Parlamentskorrespondenz Nr. 1093 vom 06.10.2022

Aktuelle Aussprache mit Norbert Totschnig im Landwirtschaftsausschuss

Totschnig: Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln sowie Entlastung der Land- und Forstwirtschaft von zentraler Bedeutung

Wien (PK) – Die Herausforderungen der Teuerung, der neue GAP-Strategieplan sowie die Umsetzung des Tierwohlpakets waren einige der Themen, die heute die aktuelle Aussprache mit Minister Norbert Totschnig im Landwirtschaftsausschuss dominierten.

Aufgrund der multiplen Krisen seien die letzten Monate besonders herausfordernd gewesen, hielt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig in seinem Eingangsstatement fest. Dabei seien die Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln sowie die Entlastung der Land- und Forstwirtschaft in Folge der hohen Energie-, Dünge- und Futtermittelkosten, die zentralen Aspekte gewesen. Totschnig nannte in diesem Zusammenhang etwa das Versorgungssicherungspaket für die Landwirtschaft in der Höhe von 110 Mio. €, die Unterstützung des geschützten Anbaus (9 Mio. €), die Agrardieselrückvergütung sowie den geplanten Stromkostenzuschuss von 120 Mio. €. Zudem habe man den bereits von der EU-Kommission genehmigten GAP-Strategieplan vorgelegt. Was die Reformen im Bereich des Tierwohls betrifft, handle es sich um das größte Paket sei Inkrafttreten des Bundestierschutzgesetzes im Jahr 2005. Dieses garantiere den Betrieben Stabilität und Planungssicherheit in den nächsten Jahrzehnten, so der Landwirtschaftsminister.

Auch in der Diskussion mit den Abgeordneten standen die von Totschnig angesprochen Schwerpunkte im Zentrum. Angesichts der aktuellen Gasspeicherstände gehe er nicht von Energielenkungsmaßnahmen aus, so Totschnig gegenüber Karin Doppelbauer (NEOS). Sollte dies doch der Fall sein, sei bereits klargestellt, dass die Agrar- und Ernährungswirtschaft davon ausgenommen sei. Was den Fall einer Energielenkung in Deutschland betrifft, würden sich die Verhandlungen mit dem Nachbarland in der Endphase befinden, um negative Auswirkungen auf Österreich zu verhindern. Von Doppelbauer zum Stand der Dinge zur Richtlinie für Investitionsprämien für Biogas befragt, befindet sich diese laut Totschnig gerade in Ausarbeitung. Hier sei die Energiekrise "dazwischen gekommen".

Olga Voglauer (Grüne) und Andreas Kühberger (ÖVP) fragten nach einer Einschätzung zu den von der Bundesregierung bisher getroffenen Entlastungsmaßnahmen für die Landwirtschaft. Man versuche die Kostensteigerungen bestmöglich zu kompensieren, "alles ist jedoch nicht möglich", so der Ressortchef. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern habe man rasch und unbürokratisch geholfen. Eine Übersicht über die ökonomischen Auswirkungen werde der nächstjährige Grüne Bericht liefern.

GAP-Strategieplan, Einkommen in der Landwirtschaft

Was den neuen GAP-Strategieplan betrifft, gehöre Österreich zu den ersten neun EU-Ländern, die eine Freigabe seitens der Europäischen Kommission erhalten hätten, informierte Totschnig ÖVP-Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger. In der mit 2023 beginnenden neuen GAP-Periode stünden jährlich insgesamt 1,8 Mrd. € für die österreichische Forst- und Landwirtschaft sowie für den ländlichen Raum zur Verfügung. Davon seien erstmals 40% für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen. Laut Peter Schmiedlechner (FPÖ) gehen die GAP-Maßnahmen jedoch an den Landwirt:innen vorbei. Der FPÖ-Mandatar plädierte etwa für eine Indexanpassung der EU-Mittel. Man starte nun eine "Versorgungssicherungstour" seitens des Landwirtschaftsministeriums, um eine größtmögliche Teilnahme der Betriebe an der neuen GAP sicherzustellen, erwiderte Totschnig. Durch den auf EU-Ebene beschlossenen 7-jährigen Finanzrahmen sei eine jährliche Indexierung nicht möglich. Man versuche aber mit dem nationalen Budget, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft zu gewährleisten.

Auch für Frauen sei eine "breite Palette an Fördermitteln" im Rahmen der neuen GAP-Periode vorgesehen, betonte der Landwirtschaftsminister gegenüber Petra Tanzler (SPÖ). Von zentraler Bedeutung sei die Förderung der Kinderbetreuung, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Die SPÖ-Abgeordnete hatte von einer Reduzierung der Fördermittel für ländliche Regionen gesprochen und diese als großen Fehler bezeichnet.

Cornelia Ecker (SPÖ) interessierte sich für die gesetzten Maßnahmen zur Verringerung der immer größer werdenden Einkommensschere zwischen großen und kleinen landwirtschaftlichen Betrieben. Im EU-Vergleich gebe es in Österreich eine historisch gewachsene kleinstrukturierte Landwirtschaft, so würden über 50% der Betriebe im Nebenerwerb geführt, antwortete Totschnig. In der neuen GAP-Periode würden etwa 35 Mio. € mehr an Fördermitteln zur Verfügung stehen und vor allem kleine Betriebsstrukturen von den Umverteilungszahlungen profitieren. Auch bei der Bergbauernförderung gelte das Motto "Je größer die Benachteiligung – desto größer die Unterstützung". Grundsätzlich gehe es darum, die Bauern und Bäuerinnen bei der Modernisierung, Professionalisierung sowie bei der Vermarktung zu unterstützen. Ziel sei es, Österreich als "Feinkostladen Europas" zu positionieren. Durch Produktveredelung und Bewerbung heimischer und regionaler Produkte könnten zusätzliche Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden, so der Landwirtschaftsminister.

Auswirkungen des Tierwohlpakets

Das Verbot von Vollspaltböden in der Schweinehaltung bis Ende 2039 sei "eine riesige Herausforderung" und bedeute hohe Investitionskosten für die Betriebe, hielt Totschnig gegenüber Katharina Werner (NEOS) und Johann Höfinger (ÖVP) fest, die nach den Auswirkungen des Tierwohlpakets gefragt hatten. Damit herrsche nun Planungssicherheit. Um die Landwirt:innen am Weg zu mehr Tierwohl zu unterstützen, habe man jährlich eine Investitionsförderung von 120 Mio. € vorgesehen. Die neuen Förderstandards würden zudem mehr Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere vorschreiben. Mit den weiteren im Tierschutzpaket getroffenen Maßnahmen, wie der Abschaffung der dauernden Anbindehaltung von Rindern ab 2030 oder der Einschränkung des Kupierens von Ferkelschwänzen, liege man gemeinsam mit Schweden und Finnland im Spitzenfeld Europas, so der Minister.

Was den zuletzt bekannt gewordenen Tierhaltungsskandal in Niederösterreich betrifft, sprach Totschnig von untragbaren Zuständen und einem "bedauernswerten Einzelfall". Martin Litschauer (Grüne) hatte nach den Auswirkungen gefragt. Grundsätzlich braucht es laut dem Landwirtschaftsminister verstärkte Anstrengungen bei der Bewusstseinsbildung sowie eine verstärkte Kontrolltätigkeit. Im neuen ÖPUL-Programm sei dies bei den an Tierwohlprogrammen teilnehmenden Betrieben vorgesehen. Bereits jetzt würden Verstöße zu Verwaltungsstrafen und Kürzungen der Direktzahlungen führen.

Weitere Themen: Biologische Landwirtschaft, Waldfonds, rechtliche Fragen

Clemens Stammler (Grüne) kam auf die Situation der heimischen Bio-Landwirtschaft zu sprechen. So würden aktuell die Preise der konventionellen Lebensmittel stärker steigen, da dort mehr Energie oder Kunstdünger eingesetzt werden müssen. Die Zahlen beim "Bioabsatz" seien "einzigartig" und würden in die richtige Richtung gehen, unterstrich der Ressortchef. Trotz Teuerung sei eine stabile Entwicklung am Bio- und Prämienmarkt festzustellen. Im ersten Halbjahr 2022 habe sich der Absatz um 12% gesteigert.

Der Waldfonds sei nicht für die Stützung des Holzpreises, sondern für die Abgeltung von Schäden sowie für die Wiederaufforstung und klimafitte Wälder gedacht, betonte Minister Totschnig gegenüber Klaus Köchl (SPÖ). Österreich habe im europäischen Vergleich eine besonders nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Waldflächen würden stetig zunehmen. Dies sei unter anderem für das Erreichen der heimischen Klimaziele von großer Bedeutung.

Neben den Fragen aus dem Arbeitsbereich des Ministers, brachte Gerald Hauser (FPÖ) noch die Frage auf, ob der Minister seitens des Bundespräsidenten formalrechtlich richtig angelobt wurde, da es danach durch die Änderungen im Bundesministeriengesetz zu Kompetenzverschiebungen gekommen sei. So ist Totschnig laut Hauser etwa nicht als Minister für Wasserwirtschaft "bestallt". Der Landwirtschaftsminister sah keinen Grund für eine nochmalige Angelobung, hier bestehe Rechtssicherheit. Das sei seitens der Expert:innen der Präsidentschaftskanzlei sowie des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt bestätigt worden. (Fortsetzung Landwirtschaftsausschuss) med