Parlamentskorrespondenz Nr. 1319 vom 22.11.2022

Anfragenanstieg bei Gleichbehandlungsanwaltschaft

Wien (PK) – Die Gleichbehandlungsanwaltschaft verzeichnet einen starken Anstieg an Diskriminierungsfragen. Es wurden 2020 und 2021 fast 1.000 mehr Anfragen bearbeitet als im vorangehenden Berichtszeitraum 2018 und 2019, geht aus dem aktuellen Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft (III-785 d.B.) hervor, der ebenso einen Tätigkeitsbericht der Senate der Gleichbehandlungskommission beinhaltet.

69 % der Diskriminierungsfälle von Frauen gemeldet

4.962 mal hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft im Berichtszeitraum 2020/2021 zu Diskriminierung und Gleichbehandlung informiert, beraten und individuell unterstützt (im Vergleich zu 4.017 Anfragen 2018/2019). 69 % aller Diskriminierungsfälle wurden von Frauen herangetragen. Am häufigsten betreffen die Anfragen - 1.975 an der Zahl - den Bereich der Geschlechterdiskriminierung in der Arbeitswelt, ein Drittel davon sexuelle Belästigung. Viele Anfragen drehen sich außerdem um Eltern in Hinblick auf Diskriminierungen in Zusammenhang von Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder um den sozioökonomischen Status von Frauen, heißt es im Bericht.

1.024 Anfragen gab es hinsichtlich rassistischer Diskriminierung. Während der Großteil die Arbeitswelt betrifft, häufen sich die Fälle auch im Bereich Wohnraum und bei Gesundheitsdienstleistungen. Anfragen zur ethnischen Zugehörigkeit bedürfen oftmals der Klärung, ob antimuslimischer Rassismus unter diesen vollständig vom Gleichbehandlungsgesetz umfassten Diskriminierungsgrund fällt, wird berichtet. Hier bestünde eine Schutzlücke. Verdoppelt hätten sich Anfragen zur sexuellen Orientierung und zur Weltanschauung, wenngleich letztere im geringsten Ausmaß an die Gleichbehandlungsanwaltschaft herangetragen wurden. Sie betrafen etwa die Corona-Maßnahmen, wobei der Oberste Gerichtshof klarstellte, dass die Ablehnung der Impfung nicht den Anforderungen des Begriffs der Weltanschauung entspricht.

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft wurde digitalisiert, um während der Pandemie neben der Beratungstätigkeit auch das Schulungsangebot aufrechtzuerhalten. Beinahe 600 Informations- und Bildungsaktivitäten sowie Vernetzungstreffen wurden durchgeführt, um mehr Rechtsklarheit und –sicherheit zu schaffen. Für den Zugang zum Recht wurde ein Online-Kontaktformular eingeführt um Vorfälle anonym zu dokumentieren.

Im Bericht werden auch zentrale Forderungen formuliert. So setzt sich die Gleichbehandlungsanwaltschaft neben dem umfassenden Diskriminierungsschutz in allen Bereichen des Gleichbehandlungsgesetzes ("Levelling-up") auch für die Vereinheitlichung des Gleichbehandlungsrechts, bessere Klagerechte, mehr Personal und die Umsetzung von EU-Richtlinien ein.

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft feierte im Berichtszeitraum außerdem ihr 30-jähriges Bestehen und erarbeitete Strategie- und Arbeitspläne mit Erfolgsindikatoren um die Wirkung der Gleichbehandlungsanwaltschaft datenbasiert zu messen.

Gleichbehandlungskommission: 116 Anträge wegen Geschlechterdiskriminierung in der Arbeitswelt

In jedem 10. Diskriminierungsfall nach dem Gleichbehandlungsgesetz kommt es zu einem Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission, deren Tätigkeit sich in drei Senate gliedert. Senat I der Gleichbehandlungskommission ist für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt zuständig. Im Berichtszeitraum wurden 116 Anträge eingebracht, wobei es zumeist um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (45 Anträge), sexuelle Belästigung (38 Anträge) und sonstige Arbeitsbedingungen (32 Anträge) ging. Die Verfahren fanden vermehrt virtuell statt, wodurch die durchschnittliche Verfahrensdauer von 16,5 auf 16,1 Monate verkürzt werden konnte.

Senat II ist für Gleichbehandlungsfragen in Bezug auf ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung in der Arbeitswelt zuständig und erhielt 2020 und 2021 52 Anträge. Durch die vermehrte Verlagerung der Senatssitzungen in den virtuellen Raum sei die Teilnahme gestiegen, wird berichtet. Die räumliche Distanz einer Videoschaltung wirkte sich teilweise sogar förderlich für das Zustandekommen einvernehmlicher Lösungen aus.

Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt behandelt der Senat III, wo im Pandemiezeitraum 31 Verfahren eingeleitet wurden. Sie betrafen etwa Preisdiskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder Zugangsdiskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft.

Angeführt werden ferner gerichtliche Entscheidungen in Zusammenhang mit dem Gleichbehandlungsgesetz sowie richtungsweisende Urteile des Europäischen Gerichtshofes. (Schluss) fan