Parlamentskorrespondenz Nr. 1038 vom 29.09.2022

Neu im Wirtschaftsausschuss

NEOS-Anträge zu Kammerumlagen- und Lohnnebenkostensenkung und für Reformpaket, FPÖ will Volksbefragung zu Russland-Sanktionen

Wien (PK) – Die NEOS fordern mit Entschließungsanträgen eine Absenkung der Kammerumlagen sowie der Lohnnebenkosten und setzen sich für ein rasches Reformpaket für den Wirtschaftsstandort ein. Die FPÖ spricht sich für eine Volksbefragung zu den Russland-Sanktionen aus.

NEOS drängen auf rasche Absenkung der Kammerumlagen

Auf die in den letzten Jahren stark gestiegenen Überschüsse und Rücklagen bei den Kammern weisen die NEOS-Abgeordneten Gerald Loacker und Michael Bernhard in einem Entschließungsantrag hin. Die Ursachen dafür würden einerseits in der mangelnden Aufsicht durch das Arbeits- und Wirtschaftsministerium und andererseits in den zu hoch angesetzten bzw. fehlenden Höchstgrenzen für die Umlagen liegen. Dadurch seien die Rücklagen bei den Arbeiterkammern mittlerweile auf 571 Mio. € (mehr als ein Jahresaufwand) und bei den Wirtschaftskammern auf 1,78 Mrd. € (mehr als der zweifache Jahresaufwand) angewachsen.

Die Antragsteller merken zudem kritisch an, dass im Fall der Arbeiterkammer die Überschüsse unter Anwendung von "ungewöhnlichen" Rechnungslegungsvorschriften "künstlich geschmälert" würden. Bei der Wirtschaftskammer wiederum sehen sie die dringende Notwendigkeit, dass Rückstellungen ohne gesetzliche Bindungen – rund 0,7 Mrd. € Wertpapiervermögen – sofort aufgelöst werden sollten. Es sei generell fraglich, ob die Wirtschaftskammern mit den "Zwangsmitgliedschaftsgeldern" mit der notwendigen Sorgfalt umgehen, geben die NEOS zu bedenken, zumal im Jahr 2021 18,2 Mio. € an Wertpapierverlusten angefallen seien. Aus all diesen Gründen fordern sie eine rasche Senkung der Umlagen sowie eine entsprechende Anpassung der Vorgaben in den jeweiligen Kammergesetzen.

Im Konkreten müsse die für die Arbeiterkammer geltende Umlagen-Höchstgrenze von 0,5% auf 0,4% reduziert werden. Ein ähnlicher Antrag der NEOS zu diesem Punkt wurde dem Sozialausschuss zugewiesen. Verlangt wird außerdem eine Begrenzung der sogenannten Wirtschaftskammerumlage 2 (Teil der Lohnnebenkosten) mit 0,2% (2761/A(E)).

Lohnnebenkostensenkung soll Verhandlungsspielraum bei Lohnverhandlungen erhöhen

Die NEOS fordern mit einem Entschließungsantrag wiederholt eine Senkung der Lohnnebenkosten (2764/A(E)). Derzeit gebe es ein enormes Abgaben-Ungleichgewicht sowohl zwischen Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen als auch zwischen Arbeitnehmer:innen und Selbständigen bzw. Landwirt:innen, macht NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker geltend. Aktive Arbeitnehmer:innen – und dabei vor allem Vollzeitbeschäftigte – würden die Hauptlast des Sozialstaates tragen. Eine Lohnnebenkostensenkung würde seiner Meinung nach nicht nur die unter hohen Energiepreisen leidenden Unternehmen entlasten, sondern auch mehr Verhandlungsspielraum für die laufenden Lohnverhandlungen bringen.

Konkret gesenkt – oder gänzlich gestrichen – werden könnten Loacker zufolge vor allem nicht-arbeitnehmerbezogene Lohnnebenkosten, zu denen er etwa Beiträge zur Wohnbauförderung und zum Familienlastenausgleichsfonds, die Kommunalsteuer und die Wirtschaftskammerumlage 2 zählt. Auch bei den Unfallversicherungsbeiträgen sieht er Kürzungspotenzial. Insgesamt ortet er ein Entlastungsvolumen von 15 Mrd. €. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Sozialausschuss zugewiesen.

NEOS mahnt Reformpaket für Wirtschaftsstandort ein

Die NEOS fordern außerdem eine rasche Umsetzung angekündigter Reformvorhaben zur Stärkung des österreichischen Wirtschaftsstandortes samt Vorlage an den Nationalrat bis spätestens Ende 2022 (2765/A(E)). Die Bundesregierung habe schon oft Unterstützung oder Reformen versprochen. Die Umsetzung erfolge gelegentlich verspätet, in vielen Fällen jedoch gar nicht, wie etwa bei den wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Rahmen des EU-Aufbauplans zur pandemiebedingten Wirtschaftskrise, so die Kritik. Eine Reform des starren österreichischen Gesellschaftsrechts sei immer wieder versprochen worden. Ein Bericht des Wirtschaftsministeriums zu Start-ups zeige zudem, wie wenig Risikokapital in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten vorhanden sei. Aber auch dazu zeige sich kein Reformwille der Bundesregierung, so die NEOS.

Betreffend die steigenden Energiekosten bemängeln die NEOS, dass Gesetze "halb fertig" beschlossen und dem zuständigen Bundesminister weitreichende Kompetenzen bei der Festlegung von den Details erteilt würden, die dann aber sehr lange auf sich warten lassen – etwa beim Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz, beim Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz für Unternehmen oder bei der Einführung der CO2–Bepreisung. Auch bei der Stärkung des Eigenkapitals für Unternehmen, etwa durch fiktive Eigenkapitalzinsen, habe sich die Bundesregierung nicht über Details einigen können. Die NEOS hatten laut ihren Erläuterungen wiederholt die Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital im Sinne einer Stärkung der Resilienz österreichischer Unternehmen gefordert.

FPÖ will Volksbefragung zu Russland-Sanktionen

Eine bundesweite Volksbefragung für eine sofortige Beendigung der Sanktionen gegen die Russische Föderation fordert die FPÖ (2786/A(E)). Die Freiheitlichen sehen die Zustimmung in Österreich zu den verhängten Sanktionen "bröckeln" und verweisen auf negative Auswirkungen auf Österreich durch den Krieg in der Ukraine, aber auch durch die verhängten Sanktionen. Zudem würden diese den ursprünglichen Zweck nicht erfüllen und katastrophale Auswirkungen zeigen, die die heimische Bevölkerung tagtäglich in Form von ständig steigenden Preisen insbesondere am Energiesektor zu spüren bekomme. Die beschlossenen Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden aus Sicht der FPÖ nicht nur den momentanen Konflikt keineswegs lösen, sondern mit einem Bumerang-Effekt die eigene Wirtschaft und Versorgungslage treffen. Österreich sollte sich vielmehr als Vermittler anbieten, was voraussetze, einen gleichen Abstand gegenüber Washington und Moskau zu leben, so die weitere Stoßrichtung. (Schluss) mbu


Themen