Parlamentskorrespondenz Nr. 1097 vom 07.10.2022

Parlament: TOP im Nationalrat am 12. Oktober 2022

Budgetrede, Abschaffung der kalten Progression, Pensionsanpassung, Valorisierung von Sozialleistungen, Energiekostenzuschuss für Betriebe

Wien (PK) – Mit der Budgetrede von Finanzminister Magnus Brunner starten die parlamentarischen Beratungen über den Bundesvoranschlag 2023 und den neuen Bundesfinanzrahmen. Gleichzeitig stehen zahlreiche budgetwirksame Gesetzesvorhaben wie die Abschaffung der kalten Progression bei der Lohn- und Einkommensteuer, die künftig automatische Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen, neuerliche Einmalzahlungen für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen, die außertourliche Erhöhung der Ausgleichszulage und die konkrete Ausgestaltung des Energiekostenzuschusses für Unternehmen zur Diskussion. Auch über eine befristete Wiedereinführung eines Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit, Adaptierungen im Urlaubsgesetz, eine verlängerte Frist für die Einreichung von Energiegutscheinen und Vorlagen aus dem Gesundheitsbereich werden die Abgeordneten beraten. Eine Aktuelle Stunde findet in dieser Sitzung nicht statt.

Erste Budgetrede von Finanzminister Brunner

Am Beginn der für 10.00 Uhr anberaumten Sitzung wird Finanzminister Magnus Brunner eine Erklärung zum von der Regierung vorgelegten Budget 2023 und zum neuen Bundesfinanzrahmen abgeben. Es ist die erste Budgetrede Brunners, nachdem er das Amt des Finanzministers erst im Dezember des vergangenen Jahres übernommen hat. Eine Debatte darüber ist nicht vorgesehen, sie wird traditionsgemäß erst am nächsten Tag in Form einer Ersten Lesung erfolgen. Endgültig vom Nationalrat beschlossen werden soll das Budget für das kommende Jahr am 17. November, davor sind noch eingehende Ausschuss- und Plenarberatungen vorgesehen.

Abschaffung der kalten Progression

Mit dem "Teuerungs-Entlastungspaket Teil II", das im Finanzausschuss mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ angenommen wurde, soll die kalte Progression im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer ab 2023 weitgehend abgeschafft werden. Das soll zum einen durch eine automatische jährliche Anpassung der Tarifstufen und diverser Steuerabsetzbeträge um zwei Drittel der jeweiligen Inflationsrate und zum anderen durch weitere Entlastungsmaßnahmen im Umfang des verbleibenden Drittels erfolgen.

Für das Jahr 2023 bedeutet das eine automatische Anhebung der Einkommensgrenzen im Lohn- und Einkommensteuerrecht um 3,46%, wobei die Regierungsparteien für die beiden untersten Tarifstufen eine außertourliche Anhebung um insgesamt 6,3% zur Abfederung der aktuellen Teuerung vereinbart haben. Weiters wird das variable Entlastungsdrittel dafür genutzt, verschiedene Absetzbeträge wie den Alleinverdienerabsetzbetrag und den Pensionistenabsetzbetrag um die volle Inflationsrate von 5,2% (statt 3,46%) anzuheben.

Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds von 3,9% auf 3,7% zu senken sowie die Besteuerungsgrenzen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft zum Teil deutlich zu erhöhen. So wird etwa die Umsatzgrenze für die steuerliche Pauschalierung von landwirtschaftlichen Betrieben von 400.000 € auf 600.000 € angehoben und die Einnahmengrenze für landwirtschaftliche Nebentätigkeiten auf 45.000 € - statt wie bisher 40.000 € - hinaufgesetzt. Auch die Einnahmengrenze für die Teilpauschalierung wird erhöht.

Obwohl mit der Abschaffung der kalten Progression eine zentrale Forderung der NEOS umgesetzt wird, stimmten diese im Ausschuss nicht zu und stellten einen Abänderungsantrag im Plenum in Aussicht. Aus Sicht der SPÖ fehlt es an konkreten Regelungen für das restliche Drittel ebenso wie an einer Gegenfinanzierung.

Fristverlängerung für Energiekostenausgleich bis Ende Oktober 2022

Die Frist für Anträge für den Energiekostenausgleich soll bis 31. Oktober 2022 verlängert werden, um mehr Personen die Möglichkeit zu geben, die Gutscheine in der Höhe von 150 € einzureichen. Nach derzeitiger Rechtslage ist die Frist dafür Ende August 2022 abgelaufen. Über 2,6 Millionen Gutscheine wurden bereits beantragt, stellen ÖVP und Grüne in ihrer Initiative dar. Insgesamt sind im Rahmen des Energiekostenausgleichs rund vier Millionen Gutscheine ausgeschickt worden. Diese können beim jeweiligen Stromanbieter eingereicht werden und reduzieren die Jahresabrechnung. Zudem soll auch die Frist für die Vorlage der Daten zur Einlösung auf 31. März 2023 verschoben werden.

Pensionen: Neuerliche Einmalzahlung und höhere Ausgleichszulage

Um die aktuelle Teuerung abzufedern, schlagen die Koalitionsparteien vor, Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen über die allgemeine Pensionserhöhung von 5,8% hinaus im kommenden Jahr wieder eine Einmalzahlung von bis zu 500 € zu gewähren. Zudem wird die Ausgleichszulage außertourlich um 20 € erhöht und somit mit Jahresbeginn um insgesamt 80 € bzw. 7,74% auf knapp über 1.110 € steigen. Paaren stehen künftig 1.751,56 € zu. Bezieher:innen besonders hoher Pensionen werden hingegen Abstriche bei der Inflationsabgeltung hinnehmen müssen.

Die Einmalzahlung soll im März ausgezahlt werden und ist nach Pensionshöhe gestaffelt. Den Maximalbetrag von 500 € bekommen demnach jene Pensionist:innen, die über eine monatliche Bruttopension zwischen 1.667 € und 2.000 € verfügen. Bei darüber liegenden Pensionen sinkt die Einmalzahlung bis zu einer monatlichen Gesamtpension von 2.500 € linear auf null ab. Wer weniger als 1.667 € Bruttopension bezieht, erhält einmalig 30% dieses Betrags überwiesen. Voraussetzung ist stets ein Hauptwohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt im Inland. Die Einmalzahlung ist steuer- und abgabenfrei und darf weder auf die Sozialhilfe angerechnet noch gepfändet werden.

Ab einem Gesamtpensionseinkommen von 5.670 € sieht der Gesetzesantrag eine Deckelung der Pensionserhöhung mit knapp 329 € vor. Das betrifft insbesondere hohe Beamt:innenpensionen und Sonderpensionen. Ein ergänzender Gesetzesantrag soll dabei sicherstellen, dass der Deckel auch Sonderpensionen im Kompetenzbereich der Länder umfasst. Dieser Antrag benötigt im Plenum eine Zweidrittelmehrheit, die angesichts der Zustimmung der FPÖ und der NEOS im Ausschuss sichergestellt sein dürfte.

Vorschläge der Opposition zum Bereich Pensionen

Insgesamt ließ die Opposition am Pensionspaket im Sozialausschuss allerdings kaum ein gutes Haar. So halten sowohl die SPÖ als auch die FPÖ die Pensionserhöhung angesichts der aktuellen Teuerung für unzureichend. Als Alternative schlägt die SPÖ in einem Entschließungsantragvor, für die jährliche Pensionserhöhung ab kommendem Jahr nicht mehr die durchschnittliche Jahresinflation zum Stand Ende Juli des Vorjahres als Referenzwert heranzuziehen, sondern jene von Dezember. Das würde ihren Berechnungen nach für 2023 eine Pensionserhöhung von voraussichtlich 8,4% – anstelle der vorgesehenen 5,8% – ergeben. Die FPÖ drängt mit Hinweis auf die Preisentwicklung im Warenkorb für Pensionist:innen gar auf eine Pensionserhöhung von mindestens 10% und fordert auch eine Wiedereinführung der sogenannten "Hacklerregelung". Um dem aktuellen Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, spricht sich die FPÖ in einem weiteren Antrag überdies dafür aus, Zuverdienst-Modelle für Pensionist:innen durch den Abbau bürokratischer und finanzieller Hürden attraktiver zu machen.

Die NEOS zeigten sich im Ausschuss zwar erleichtert, dass die ihrer Meinung nach "absurden" Forderungen der Seniorenvertreter:innen nicht aufgegriffen wurden, gänzlich zufrieden sind aber auch sie mit dem von den Regierungsparteien vorgelegten Pensionspaket nicht. Geht es nach ihnen, soll in Österreich eine Flexipension mit Pensionsautomatik nach skandinavischem Vorbild eingeführt werden. Sind die Einzahlungen ins Pensionssystem niedriger als die Auszahlungen, soll demnach an bestimmten Stellschrauben wie dem Pensionsantrittsalter oder einer geringeren Pensionsanpassung gedreht werden.

Regelmäßige Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen

Schon derzeit wird das Pflegegeld jährlich an die Inflationsrate angepasst, künftig soll das gemäß dem von der Regierung vorgelegten "Teuerungs-Entlastungspaket III" und einer begleitenden Gesetzesnovelle auch für viele weitere Sozial- und Familienleistungen wie die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld und die Studienbeihilfe gelten. Diese werden im kommenden Jahr damit voraussichtlich um 5,8% steigen. Auch der Mehrkindzuschlag, der Kinderabsetzbetrag, die Schülerbeihilfen, das Schulstartgeld, die Unterstützungsleistung für den "Papamonat" (Familienzeitbonus), das Rehabilitationsgeld, das Wiedereingliederungsgeld und das Umschulungsgeld sind vom Vorhaben umfasst. Für das Krankengeld wird eine entsprechende Option geschaffen.

Darüber hinaus sieht das Gesetzespaket einige weitere Entlastungsmaßnahmen vor. So werden die Schülerbeihilfen rückwirkend mit September 2022 deutlich erhöht, die Unterstützungsleistung für den sogenannten "Papamonat" künftig nicht mehr auf das Kinderbetreuungsgeld angerechnet und die allgemeine Zuverdienstgrenze für Bezieher:innen von Kinderbetreuungsgeld auf 18.000 € angehoben. Zudem soll das an die Familienbeihilfe gekoppelte Schulstartgeld von 100 € in Hinkunft bereits im August – statt wie derzeit im September – ausgezahlt werden. Die jährliche Inflationsanpassung der Leistungen erfolgt grundsätzlich jeweils im Jänner, lediglich für die Studienbeihilfe und die Schülerbeihilfen ist der maßgebliche Monat der September.

Das Gesetzespaket erhielt im Sozialausschuss auch die Zustimmung von SPÖ und FPÖ. Die SPÖ sieht es allerdings kritisch, dass das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe nicht valorisiert werden und warnt in diesem Zusammenhang vor Armut. Auch die NEOS bewerten das Vorhaben grundsätzlich positiv, lehnen einzelne Punkte wie die Valorisierung des Rehabilitationsgeldes jedoch ab und wollen daher im Plenum getrennt darüber abstimmen.

Teuerungsausgleich, Preisdeckel, CO2-Abgabe und Russland-Sanktionen

Mit dem Teuerungs-Entlastungspaket III mitverhandelt werden je ein Antrag der SPÖ und der FPÖ, die aller Voraussicht nach jedoch keine Mehrheit finden werden. Der SPÖ geht es dabei um eine Reparatur des Pensionsgesetzes, um pensionierte Landes- und Gemeindebedienstete in Bezug auf die Steuerbefreiung und Unpfändbarkeit von Einmalzahlungen als Ersatz für den Teuerungsabsetzbetrag nicht zu benachteiligen. Sowohl Grüne als auch ÖVP halten die beantragte Gesetzesänderung allerdings nicht für erforderlich, da sie keine Benachteiligung der betroffenen Personengruppe erkennen können. Vielmehr könnte die von der SPÖ angestrebte Gesetzesänderung zu einer doppelten Begünstigung führen, meinen sie.

Die FPÖ schlägt in Reaktion auf die aktuelle "Kostenlawine" zahlreiche Maßnahmen vor, um die Bevölkerung zu entlasten. Die Palette der Forderungen reicht dabei von einer Halbierung der Steuer auf Benzin und Diesel über eine Abschaffung der CO2-Abgabe und die Gewährung eines bundesweiten Heizkostenzuschusses für bedürftige Personen bis hin zur Einführung von Preisdeckeln für Sprit und Grundnahrungsmittel. Einmal mehr drängt die FPÖ außerdem auf die Aufhebung all jener Sanktionen gegen Russland, die negative finanzielle Auswirkungen auf Österreicher:innen zeitigen. Über die FPÖ hinaus erhielt der Antrag im Sozialausschuss allerdings keine Unterstützung.

Kleine Sozialversicherungsnovelle

Eine von ÖVP und Grünen beantragte kleinere Sozialversicherungsnovelle hat zwei Intentionen. Zum einen geht es den Koalitionsparteien darum, dass der im Juli beschlossene Teuerungsausgleich für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen von bis zu 500 € nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird und somit etwa eine allfällige Wohnbeihilfe nicht schmälert. Zum anderen soll die im Zuge der Sozialversicherungsreform eingeführte Pflicht für Versicherungsvertreter:innen, vor ihrer Entsendung in einen Verwaltungskörper eine Informationsveranstaltung des Dachverbands zu besuchen, adaptiert werden. Künftig wird es demnach ausreichen, wenn der Nachweis innerhalb von zwölf Monaten nach der Entsendung erbracht wird. Damit wollen die Koalitionsparteien sicherstellen, dass die Verwaltungskörper nach dem Ausscheiden eines Mitglieds rasch wieder vollzählig besetzt werden können.

Die Initiative hat im Sozialausschuss auch die Zustimmung von SPÖ und FPÖ erhalten. Die NEOS kritisierten hingegen, dass die Auflagen für Funktionär:innen der Sozialversicherungen trotz eines kritischen Rechnungshofberichts weiter gelockert werden.

Abgeltung für COVID-19-Tests in Ordinationen

Zwei weitere Sozialversicherungsnovellen, für die der Gesundheitsausschuss grünes Licht gegeben hat, stehen in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Zum einen geht es darum, analog zum ASVG Honorarbestimmungen aus dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz und dem Beamten‑Kranken- und Unfallversicherungsgesetz zu streichen, die durch die Abschaffung der Impfpflicht obsolet geworden sind. Das betrifft etwa die Ausstellung von Bestätigungen für Schwangere über das Vorliegen eines Ausnahmegrundes von der COVID-19-Impfpflicht. Für die Ausstellung von COVID-19-Risikoattesten für Personen, die aus medizinischen Gründen nicht gegen COVID-19 geimpft werden und mittels Antikörperpräparaten nicht ausreichend geschützt werden können, wird der Bund die Kosten hingegen weiterhin bis Ende 2022 tragen.

Darüber hinaus sollen Ärzt:innen im niedergelassenen Bereich bis Ende des Jahres auch für Beratungen über den Einsatz von Medikamenten gegen COVID-19 sowie für die Durchführung von Antigen-Tests bei Risikopatient:innen, die am gleichen Tag einen Behandlungstermin in der Ordination haben, ein Honorar erhalten, wobei dafür 12 € bzw. 25 € vorgesehen sind.

Entschädigung für Corona-Maßnahmen

Mit den beiden Gesetzesinitiativen der Koalitionsparteien mitverhandelt werden drei Anträge der FPÖ zum Thema COVID-19, die im Gesundheitsausschuss jedoch keine Mehrheit erhielten. Gefordert werden darin bundesweit kostenlose Antikörpertests, Entschädigungszahlungen an Personen, denen die Corona-Maßnahmen finanziell und psychisch geschadet haben, und die Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes. Letzterem Antrag stimmten neben den Freiheitlichen auch die NEOS zu, da sie Zwangsmaßnahmen zur Pandemiebekämpfung für nicht mehr gerechtfertigt halten.

E-Dokumentation von Corona-Impfungen

ÖVP, Grüne, FPÖ und NEOS brachten gemeinsam eine Novelle zum Gesundheitstelematikgesetz auf den Weg, die es Apotheken und Hebammen erlaubt, verabreichte und schriftlich dokumentierte Impfungen im elektronischen Impfpass (eImpfpass) nachzutragen. Die zulässige Zugriffsdauer von Apotheken auf das Zentrale Impfregister soll in diesem Zusammenhang auf 28 Tage verlängert werden.

Anpassungen im Zahnärztegesetz

Einstimmig sprach sich der Gesundheitsausschuss für von der Regierung vorgeschlagene Anpassungen im Zahnärztegesetz und im Zahnärztekammergesetz aus, die aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs nötig wurden. Die Bundesländer waren nicht ausreichend in die Übertragung bestimmter Aufgaben an die Österreichische Zahnärztekammer eingebunden gewesen und verlangen nunmehr, im Sinne der Qualitätssicherung Daten aus der Zahnärzteliste übermittelt zu erhalten.

Musiktherapie in Krankenhäusern

Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS sprach sich der Gesundheitsausschuss dafür aus, Musiktherapie in den heimischen Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäusern zu verankern. Per Entschließungsantrag wird Gesundheitsminister Johannes Rauch aufgefordert, diese Maßnahme im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit zu etablieren und zumindest in speziellen Fällen eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen zu prüfen. Auch eine Stärkung des gesetzlich anerkannten Berufsbildes Musiktherapie sowie die Aufnahme der Musiktherapeut:innen in die Strukturpläne Gesundheit wird darin gefordert.

1,3 Mrd. € Energiekostenzuschuss für Unternehmen

Mit einem Gesetzesantrag der Koalitionsparteien sollen der vor dem Sommer beschlossene Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen ausgeweitet und die Förderbedingungen präzisiert werden. Anstelle von 450 Mio. € will die Regierung demnach bis zu 1,3 Mrd. € zur Verfügung stellen, um anfallende Mehrkosten für Treibstoff, Strom und Gas teilweise zu kompensieren und die Liquidität der Unternehmen aufrechtzuerhalten. Beantragt werden kann der Zuschuss von Betrieben, deren Energiekosten mindestens drei Prozent ihres Umsatzes betragen, wobei diese Drei-Prozent-Hürde für kleine Betriebe mit weniger als 700.000 € Jahresumsatz nicht gilt, wie der zuständige Minister Martin Kocher im Wirtschaftsausschuss erklärte. Geltend gemacht werden können Mehrkosten vorläufig für den Zeitraum 1. Februar bis 30. September 2022. In Aussicht genommen sind vier Förderstufen, wobei in der Basisstufe 1 die Preisdifferenz zwischen 2021 und 2022 mit 30% gefördert wird.

Härtefallfonds: Informationsfluss soll verbessert werden

Um den Datenaustausch zum Härtefallfonds zu verbessern, liegt eine Novelle der Koalitionsparteien zum Härtefallfondsgesetz vor. Personen, die in mehrfach geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen standen, sowie fallweise Beschäftigte, die nach der Richtlinie des Sozialministeriums eine Förderung nach dem Härtefallfondsgesetz erhalten können, sollen möglichst umfassend informiert werden. Dazu wird die Datenübermittlung durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger an die gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer:innen ermöglicht. Sichergestellt werden soll außerdem die Datenübermittlung auch nach Jahresende. Die Novelle wurde vom Wirtschaftsausschuss mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, FPÖ und SPÖ gebilligt.

Neue Aufgaben für das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

Zwei Gesetzesvorlagen, die in Zusammenhang mit EU-Recht stehen, sehen für das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) künftig die Bündelung der Marktüberwachungsvollzugsagenden für eine breite Palette technischer Produkte vor. Die Sammelnovelle wurde im Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen beschlossen. Des Weiteren soll in der Behörde eine zentrale Verbindungsstelle entsprechend den EU-Vorgaben sowie eine Zertifizierungsstelle für Atemschutzmasken eingerichtet werden. Diese Vorlage passierte den Ausschuss einstimmig. Als zentrale Verbindungsstelle soll dem BEV etwa die Koordination und Vertretung nationaler Positionen der Marktüberwachung sowie die Unterstützung von grenzüberschreitenden Amtshilfeverfahren zukommen.

Gewerbelegitimation im Scheckkartenformat

Mitverhandelt mit diesen beiden Gesetzesvorlagen wird eine ebenfalls von der Regierung vorgeschlagene Gewerbeordnungsnovelle. Die von bestimmten Berufsgruppen mitzuführende Gewerbelegitimation soll demnach künftig als zeitgemäße Scheckkarte und nicht mehr auf Leinenpapier ausgestellt werden. Für die betroffenen Gruppen, wie etwa Fremdenführer:innen, Berufsdetektiv:innen und Handlungsreisende bei "Haustürgeschäften", wird außerdem die Gültigkeit auf zehn Jahre befristet. Den Antragsteller:innen sollen für die Ausstellung keine Kosten anfallen. Außerdem soll die Gewerbelegitimationen-Verordnung, die die Details regelt, neu erlassen werden. Damit sollen unter anderem die Gestaltungsmerkmale und Fälschungssicherheitsmerkmale und die Einzelheiten des Ausstellungsverfahrens geregelt werden. Das Gesetz wurde im Ausschuss einstimmig beschlossen und von allen Fraktionen begrüßt.

Forderung nach Volksbefragung zu Russland-Sanktionen

Abgelehnt wurde im Wirtschaftsausschuss eine Forderung der FPÖ, die sich erneut für eine Volksbefragung zur Fortsetzung der Russland-Sanktionen stark machte. Die Freiheitlichen verwiesen auf negative Auswirkungen für Österreich durch den Krieg in der Ukraine, aber auch durch die verhängten Sanktionen. Diese würden den ursprünglichen Zweck nicht erfüllen und "katastrophale" Auswirkungen haben. Die ÖVP hielt dem entgegen, dass die Sanktionen Russland deutlich stärker treffen würden als Österreich. Bei der Abstimmung fand die FPÖ keine Zustimmung anderer Fraktionen.

Umsetzung eines EuGH-Urteils in Bezug auf Urlaubsersatz

Mit einer Novellierung des Urlaubsgesetzes, des Landarbeitsgesetzes und des Heimarbeitsgesetzes wollen die Koalitionsparteien eine EuGH-Entscheidung vom November 2021 und ein darauf basierendes OGH-Urteil vom Februar 2022 umsetzen. Demnach soll künftig auch Arbeitnehmer:innen, die ihr Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig beendet haben, eine finanzielle Ersatzleistung für nicht verbrauchten Urlaub zustehen. Für das aktuelle Urlaubsjahr wird diese Bestimmung allerdings auf den EU-weit vorgeschriebenen Mindesturlaub von vier Wochen beschränkt sein. Damit wird es für die fünfte und sechste Urlaubswoche im Austrittsjahr in den genannten Fällen weiterhin keinen Ersatzanspruch geben. Nach Meinung von SPÖ und FPÖ hätte man durchaus auch eine andere Lösung finden können, sie lehnten den Gesetzentwurf im Sozialausschuss daher ab.

Forderung nach Senkung der Lohnnebenkosten

Wenig Aussicht auf Erfolg hat ein Antrag der NEOS, der auf eine Senkung der Lohnnebenkosten abzielt. Insgesamt orten sie ein Entlastungsvolumen von 15 Mrd. €, wobei ihrer Meinung nach vor allem arbeitnehmer:innenbezogene Lohnnebenkosten wie Wohnbauförderungsbeitrag, Kommunalsteuer und Wirtschaftskammer-Umlage 2 gesenkt oder gänzlich gestrichen werden könnten. Eine Lohnnebenkostensenkung würde nicht nur die unter hohen Energiepreisen leidenden Unternehmen entlasten, sondern auch mehr Verhandlungsspielraum für die laufenden Lohnverhandlungen bringen, argumentieren sie, konnten sich mit ihrem Anliegen im Sozialausschuss aber nicht durchsetzen. Zwar stehen die Regierungsparteien einer Lohnnebenkostensenkung nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, die Grünen hoben aber die Notwendigkeit alternativer Finanzierungsquellen hervor.

Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit bis Jahresende

Mit der von den Koalitionsparteien vorgeschlagenen Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes soll ein neuerlicher Rechtsanspruch auf bis zu drei Wochen Sonderbetreuungszeit für Eltern betreuungspflichtiger Kinder eingeführt werden, wenn sich die Kinder mit dem Coronavirus infiziert haben und aufgrund geltender Verkehrsbeschränkungen die Schule, den Kindergarten oder eine andere Kinderbetreuungseinrichtung nicht besuchen können. Das betrifft gemäß den Erläuterungen derzeit Kinder in Volksschulen, aber etwa auch in Krabbelstuben und bei Tageseltern. Auch im Falle einer behördlichen Schließung von Klassen oder Kindergruppen – diesfalls auch für ältere Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr – sowie im Falle einer notwendigen Betreuung von Menschen mit Behinderung soll der erneute Rechtsanspruch greifen. Die Bestimmungen sollen rückwirkend mit Schulbeginn (5. September) in Kraft treten und bis zum Ende des laufenden Jahres gelten. Arbeitgeber:innen erhalten die Kosten für die Freistellung ihrer Mitarbeiter:innen – wie bereits in den vergangenen Phasen der Sonderbetreuungszeit – aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds ersetzt.

Neben ÖVP und Grünen stimmte auch die SPÖ dem Gesetzentwurf im Sozialausschuss zu, wiewohl sie die ständige Unsicherheit für betroffene Eltern durch rückwirkende Beschlüsse kritisierte. Sie konnte sich mit zwei eigenen Entschließungsanträgen, die auch im Plenum zur Diskussion stehen werden, aber nicht durchsetzen. Zum einen treten die Sozialdemokrat:innen für eine unbefristete Verlängerung der Sonderbetreuungszeit ein, zum anderen fordern sie weiterhin eine Ausweitung des Anspruchs auf Sonderbetreuungszeit für Eltern von (Hoch)-Risikokindern mit Vorerkrankungen.

Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zur Vermeidung von Härtefällen

Ziel einer von ÖVP und Grünen beantragten Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ist eine Vermeidung von Härtefällen infolge aufgedeckter Schwarzarbeit. Gemäß aktueller Rechtslage werden sowohl der betroffene Betrieb als auch die betroffenen ausländischen Beschäftigten für ein Jahr für weitere Bewilligungen gesperrt, wenn sie mehr als einmal ohne aufrechte Beschäftigungsbewilligung wie etwa eine Rot-Weiß-Rot-Karte ertappt wurden. Dabei werde weder auf die Art und Dauer der Verfehlung noch auf den Grad des Verschuldens Rücksicht genommen, heißt es in den Erläuterungen. Künftig soll dieser Automatismus fallen und dem AMS ein gewisser Spielraum bei minderschweren Gesetzesverletzungen eingeräumt werden. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin glaubhaft machen kann, dass konkrete Maßnahmen ergriffen wurden, um weitere Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz zu verhindern.

Zustimmung erhielt das Vorhaben im Sozialausschuss auch von den NEOS. SPÖ und FPÖ kritisierten hingegen, dass damit ein "Freibrief" für weitere Verfehlungen ausgestellt werde.

Zugangsbeschränkungen zum österreichischen Arbeitsmarkt

Die FPÖ nimmt den Umstand, dass der Anteil ausländischer Schulungsteilnehmer:innen an AMS-Schulungen bereits über 50% liegt, zum Anlass, um erneut sektorale Zugangsbeschränkungen zum österreichischen Arbeitsmarkt für ausländische Arbeitskräfte – inklusive EU-Bürger:innen – zu fordern. Sie befürchtet eine Verdrängung heimischer Arbeitnehmer:innen aus dem Arbeitsmarkt und eine sich in Folge der Corona-Krise und des Ukraine-Krieges weiter verfestigende strukturelle Langzeitarbeitslosigkeit. Die ÖVP hielt dem im Sozialausschuss entgegen, dass Integration nur durch Arbeit und Spracherwerb gelingen könne. Auch die anderen Fraktionen lehnten die Initiative ab.

Absenkung der Kammerbeiträge, Kollektivvertrag für die Arbeiterkammer

Am Ende des Blocks über Vorlagen aus den Bereichen Arbeit und Soziales stehen zwei Anträge der NEOS, die die Wirtschafts- und die Arbeiterkammer betreffen. Zum einen geht es den NEOS darum, die Kammerbeiträge zu senken, zum anderen drängen sie in Anlehnung an Empfehlungen des Rechnungshofs auf die Schaffung eines Kollektivvertrags für die Arbeiterkammern. Angesichts der hohen Rücklagen der Kammern sei eine Beitragssenkung der Umlagen geboten, argumentieren sie. Zudem gilt es aus ihrer Sicht, "Traumgehältern" und "üppigen Zusatzpensionen" einen Riegel vorzuschieben.

Eine Mehrheit für die beiden Anträge gab es im Sozialausschuss nicht. Unter anderem machten die Grünen darauf aufmerksam, dass es bereits die gesetzliche Möglichkeit eines Kollektivvertrags für die Arbeiterkammern gebe. Auch den Vorwurf "exorbitanter" Gehälter wiesen sie zurück.

"Papamonat", Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe

Seit September 2019 haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine einmonatige – unbezahlte – Dienstfreistellung rund um die Geburt eines Kindes. Als finanzieller Ausgleich kann der sogenannte Familienzeitbonus in der Höhe von knapp 700 € beantragt werden. Gehen Väter später in Karenz, wird das Geld allerdings vom Kinderbetreuungsgeld wieder abgezogen. Dass das in Zukunft nicht mehr der Fall ist, sieht nicht nur das einige Tagesordnungspunkte davor in Verhandlung stehende Teuerungs-Entlastungspaket III vor, sondern ist auch ein explizites Anliegen der SPÖ. Zudem fordern die Sozialdemokrat:innen weitere gesetzliche Adaptierungen, um die Inanspruchnahme des "Papamonats" zu erleichtern. Dabei geht es ihnen etwa darum, das Erfordernis des gemeinsamen Haushalts zu lockern sowie eine aliquote Auszahlung des Familienzeitbonus zu ermöglichen. Derzeit sei etwa bei einem Krankenhausaufenthalt der Mutter das Kriterium eines gemeinsamen Haushalts nicht erfüllt, gibt die SPÖ zu bedenken.

Der Antrag fand im Familienausschuss mit Hinweis auf das Teuerungs-Entlastungspaket III allerdings keine Mehrheit. Gleiches gilt für einen Entschließungsantrag der NEOS zum Kinderbetreuungsgeld und einen FPÖ-Entschließungsantrag zur Valorisierung der Familienbeihilfe. Um die einkommensabhängige Kindergeld-Variante attraktiver zu machen, sprechen sich die NEOS dafür aus, den Tageshöchstsatz mit 1. Jänner 2023 von 66 € auf 80 € zu erhöhen und künftig jährlich anzupassen. Damit würde man ihrer Meinung nach einen Anreiz für Frauen setzen, rascher wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Auch die automatische Valorisierung von Zuverdienstgrenzen ist ihnen ein Anliegen. Viele der Forderungen würden mit dem Teuerungs-Entlastungspaket III umgesetzt, begründeten die Grünen ihre Ablehnung im Ausschuss.

Der Entschließungsantrag der FPÖ zielt darauf ab, die Familienbeihilfe nicht nur jährlich anzupassen, sondern sie zuvor auch zu erhöhen, um in den vergangenen Jahren entstandene Wertverluste wettzumachen. (Fortsetzung TOP im Nationalrat) gs/rei/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.