Parlamentskorrespondenz Nr. 1341 vom 24.11.2022
Neu im Verfassungsausschuss
Wien (PK) – Die von der Regierung vorgelegte 2. Dienstrechts-Novelle 2022 (1793 d.B.) sieht neben zahlreichen Detailmaßnahmen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst insbesondere eine Erhöhung der Einstiegsgehälter vor. Weiters ist geplant, den Benachteiligungs- und Kündigungsschutz für Bedienstete zu erweitern, Teilzeitbeschäftigte mit Vollzeitbeschäftigten bei der Abgeltung von Mehrdienstleistungen gleichzustellen und ökologische Aspekte bei Dienstreisen stärker zu berücksichtigen. In die Bestellung der OGH-Spitze soll künftig ein mit Richter:innen besetzter Personalsenat eingebunden werden. Das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz wird an das für die Privatwirtschaft geltende Landarbeitsgesetz angepasst. Zu erwarten ist darüber hinaus, dass die für 2023 vereinbarte Gehaltserhöhung für den Bundesdienst im Zuge der parlamentarischen Beratungen in den Entwurf eingebaut wird.
Höhere Einstiegsgehälter und höhere Überstundenzuschläge
Die durchgängige Erhöhung der Einstiegsgehälter für Vertragsbedienstete des Bundes wird von der Regierung damit begründet, dass diese derzeit im Vergleich zur Privatwirtschaft nur teilweise konkurrenzfähig seien, insbesondere was Quereinsteiger:innen mit Berufserfahrung betrifft. Angesichts der bevorstehenden "Pensionierungswelle" im öffentlichen Dienst werde es aber zwingend notwendig sein, in den kommenden Jahren eine größere Zahl neuer Bediensteter zu rekrutieren, gibt sie zu bedenken.
Konkret sieht der Gesetzentwurf den Entfall der mit Gehaltsabschlägen verbundenen "Ausbildungsphase" für Vertragsbedienstete vor. Neueinsteiger:innen in den Bundesdienst werden vielmehr während der ersten Jahre, in denen sie wie bisher die Grundausbildung zu absolvieren haben, das ihrer Verwendung entsprechende Grundgehalt bekommen, wobei dieses für Akademiker:innen in der ersten Entlohnungsstufe etwas herabgesetzt wird. Dazu kommt eine Funktionszulage, die – mit Ausnahme hoch bewerteter Arbeitsplätze – der halben Funktionszulage der Regelstufe entspricht. Wer bereits einschlägige Berufserfahrung hat, kann diese Einstiegsstufe künftig ganz oder teilweise überspringen.
Beim Verwaltungspraktikum wird dem Gesetzentwurf zufolge künftig zwischen einem Kurzpraktikum mit einer maximalen Dauer von drei Monaten – etwa Ferialpraktika im Sommer – und einem längerfristigen Verwaltungspraktikum unterschieden. Letzteres kann wie bisher bis zu einem Jahr dauern und wird künftig als "Vorbereitungsausbildung" bezeichnet. Für diese Vorbereitungsausbildung wird Verwaltungspraktikant:innen in Hinkunft schon ab dem ersten Tag – und nicht erst ab dem vierten Monat – das gleiche Entgelt wie gleichwertigen Vertragsbediensteten gebühren, mit Ausnahme der Funktionszulage. Aktuell ist der Ausbildungsbeitrag in den ersten drei Monaten mit lediglich 50% des vergleichbaren Grundgehalts bemessen. Die Regierung erwartet sich davon ein höheres Interesse bei entsprechenden Ausschreibungen.
Exekutive, Justizwache, Militär, Richteramtsanwärter:innen
Ebenfalls steigen werden die Grundgehälter für Polizeischüler:innen, Aspirant:innen in der Justizwache und Militärpersonen auf Zeit (Chargen). Sie sollen künftig bei mindestens 1.933,40 € liegen. Zudem schlägt die Regierung vor, die Funktionszulagen für Unteroffizier:innen an jene für vergleichbare Exekutivbeamt:innen anzupassen sowie das Gehalt von Richteramtsanwärter:innen auf das Niveau von im Bereich der Verwaltung tätigen Jurist:innen anzuheben.
In Umsetzung eines VfGH-Urteils werden überdies die Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte an jene für Vollzeitbeschäftigte angepasst. Auch ihnen stehen demnach künftig für Mehrdienstleistungen, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen, Zuschläge von 50 % – bzw. 100 % während der Nachtzeit – zu. Die Kosten für die Reform der Einstiegsgehälter gibt das zuständige Ressort mit rund 55,1 Mio. € an, die Anhebung der Funktionszulage für Unteroffizier:innen schlägt mit 2,78 Mio. € zu Buche.
Fachkarrieren, Pflegefreistellung, Benachteiligungsschutz
Schon jetzt ist es für herausragend qualifizierte Akademiker:innen mit besonderen, schwer ersetzbaren Fachkenntnissen unter bestimmten Voraussetzungen möglich, in ihrem Ressort eine Fachkarriere ohne Leitungsposition, aber mit einer an Führungskräfte angelehnten Gehaltseinstufung, einzuschlagen. Dieses System soll ausgeweitet werden, wobei insbesondere langjährige Führungskräfte, die ihre Leitungsposition abgeben wollen, im Fokus stehen. Sie sollen dem Ministerium weiterhin als "Fachexpertin" bzw. als "Fachexperte" zur Verfügung stehen, und zwar direkt der Sektionsleitung, einer Gruppenleitung oder auch einem Generalsekretär bzw. einer Generalsekretärin unterstellt. Dies soll einerseits Wissen und Erfahrung für die Organisation sichern und andererseits dazu beitragen, motivierte, leistungsfähige Bedienstete bis zum Pensionsantrittsalter zu halten, wie in der Erläuterungen festgehalten wird. Zahlenmäßig bleibt die Anzahl derartiger "Fachexpert:innen" allerdings weiterhin beschränkt.
In Umsetzung zweier EU-Richtlinien sieht der Gesetzentwurf darüber hinaus eine Ausweitung der Informationspflichten des Dienstgebers, einen erweiterten Anspruch auf Pflegefreistellung sowie einen Ausbau des Benachteiligungs- und Kündigungsschutzes vor. Demnach sind die Beschäftigten künftig ausdrücklich über das Ausmaß der Wochendienstzeit und des Erholungsurlaubs, ihre Bezüge samt Nebengebühren, die Modalitäten der Grundausbildung, die Identität des Sozialversicherungsträgers, etwaige Befristungen und weitere für das Dienstverhältnis wesentliche Punkte zu informieren. Außerdem wird dezidiert normiert, dass Beschäftigte nicht aufgrund der Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit zur Betreuung eines Kindes, einer zulässigen Nebenbeschäftigung oder aufgrund der Inanspruchnahme von Pflegeteilzeit, Pflegefreistellung, Frühkarenzurlaub und Telearbeit benachteiligt bzw. gekündigt werden dürfen.
Beim Anspruch auf Pflegefreistellung soll das Erfordernis des gemeinsamen Haushaltes mit dem akut zu betreuenden, nahen Angehörigen entfallen. Zudem wird künftig auch dann Anspruch auf Pflegefreistellung bestehen, wenn die erkrankte oder verunglückte Person ohne Erfüllung des Kriteriums eines nahen Angehörigen mit dem betreffenden Bediensteten im gemeinsamen Haushalt lebt.
Im Disziplinarrecht sind unter anderem Anpassungen bei der Bemessung von Geldbußen und Geldstrafen, bei den Verjährungsbestimmungen sowie bei der Übernahme von Verfahrenskosten geplant. Zudem wird im Sinne einer Effizienzsteigerung eine gesetzliche Grundlage für die einheitliche elektronische Zustellung von Bescheiden und anderen Dokumenten an die Bediensteten geschaffen.
Bei Gleitzeitdienstplänen kann in Hinkunft von der Festlegung einer Blockzeit abgesehen werden. Zudem sollen sowohl im Zusammenhang mit dem Verbot von Geschenkannahmen als auch mit der nach 25 bzw. 40 Dienstjahren gewährten Jubiläumszuwendung Klarstellungen vorgenommen werden.
Einbindung eines Personalsenats bei der Bestellung der OGH-Spitze
Reagiert wird dem Gesetzentwurf auch auf Kritik an mangelnder Transparenz bei der Bestellung der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs (OGH) sowie dessen Vizepräsidenten bzw. dessen Vizepräsidentin. Anders als bei Ernennungsverfahren für andere Richter:innen ist bei derartigen Bestellungen derzeit keine richterliche Mitwirkung in Form von Personalsenaten vorgesehen. Das soll sich nun durch die Einrichtung eines speziellen Gremiums, dem künftig die Erstattung eines Besetzungsvorschlags obliegt, ändern. Diesem werden neben den Wahlmitgliedern des Personalsenats und des Außensenats des OGH auch die dienstälteste Präsidentin bzw. der dienstälteste Präsident eines Oberlandesgerichts angehören. Die endgültige Entscheidung bleibt – wie bei anderen Bestellungen – in den Händen der Justizministerin bzw. des Justizministers.
In den Erläuterungen wird in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung des Vertrauens der Bürgerinnen und der Bürger in eine objektive, unabhängige und unbeeinflusste Rechtsprechung hingewiesen. In diesem Sinn soll es auch bei der Ernennung von Richteramtsanwärtern und Richteramtsanwärterinnen zu Änderungen kommen. Für entsprechende Besetzungsvorschläge ist künftig ein Kollegialorgan – anstelle des zuständigen OLG-Präsidenten bzw. der zuständigen OLG-Präsidentin – zuständig. Mit diesem Schritt wird auch einer Empfehlung der Staatengruppe gegen Korruption GRECO Rechnung getragen.
Weitere Maßnahmen im Justizbereich betreffen gelockerte Ausbildungserfordernisse für angehende Rechtspfleger:innen sowie die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für sogenannte Rechtshörer:innen. Bei Letzteren handelt es sich um Jus-Student:innen, die – zumeist in den Ferien – freiwillig und ohne Entgelt in die Arbeit von Gerichten oder Staatsanwaltschaften hineinschnuppern.
Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei Dienstreisen
Weitere Bestimmungen des Gesetzespakets zielen auf eine stärkere Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei Dienstreisen ab. So soll etwa die Benutzung eines Schlafwagens in Zügen keiner besonderen Begründung mehr bedürfen, auch wenn das Ticket dafür teurer als ein Flugticket ist. Zudem werden verschiedene Anreize für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für notwendige Dienstreisen und für den Arbeitsweg geschaffen. Dazu gehören etwa ein Anspruch auf die 1. Klasse bei Dienstreisen mit dem Zug von mehr als drei Stunden, die Bereitstellung von auch privat nutzbaren "Jobrädern" für regelmäßig notwendige dienstliche Kurzfahrten und die Anhebung des erhöhten Beförderungszuschusses im Falle der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (anstelle des eigenen Fahrzeugs) bei Dienstreisen.
Außerdem wird festgeschrieben, dass Aufträge für Dienstreisen nur dann erteilt werden dürfen, wenn deren Zweck nicht anders – etwa durch Web-Meetings – erreicht werden kann. Dabei ist ausdrücklich auf ökologische Aspekte Bedacht zu nehmen. Auch bei den jährlichen Mitarbeiter:innengesprächen sind mögliche Ökologisierungs- und Nachhaltigkeitspotenziale in Zusammenhang mit dienstlicher Mobilität zu erörtern.
Weitere Maßnahmen
Um dem Mangel an Arbeitsmediziner:innen zu begegnen, soll auch der Bund – analog zu privaten Unternehmen – künftig in die Lage versetzt werden, im Bereich der Gesundheitsprävention auf den neuen arbeitsmedizinischen Fachdienst (AFa) zurückzugreifen. Zudem wird der Katalog an Richtverwendungen den aktuellen Gegebenheiten mehrerer Ressorts angepasst und die Vergütung von Lehrer:innen an Praxisvolksschulen geregelt. Assistentinnen und Assistenten an Pädagogischen Hochschulen, die ein Doktoratsstudium an einer Universität absolvieren, sollen ein höheres Gehalt bekommen.
Mit einer Novelle zum Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz werden schließlich die Bestimmungen des seit Mitte 2021 geltenden neuen Landarbeitsgesetzes für entsprechend Beschäftigte im öffentlichen Dienst nachvollzogen. Dabei geht es unter anderem um Arbeitszeiten und diverse Ansprüche von Beschäftigten wie Pflegekarenz und Wiedereingliederungsteilzeit. (Schluss) gs