangenheit wichtig gewesen, meinte Schallenberg zu Faika El-Nagashi (Grüne), äußerte aber auch Bedenken für eine Neuauflage anlässlich des 30-jährigen Jubiläums kommendes Jahr. Henrike Brandstötter (NEOS) wiederum erneuerte die Kritik ihrer Fraktion am König-Abdullah-Zentrum.(Fortsetzung Außenpolitischer Ausschuss) pst