Parlamentskorrespondenz Nr. 1126 vom 13.10.2022
Energieeffizienzgesetz: ÖVP sieht keinen dringenden Handlungsbedarf
Wien (PK) – Die NEOS nahmen die heutige Nationalratssitzung zum Anlass, um in Sachen Energieeffizienzgesetz Druck zu machen. Die Regierung sei bereits seit 2021 mit der Vorlage einer Gesetzesnovelle säumig, hielt NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer fest. Es brauche aber dringend verbindliche Vorgaben, um die Energieeffizienz in Österreich zu steigern und den Energieverbrauch zu senken. Nur so werde die Energiewende langfristig gelingen, sind die NEOS überzeugt. Zudem halten sie Energieeinsparungen für das Überstehen der aktuellen Energiekrise für entscheidend.
Bis neue verpflichtende Energie-Einsparungsziele am Tisch liegen werden, wird es aber wohl noch eine Weile dauern. Die ÖVP sieht jedenfalls keine Eile, was die Festlegung verbindlicher Vorgaben betrifft. Energieeffizienz lasse sich nicht per Papier verordnen, hielt Energiesprecherin Tanja Graf in der Debatte fest. Zudem sind ihrer Meinung nach die aktuellen Energiepreise für Unternehmen ohnehin Anreiz genug, Energie zu sparen und Anlagen umzurüsten. Wichtiger als die rasche Vorlage einer Novelle sei, dass jetzt gesetzte Maßnahmen später angerechnet würden. Das Gesetz werde kommen, versicherte Graf, pochte aber auf "etwas mehr Vertrauen in Unternehmen und Haushalte und etwas mehr Geduld".
Auch auf der Prioritätenliste der FPÖ ist ein neues Energieeffizienzgesetz "nicht ganz oben", wie FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger festhielt. Es stimme zwar, dass die Regierung in diesem Punkt säumig sei, sagte er, die aktuell hohen Preise würden Unternehmen und Haushalte aber ohnehin dazu zwingen, Energie zu sparen. Zudem äußerte sich der Abgeordnete irritiert, dass die NEOS in zentralistischer Manier "über die Länder und Gemeinden drüberfahren wollen".
Kassegger übte darüber hinaus grundsätzliche Kritik an der Energiepolitik in Europa, die er als "utopiegetrieben" bezeichnete. Man müsse sich stärker an der Machbarkeit und am Können orientieren, forderte er. Mit dem Ausbau von Wind und Solarenergie werde man den Energiebedarf nicht abdecken können. Zudem sei es unrealistisch zu glauben, dass andere Länder mitziehen, wenn Europa voranschreite. "Wir produzieren eklatante Wettbewerbsnachteile für Europa", warnte Kassegger. Günstige Energie sei maßgeblich für eine erfolgreiche Wirtschaft und Wohlstand.
NEOS-Abgeordnete Doppelbauer hatte zuvor insbesondere "die schwarzen Bundesländer" dafür verantwortlich gemacht, dass sich beim dringend notwendigen Ausbau erneuerbarer Energieträger und beim Energieeffizienzgesetz nichts bewege. Offenbar scheue sich die ÖVP, gegen die eigenen "Landesfürsten" und die eigene "Landesfürstin" vorzugehen, meinte sie: "Wir sind in einer Energiekrise und schaffen es nicht, ein Energieeffizienzgesetz auf den Boden zu bringen." Dabei drohe enormer Wohlstandsverlust, sollte Österreich die Energiewende nicht schaffen. Unverständlich ist für Doppelbauer auch, warum die Grünen nicht mehr Druck machen. Für den Ausbau erneuerbarer Energie brauche es eine "Fast Lane". NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard machte geltend, dass ein neues Energieeffizienzgesetz auch für die Unternehmen wichtig sei, um Planungssicherheit zu haben.
Unterstützung erhielten die NEOS von SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Die SPÖ habe in Energiefragen immer bewiesen, dass sie konstruktiv mitarbeite, und ihre Arme stets ausgestreckt, bekräftigte er. Allerdings seien von Seiten der Regierungsparteien leider keine Vorschläge gekommen. Die Umwelt- und Energiepolitik der Grünen bestehe aus einer einzigen "Mängelliste". Umweltministerin Gewessler sei zwar "groß beim Reden, aber klein beim Umsetzen", führte Schroll aus und wies nicht nur auf Versäumnisse beim Energieeffizienzgesetz, sondern auch beim Klimaschutzgesetz hin. Kritisch sieht er außerdem, dass ein großer Teil des in Österreich gespeicherten Gases nicht für Österreich bestimmt ist und es keine genauen Zahlen über die vorhandene strategische Gasreserve gibt.
Grünen-Abgeordneter Lukas Hammer ließ die Kritik der SPÖ jedoch nicht gelten. Zwar habe es ein "rot-schwarzes" Energieeffizienzgesetz gegeben, sagte er, dieses sei aber ein "Papiertiger" geblieben und habe Österreich trotz der dort verankerten Ziele "nicht weitergebracht". Noch unwirksamer sei das – mit reichlicher Verspätung beschlossene – Klimaschutzgesetz gewesen. Österreich habe sich mit 600 Mio. € von den Tokyoter Klimazielen "freikaufen" müssen. Auch jetzt blockiere die SPÖ den Klimaschutz, meinte Hammer, sie wolle weiterhin Autobahnen bauen und wende sich gegen eine Ökologisierung des Steuersystems.
Die jetzige Regierung habe dagegen die Förderungen für thermische Sanierung massiv erhöht und stelle mit dem vorliegenden Budget viel Geld für Energieeffizienz inklusive eines Transformationsfonds für die Industrie bereit, machte Hammer geltend. Zudem "arbeiten wir natürlich auch weiterhin dran", ein neues Energieeffizienzgesetz auf den Weg zu bringen, betonte er.
Basis für die Diskussion bildete ein Fristsetzungsantrag der NEOS, der bei der Abstimmung jedoch lediglich die Unterstützung der Oppositionsparteien erhielt und damit in der Minderheit blieb. NEOS-Abgeordnete Doppelbauer hatte beantragt, dem Wirtschaftsausschuss zur Vorberatung eines Entschließungsantrags ihrer Fraktion betreffend die umgehende Vorlage eines Energieeffizienzgesetzes eine Frist bis zum 31. Dezember zu setzen. Darin wird die Vorlage einer Gesetzesnovelle bis Jahresende inklusive klarer und verbindlicher Vorgaben für die Bundesländer eingemahnt. (Fortsetzung Nationalrat) gs
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