Parlamentskorrespondenz Nr. 1335 vom 23.11.2022
Neu im Verfassungsausschuss
Wien (PK) – Die FPÖ nimmt die von ÖVP-Klubobmann August Wöginger angestoßene Debatte über die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zum Anlass, um die Schaffung eines eigenen österreichischen Grundrechtskatalogs zu fordern. Die NEOS haben in Zusammenhang mit der Wahl von Verfassungsrichter:innen eine Änderung der Bundesverfassung beantragt.
NEOS für geänderten Wahlmodus für Verfassungsrichter:innen
Gemäß der Bundesverfassung kommt der Regierung das Recht zu, den Präsidenten bzw. die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), den Vizepräsidenten bzw. die Vizepräsidentin sowie sechs weitere Mitglieder und drei Ersatzmitglieder des Höchstgerichts zu nominieren. Für die Nominierung der übrigen sechs Mitglieder und drei Ersatzmitglieder sind der Nationalrat bzw. der Bundesrat zuständig. Nach geltender Rechtslage braucht es dafür jeweils nur eine einfache Mehrheit. Das wollen die NEOS ändern. Wie in Deutschland sollen jene Verfassungsrichter:innen, für die der Nationalrat bzw. der Bundesrat das Vorschlagsrecht hat, mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden, schlägt Nikolaus Scherak vor und hat eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung beantragt (2919/A).
Auch VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter habe sich unlängst in einem Interview für die Zweidrittelmehrheit ausgesprochen, macht Scherak in der Begründung der Initiative geltend. Ein verpflichtender Konsens zwischen Regierung und Opposition wäre "ein zusätzliches Sicherheitsnetz für die rechtsstaatliche Demokratie", zitiert Scherak den Präsidenten. Auch hat Grabenwarter demnach auf die Entwicklungen in Polen und Ungarn verwiesen. Endgültig ernannt werden die Mitglieder des VfGH vom Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin.
FPÖ für Überarbeitung der Europäischen Menschenrechtskonvention
Die FPÖ begründet ihre Forderung nach Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) mit Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser habe durch seine Judikatur "eine neue Völkerwanderung samt Asylwerberansturm auf Europa ausgelöst", sind Susanne Fürst und Michael Schnedlitz überzeugt. Konkret verweisen sie etwa auf Entscheidungen, wonach die Abschiebung von Drogendealern in Länder mit Todesstrafe für derartige Delikte verboten sei, Bootsflüchtlinge, die auf hoher See aufgegriffen werden, nicht nach Libyen zurückgebracht werden dürften, und Homosexualität ein anzuerkennender Asylgrund sei.
Fürst und Schnedlitz sehen durch diese Entscheidungen, aber auch durch die voranschreitende Integration Österreichs in die Europäische Union die österreichische Souveränität eingeschränkt. Es drohe die Gefahr der Aushöhlung der Verfassung, warnen sie. Begegnen könnte man der Entwicklung ihrer Meinung nach durch die Schaffung eines eigenen modernen Grundrechtskatalogs, der von der Bevölkerung mitgetragen werde. Ordne man diesen der EMRK – durch deren Abstufung zu einem einfachen Gesetz – vor, würde man für die Menschen in Österreich mehr erreichen, als nur zu versuchen, die EMRK zu ändern, heißt es in der Begründung des Entschließungsantrags (3004/A(E)). (Schluss) gs