Parlamentskorrespondenz Nr. 40 vom 18.01.2023

Langfristige Budgetprognose: Demografischer Wandel als zentrale budget- und sozialpolitische Herausforderung

Fiskalische Prognose zeigt düstere Aussicht für Schuldenquote

Wien (PK) – Die Ergebnisse der langfristigen Budgetprognose 2022 verdeutlichen, dass der demografische Wandel in Österreich – insbesondere bei Pensionen, Gesundheit und Pflege eine zentrale budget- und sozialpolitische Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte sein wird. Auch die budgetären Risiken in Zusammenhang mit dem Klimawandel bzw. der Klimawandel selbst müssen adressiert werden, so der Bericht (III-840 d.B.)

Schuldenquote steigt laut Prognose auf 120,8 % des BIP bis zum Jahr 2060

Die langfristige Budgetprognose warnt vor steigenden demografieabhängigen Ausgaben der öffentlichen Haushalte von 29,8 % im Jahr 2019 auf 34,8 % im Jahr 2060. Hauptfaktoren sind dabei die öffentlichen Ausgaben für Pensionen (inkl. Pensionen für Beamtinnen und Beamte, Rehabilitationsgeld und Ausgleichszulagen) sowie die Gesundheitsausgaben im Allgemeinen und die Ausgaben für Langzeitpflege. Bei den Pensionen bedingt der Übertritt geburtenstarker Jahrgänge von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand einen starken Anstieg. Im Gesundheitsbereich wird ein kontinuierlicher Anstieg der Ausgabenquote von 7,1 % des BIP im Jahr 2019 auf 8,5 % des BIP im Jahr 2060 erwartet. Bei der Pflege geht das Finanzministerium sogar von mehr als einer Verdoppelung bis zum Jahr 2060 aus. Von gegenwärtig 1,3 % werden die Ausgaben auf 3,1 % des BIP steigen, heißt es in der langfristigen Budgetprognose.

Die fiskalische Prognose ergibt, dass sich der gesamtstaatliche Maastricht-Saldo ab dem Jahr 2027 kontinuierlich verschlechtert. Im Jahr 2033 rechnen die Expert:innen mit einem Maastricht-Saldo, der die Maastricht-Regelgrenze von -3,0 % des BIP übersteigt. Die Schuldenquote werde 2028 einen Tiefpunkt von 72,6 % des BIP erreichen, steigt ab dann bis 2040 auf 81,8 %, bis 2050 auf 99,6 % und bis 2060 auf 120,8 % des BIP an, so die Prognose.

Die letzte langfristige Budgetprognose wurde vor der COVID-19-Krise Ende 2019 erstellt und ergab eine deutlich positivere Entwicklung der öffentlichen Finanzen Österreichs. Die COVID-19-Krise und auch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine haben seither zu einer deutlichen Verschlechterung der Ausgangslage für die langfristige Fiskalprognose geführt, welche auf der Budgetplanung des BFRG 2023-2026 basiert. Hinzu kommt laut Bericht die Zinslandschaft, die im Jahr 2022 eine Wende erlebt hat und nun eine kontinuierlich steigende Belastung der öffentlichen Haushalte darstellt.

Klimarelevante Kosten: Risiko der Zielverfehlung bis 2030 wird auf 4,7 Mrd. € geschätzt

In der langfristigen Budgetprognose 2022 wurden erstmalig Prognosen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen sowie klimarelevante Kosten und Risiken berücksichtigt. Im Basisszenario sinken die österreichischen Treibhausgasemissionen stetig über die nächsten zwei Jahrzehnte und reduzieren sich im Vergleich zum Referenzjahr 2005 um etwa 30 % bis 2030 und um 45 % bis 2040, so der Bericht.

Im Vergleich zu bestehenden Szenarien des Umweltbundesamts sinken die Treibhausgasemissionen durch die Berücksichtigung der aktuellen Schwerpunkte im Budget 2023 und im Bundesfinanzrahmen 2023-2026, des Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetzes, des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes und des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes wesentlich stärker.

Laut Finanzministerium nähert sich Österreich damit an die europäisch geltenden Klimaziele an, es seien jedoch weitere signifikante Emissionsreduktionen notwendig. Auf Basis des derzeitigen Informationsstands werde das budgetäre Risiko der Zielverfehlung bis 2030 auf 4,7 Mrd. € geschätzt, danach wird mit Zielerreichungskosten von durchschnittlich 0,2 % des BIP jährlich gerechnet. Durch kosteneffektivere Förderungen, steuer- und ordnungspolitische Maßnahmen könnten die Zielerreichungskosten weiter deutlich reduziert werden, argumentieren die Expert:innen.

Langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sichern

Um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu garantieren und gegen periodisch auftretende Krisen sowie allfällige Risiken gewappnet zu sein, bedürfe es weiterer Anstrengungen insbesondere in den altersabhängigen und kostendynamischen Ausgabenbereichen Pflege, Gesundheit und Pensionen, so die Ergebnisse des Berichts. Seit der letzten langfristigen Budgetprognose im Jahr 2019 seien bereits einige Maßnahmen implementiert worden, die nun jedoch konsequent fortgeführt und ausgebaut werden müssten.

In diesem Sinne gelte es, die im Jahr 2022 beschlossene Pflegereform umzusetzen. Im Gesundheitsbereich sei das Zielsteuerungsabkommen zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung auch in den kommenden Jahren konsequent weiterzuführen. Bei den Pensionen bedürfe es verstärkter Anstrengungen und Anreize, um das effektive Pensionsantrittsalter anzuheben und das Pensionssystem langfristig leistbar zu gestalten.

Kontinuierliche Effizienzsteigerungen im Gesundheitswesen sowie langfristig nachhaltige jährliche Pensionsanpassungen nannten die Expert:innen als Grundvoraussetzung, um die bestehenden sozialen Sicherungssysteme langfristig für die breite Bevölkerung und mit hohem Qualitätsniveau gewährleisten zu können. Ebenso notwendig seien Maßnahmen, um den Verbleib im Erwerbsleben zu verlängern und Anreize zum vorzeitigen Ausscheiden abzubauen. Darüber hinaus empfehlen die Expert:innen budgetäre Spielräume für zukunftsorientierte Investitionen, Bildung und Forschung.

Zur Einhaltung der Klimaziele seien bereits weitreichende Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, dennoch seien zusätzliche Emissionsreduktionen notwendig, so der Bericht. Durch kosteneffektivere Förderungen und steuer- und ordnungspolitische Maßnahmen, die stärker wirkungsorientiert ausgerichtet sind, könnten Zielerreichungskosten deutlich reduziert werden. (Schluss) gla

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.