Parlamentskorrespondenz Nr. 1081 vom 05.10.2022

Wirtschaftsausschuss gibt grünes Licht für Strompreisbremse

E-Control-Vorstände präsentieren Tätigkeitsbericht 2021

Wien (PK) – Die sogenannte "Strompreisbremse" hat heute den Wirtschaftsausschuss passiert. Damit kommt es zu einer befristeten Stützung der Stromkosten für Haushalte von bis zu 2.900 kWh pro Jahr. Zudem sollen einkommensschwache Haushalte einen Netzkostenzuschuss in der Höhe von 75% erhalten.

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen der E-Control-Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021 sowie drei Berichte von Energieministerin Leonore Gewessler zur Freigabe von österreichischen Pflichtnotstandsreserven zur Stabilisierung des Mineralölmarkts. Eine SPÖ-Forderung für eine Gas- und Strompreisgrenze sowie eine der FPÖ zum Aussetzen des Merit-Order-Prinzips zur Strompreisfestsetzung wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

"Strompreisbremse": Befristeter Strom- und Netzkostenzuschuss für Haushalte

Mit dem heute von ÖVP, FPÖ und Grünen mehrheitlich angenommenen Antrag der Regierungsparteien zur Einführung einer "Strompreisbremse" soll eine befristete Stromkostenförderung für Haushalte eingeführt werden (2827/A). Zum einen sollen durch einen Stromkostenzuschuss bis zu 2.900 kWh Strom pro Jahr vom Bund gestützt werden. Die Förderung soll von 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2024 automatisiert über den Stromlieferanten zur Anwendung kommen, wenn der Strompreis den unteren Schwellenwert von 10 Cent/kWh übersteigt. Jener Preisanteil, der darüber liegt, soll bis zu einem oberen Schwellenwert von 40 Cent/kWh bezuschusst werden. Zum anderen sollen einkommensschwache Haushalte zusätzlich zum Stromkostenzuschuss zwischen 1. Jänner 2023 und 30. Juni 2024 einen Netzkostenzuschuss in der Höhe von 75% erhalten. Die jährliche Höhe soll mit 200 € begrenzt und bei kürzeren Zeiträumen aliquotiert gedeckelt werden. Anspruchsberechtigt sollen jene Haushalte sein, die auch von der GIS-Gebühr befreit sind. Für die Stromkostenzuschüsse und Netzkostenzuschüsse sollen für das Jahr 2023 rund 2,73 Mrd. € und für das Jahr 2024 rund 1,09 Mrd. € budgetiert werden.

Es sei der Regierung wichtig gewesen, eine rasche und unkomplizierte Maßnahme zu setzen, betonte Energieministerin Leonore Gewessler. Daher werde die Maßnahme ohne jeglichen Antrag funktionieren.

Die Maßnahme werde nicht die Ursachen bekämpfen, kritisierte Petra Oberrauner (SPÖ) und forderte eine zusätzliche Berücksichtigung des Erdgases. Es würden 3-4 Mrd. € in die Hand genommen, wies Tanja Graf (ÖVP) die Vorwürfe eines "Trostpflasters" und einer "Mogelpackung" seitens der SPÖ zurück.

Mit der Strompreisbremse werde eine Energie-Grundsicherung geschaffen, die dazu führen würde, dass sich Haushalte hierzulande Strom leisten können, begrüßte Lukas Hammer (Grüne) die "sehr schnelle und wirksame" Maßnahme.

Als nicht richtige und "überbordende" Maßnahme, die auch einkommensstarke Haushalte fördere, hinterfragte auch Karin Doppelbauer (NEOS) das Paket.

E-Control-Tätigkeitsbericht 2021: Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, Netzreserve, Strom- und Gasversorgung sowie –preise im Fokus

In ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht 2021 (III-744 d.B.) setzt sich die E-Control mit den Entwicklungen auf den Energiemärkten, darunter auch den zum Teil massiven Preissteigerungen, auseinander und stellt auch das Monitoring des Endkundenmarktes ausführlich dar. Im Berichtsjahr stand außerdem der Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) im Vordergrund, der die E-Control vor neue Aufgaben stellt. Nach Inkrafttreten neuer Bestimmungen für eine Netzreserve Anfang 2021 sei auch die erste Beschaffung der Netzreserveleistung durchgeführt worden. In dem umfangreichen Bericht, der im Wirtschaftsausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde, werden darüber hinaus Entwicklungen im nationalen wie im Europarecht zusammengefasst, es wird über Tätigkeiten im Bereich Regulierung und Marktaufsicht berichtet und ein Überblick über das Spektrum der Services der E-Control gegeben.

Laut den beiden E-Control-Vorständen Alfons Haber und Wolfgang Urbantschitsch haben sich durch die vor 20 Jahren erfolgte Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes die Kund:innen jährlich 1,4 Mrd. € erspart. Das Wettbewerbsmodell sei aber nicht unbedingt für Krisenzeiten ausgelegt, so Urbantschitsch. Die aktuelle Krise sei entstanden, da der größte Gaslieferant am Markt die Mengen sukzessiv reduziert habe. Was die Versorgungssicherheit in Österreich betrifft, gehe er nicht von einem längeren Stromausfall aus, hielt Haber gegenüber Lukas Hammer (SPÖ) und Melanie Erasim (SPÖ) fest. Im Jahr 2021 hätten es Stromausfälle von durchschnittlich nur 23 Minuten gegeben. Auch für den kommenden Winter rechnet die Regulierungsbehörde nicht mit Problemen bei der Versorgungssicherheit mit Strom und Gas. Man evaluiere die Situation laufend und sei gut auf regionale Stromausfälle vorbereitet, so Haber.

Auf die Fragen zur Preisentwicklung am Strom- und Gasmarkt, antwortete Urbantschitsch, dass sich die aktuellen Großhandelspreise noch nicht bei den Endkund:innen widerspiegeln würden. Es sei auch nicht unbedingt notwendig, alles weitergeben zu müssen. Grundsätzlich habe man in den letzten Jahren einen "guten Preis" für Strom bezahlt, die jetzigen Preisanstiege seien jedoch viel zu hoch. Die positive Folge sei, "dass sich nun viel im Energieeffizienzbereich tut", so Vorstand Urbantschitsch gegenüber Christoph Stark (ÖVP).

Axel Kassegger (FPÖ) interessierte sich für die Einschätzung der E-Control zu einer nationalen Festsetzung des Strompreises, um die hohen Preisunterschiede innerhalb Österreichs auszugleichen. Eine innerstaatliche Regulierung sei aus EU-rechtlicher Sicht derzeit nicht möglich, informierte Urbantschitsch. Was die von Karin Doppelbauer angesprochene Reduzierung der Netzentgelte betrifft, sah der E-Control-Vorstand derzeit keinen Spielraum. Eine Verringerung für bestimmte Kund:innen, wie bei der geplanten Strompreisbremse angedacht, sei hingegen vorstellbar. Grundsätzlich würden rund 30% bis 50% der Netzentgelte für Instandhaltungskosten verwendet, der Rest fließe in den Netzausbau, ergänzte Alfons Haber. Beim Netzanschluss für Photovoltaikanlagen hätten sich die Anfragen vervierfacht, man sei dabei die Anschlussdauer zu verringern und habe bereits viele Problem beseitigen können, so Haber gegenüber Martin Litschauer (Grüne).

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen drei Berichte von Bundesministerin Leonore Gewessler zur Freigabe von österreichischen Pflichtnotstandsreserven zur Stabilisierung des Mineralölmarkts aufgrund der Ukraine-Krise sowie eines Zwischenfalls in der OMV-Raffinerie Schwechat (III-656 d.B., III-715 d.B. sowie III-749 d.B.). Die Berichte wurden teils einstimmig, teils mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Energieministerin Leonore Gewessler sprach von einer "Ultima Ratio", um die nötigen Reserven für einen angespannten Markt freizugeben. Die letzte Freigabe sei auf Wunsch der gesamten Branche, nicht der OMV alleine, erfolgt.

SPÖ fordert Gas- und Strompreisobergrenze

Von ÖVP und Grünen vertagt wurde ein Entschließungsantrag der SPÖ (2747/A(E)), in dem die rasche Einführung eines gestützten Gaspreises in der Höhe von maximal 50 € pro Megawattstunde auf europäischer Ebene gefordert wird. Zudem soll es zu Vorbereitungshandlungen für die nationale Einführung eines gestützten Gaspreises geben, falls es keine EU-Einigung geben sollte.

"Wenn wir nicht bald national Vorsorge treffen, stehen hunderttausende Arbeitsplätze am Spiel", betonte SPÖ-Abgeordneter Alois Schroll. Deutschland habe angekündigt, 200 Mrd. € für die Stützung des Gaspreises zu investieren, wenn Österreich hier nicht nachziehe, zeichne sich ein Wettbewerbsnachteil ab. Aktuell habe man das Problem der Gasknappheit, ein Gaspreisdeckel löse eine zusätzliche Nachfrage aus, was wiederum den Preis erhöhe, erwiderte Lukas Hammer (Grüne). Dem schloss sich Christoph Stark (ÖVP) an. Die Situation sei ernst und die Umsetzung eines Gaspreisdeckels schwierig, dafür brauche es einen Schulterschluss auf EU-Ebene.

"Wir brauchen uns vor Deutschland nicht verstecken", betonte Ministerin Gewessler. Bis jetzt habe man in Österreich mehr als 30 Mrd. € an Hilfen beschlossen. Für Gewessler sind in der aktuellen Situation drei Punkte zentral. Es gehe um die Sicherstellung der Versorgungssicherheit, den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien sowie um die Senkung des Gasverbrauchs.

FPÖ tritt für umgehendes Aussetzen des "Merit-Order-Prinzips"

Eine dringende Entkoppelung der Strom- von den Gaspreisen und somit ein Aussetzen des "Merit-Order-Prinzips" fordert die FPÖ in ihrem von den Koalitionsparteien vertagten Entschließungsantrag (2784/A(E)). In Krisenzeiten könne es nicht sein, dass günstig hergestellter Strom aus Wasserkraft, Solarenergie oder Wind zum selben Preis verkauft wird wie der aufgrund der Gaspreisexplosion viel teurer produzierte Strom, so die Freiheitlichen.

Lukas Hammer (Grüne) und Christoph Stark (ÖVP) sprachen sich gegen ein sofortiges Aussetzen des "Merit-Order-Prinzips" aus. Dies würde den Zusammenbruch der europäischen Energiesysteme bedeuten, so Hammer. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) med/pst