Parlamentskorrespondenz Nr. 1459 vom 14.12.2022

Nationalrat: Erneuerbaren-Förderpauschale bleibt 2023 ausgesetzt

Erhöhte Informationspflichten für Energielieferanten, Netzverlustkosten werden 2023 mit 260 Mio. € abgefedert

Wien (PK) – Der Nationalrat hat heute grünes Licht für das weitere Aussetzen der Erneuerbaren-Förderpauschale im Jahr 2023 gegeben. Als wichtige Schutzmaßnahme zur durchgängigen Energieversorgung für Endkund:innen werden zudem die Informationspflichten für Netzbetreiber ausgeweitet. Kund:innen, denen ein vertragsloser Zustand droht, werden automatisch einem neuen Lieferanten zugeordnet, der die Versorgung zu angemessenen Preisen für maximal drei Monate übernehmen soll. Darüber hinaus werden die aufgrund des massiven Anstiegs der Großhandelspreise am Strommarkt im Jahr 2023 durch Netzverluste entstehenden zusätzlichen Kosten mit 260 Mio. € für ein halbes Jahr abgefedert. Für das zweite Halbjahr 2023 soll dafür eine systemische und europarechtlich konforme Lösung erarbeitet werden.

Die von ÖVP und Grünen geplanten Informations-, Einsichts- und Entsendungsrechte für den Finanzminister bei der E-Control wurden an den zuständigen Wirtschaftsausschuss rückverwiesen, da die verfassungsmäßig notwendige Zweidrittelmehrheit nicht gegeben war.

Keine Mehrheit erhielt ein Entschließungsantrag der FPÖ, in dem sich die Oppositionspartei für die Überprüfung der Einhaltung von gesetzeskonformen Grundversorgungstarifen bei Energielieferanten ausspricht.

Ebenfalls auf der Tagesordnung stand der Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2021, der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.

Erneuerbaren-Förderpauschale bleibt ausgesetzt

Die Erneuerbaren-Förderpauschale bleibt auch im Jahr 2023 ausgesetzt. Der entsprechende Antrag, inklusive eines im Wirtschaftsausschuss eingebrachten Abänderungsantrags, zur Novellierung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1439/2022) wurde einstimmig angenommen und hat somit die verfassungsmäßig nötige Zweidrittelmehrheit erreicht. Ab dem Kalenderjahr 2024 soll die Ökostrom-Pauschale dann für jeweils drei Jahre mit Verordnung festgesetzt werden. Aufgrund der derzeitigen und auch zukünftig prognostizierten hohen Strompreise sowie des bei der Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG) prognostizierten Finanzierungsüberschusses würden keine zusätzlichen Mittel zur Bedeckung der Förderungen benötigt, heißt es in der Begründung.

SPÖ-Abgeordneter Alois Schroll zeigte sich über das weitere Aussetzen der Erneuerbaren-Förderpauschale erfreut. Damit würden sich die Österreicher:innen insgesamt 350 Mio. € ersparen. Dem schlossen sich Tanja Graf (ÖVP) und Lukas Hammer (Grüne) an, die von einer weiteren Entlastungsmaßnahme für Haushalte und Unternehmen in Zeiten hoher Strompreise sprach. Man sei im Energiebereich durch einen "Mix von Einsparungen und Förderungen auf einem guten Weg", betonte Graf. Auch FPÖ-Mandatar Axel Kassegger begrüßte die Maßnahme. Es gehe um Fristverlängerungen und Verwaltungsvereinfachungen. Zusätzlich brauche es noch das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Energie. Laut Karin Doppelbauer (NEOS) ist derzeit die Energiepolitik die wichtigste Aufgabe für den Wirtschaftsstandort Österreich. Es sei enttäuschend, dass die Bundesregierung "hier nichts weiter bekommt".

Für den in Vertretung von Energieministerin Leonore Gewessler anwesenden Gesundheitsminister Johannes Rauch hat die Bundesregierung durch das EAG die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen für die Energiewende geschaffen. Auch Rauch sah im Aussetzen der Förderpauschale eine wichtige Entlastung für Unternehmen und Privatpersonen.

Erhöhte Informationspflichten für Energielieferanten, Netzverlustkosten werden 2023 mit 260 Mio. € abgefedert

Um eine durchgängige Energieversorgung zu gewährleisten werden durch einen ebenfalls während der Ausschussberatungen eingebrachten Antrag erweiterte Informationspflichten für Netzbetreiber im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) verankert. Dafür hat sich der Nationalrat ebenfalls mit der nötigen Zweidrittelmehrheit ausgesprochen. Konkret werden Netzbetreiber verpflichtet, die von Vertragskündigungen betroffenen Endverbraucher:innen mindestens acht Wochen vor Marktaustritt darüber zu informieren. In einem von ÖVP, Grünen und SPÖ im Plenum eingebrachten Abänderungsantrag wurde zudem festgelegt, dass Kund:innen, denen ein vertragsloser Zustand droht, automatisch einem neuen Lieferanten zugeordnet werden, der die Versorgung zu angemessenen Preisen für maximal drei Monate übernehmen soll. Da die Regelung der turbulenten und derzeit schwer absehbaren Entwicklungen am Energiemarkt geschuldet sei, ist sie vorerst bis 31. Dezember 2024 vorgesehen und kann gegebenenfalls verlängert bzw. angepasst werden, heißt es in der Begründung.

Darüber hinaus werden die aufgrund des massiven Anstiegs der Großhandelspreise am Strommarkt im Jahr 2023 durch Netzverluste entstehenden zusätzlichen Kosten für Haushalte und Unternehmen mit 260 Mio. € für ein halbes Jahr abgefedert. Das entspricht laut der Begründung mehr als 60 % der Mehrkosten. In einem ebenfalls von ÖVP, Grünen und SPÖ eingebrachten und mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrag, werden die Energieministerin und der Finanzminister zudem ersucht, unter Berücksichtigung des europäischen Rechtsrahmens bis 15. April 2023 eine systemische Lösung für das Problem steigender Netzverlustentgelte zu erarbeiten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Mehrkosten für die Beschaffung der Netzverlustenergie auch im zweiten Halbjahr 2023 für Stromkund:innen deutlich verringert werden.

Erwin Angerer (FPÖ) sprach von einem "Fortsetzen des Desasters in der Energiepolitik". Die Bundesregierung betreibe weiterhin "Steuergeldverschwendung" und keine Ursachenbekämpfung, da man das Merit-Order-Prinzip weiterhin nicht angreife. Die Netzverluste bezahle weiterhin der Endkunde. "Der Staat unterstützt die Menschen, damit sie gut durch die Krise kommen", hielt Christoph Stark (ÖVP) entgegen. In diesem Sinn sei auch die Kostenentlastung in der Höhe von 260 Mio. € zu verstehen.

Durch sich vom Markt zurückziehende Energieunternehmen seien Kund:innen von Abschaltungen bedroht, weshalb man mit der automatischen Zuteilung an andere Versorger reagiert habe, erklärten Lukas Hammer, Martin Litschauer (beide Grüne) und Laurenz Pöttinger (ÖVP).

Antrag zu Einsichtsrechten für Finanzminister bei E-Control an Wirtschaftsausschuss zurückverwiesen

Geht es nach ÖVP und Grünen soll aufgrund der massiven budgetären Relevanz der im Energiebereich gesetzten Maßnahmen neben der Energieministerin künftig auch der Finanzminister Informations-, Einsichts- und Entsendungsrechte bei der E-Control erhalten. Da sich im Plenum für den entsprechenden Antrag zur Änderung des E-Control-Gesetzes nicht die verfassungsmäßig notwendige Zweidrittelmehrheit abzeichnete, wurde dieser zur weiteren Behandlung an den Wirtschaftsausschuss rückverwiesen. Geplant war unter anderem, dass der Aufsichtsrat der E-Control auf Vorschlag des Finanzministers um ein Mitglied erweitert wird.

Sowohl Alois Schroll (SPÖ) als auch Axel Kassegger (FPÖ) sowie Karin Doppelbauer (NEOS) sahen durch das Vorhaben eine Einschränkung der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde und äußerten europarechtliche Bedenken. Schroll sprach von einem "politisch motivierten Revanchefoul" an Bundesministerin Gewessler. Doppelbauer plädierte für eine weitere Stärkung der Unabhängigkeit.

Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde

2021 wurden laut Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) trotz Pandemie 21 Hausdurchsuchungen durchgeführt, wobei Gegenstand der Ermittlungen vor allem der Verdacht auf kartellrechtswidrige horizontale Absprachen in der Abfallwirtschaft gewesen sei. Mehr als 55 Mio. € an Geldbußen wurden demnach 2021 verhängt und acht Kronzeugenanträge gestellt. Mit 78 Whistleblowing-Meldungen kam es neuerlich zu einer Erhöhung (2020: 59) seit der Einführung des Whistleblowingsystems der BWB im Jahr 2018. 27 waren laut Bericht noch in Prüfung, bei sieben wurden Ermittlungen eingeleitet und zwei wurden an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Im Jahr 2021 gab es insgesamt 653 Prüfungen von neu angemeldeten nationalen Unternehmenszusammenschlüssen, wovon 99,7 % in der ersten Verfahrensphase abgeschlossen wurden, sowie 452 Prüfungen von EU-Zusammenschlüssen.

Alle sich zu Wort gemeldeten Abgeordneten sprachen von einer wichtigen Behörde, die einen wichtigen Beitrag für einen fairen Wettbewerb und eine funktionierende Marktwirtschaft leiste. Sowohl Elisabeth Götze (Grüne) als auch Andreas Kühberger (ÖVP) zeigten sich über die Budgeterhöhung im der Höhe von 2,4 Mio. € erfreut, die eine nachhaltige Finanzierung sicherstelle.

Maximilian Lercher (SPÖ) appellierte an Wirtschaftsminister Martin Kocher, bei der Besetzung der Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde "Qualität vor Parteibuch" zu stellen. Die aktuelle interimistische Leiterin sei die "perfekte Besetzung", hielt Erwin Angerer (FPÖ) fest. Gerald Loacker (NEOS) kritisierte, dass das vom Wirtschaftsminister beauftragte Gutachten zur Bestellung geheim gehalten werde. Auch Elisabeth Götze (Grüne) sprach sich für die Bestellung der interimistischen Leiterin aus. Diese habe sich bewährt und sei international anerkannt.

Wirtschaftsminister Martin Kocher appellierte wiederum an die Abgeordneten, bei der Besetzung von der tages- und parteipolitischen Diskussion Abstand zu halten. Er werde sich weiter für eine gute Besetzung einsetzen, damit die Behörde ihren Aufgaben nachkommen und ungestört und gut arbeiten könne, betonte Kocher. (Fortsetzung Nationalrat) med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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