Parlamentskorrespondenz Nr. 56 vom 24.01.2023
Neu im Gesundheitsausschuss
Wien (PK) – Ein breites Themenspektrum decken die Anträge der Oppositionsparteien ab, die dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wurden. Für die SPÖ stellen nicht nur der kostenfreie Zugang zu einer umfassenden HIV-Prävention, sondern auch die Einführung eines Arzneimittelkostendeckels sowie die Verankerung von "Stealthing" im österreichischen Strafrecht wichtige Anliegen dar. In den Anträgen der FPÖ geht es um Vereinfachungen bei der Beantragung des Behindertenpasses sowie um die steuerfreie Auszahlung des Pflegebonus. Die NEOS setzen sich wiederum für ein bundesweit einheitliches Gesundheitsdatensystem ein, das sich an den EU-Plänen bezüglich eines Europäischen Raums für Gesundheitsdaten orientiert.
NEOS sehen Reformbedarf bei heimischen Gesundheitsdatensystemen
Der aktuelle Vorschlag zur Verordnung des Rates über den Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) enthalte einige wichtige Zielvorgaben, auf die sich Österreich rechtzeitig vorbereiten sollte, fordert NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler in einem Entschließungsantrag (3029/A(E)). Mit dem ELGA-System habe man zwar versucht, eine Basis für die Digitalisierung im Gesundheitsbereich zu legen, allerdings habe es bei der Umsetzung oftmals Schwierigkeiten und Verzögerungen gegeben. Es habe etwa sehr lange gedauert, bis sowohl Krankenhäuser als auch der niedergelassene Bereich gleichermaßen an ELGA angeschlossen werden konnten. Aufgrund der mangelnden Verknüpfung der Systeme gebe es teilweise noch immer technische Parallelstrukturen, wodurch Mehrfachanmeldungen notwendig seien. Im niedergelassenen Bereich wiederum würden große Unterschiede im Bereich der Infrastruktur bei Kassenärzt:innen bestehen. Überdies werde der Roll-Out bei Wahlärzt:innen oder Labors verschleppt. Erforderlich wäre es auch, bestehende Register und Abwicklungen (z.B. E-Rezept und E-Medikation) besser aufeinander abzustimmen.
Um die Nutzung der (digitalen) Gesundheitsdaten vor allem für die Patient:innen zu erleichtern, sollten zunächst die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung, Sammlung und Nutzung von Gesundheitsdaten analysiert werden, ersuchen die NEOS den zuständigen Minister. Darauf aufbauend müsste ein Plan zur Schaffung von einheitlichen und bundesweit abgestimmten Gesundheitsdatensystemen im Hinblick auf die notwendige Verknüpfung mit dem künftigen europäischen Gesundheitsdatenraum erstellt werden.
FPÖ: Beantragung eines Behindertenpasses soll für Betroffene vereinfacht werden
Erleichterungen bei der Ausstellung des Behindertenpasses, der beim Sozialministeriumsservice auch online beantragt werden kann, wünscht sich die FPÖ (3047/A(E)). Wenn diese Variante gewählt werde, müsse nämlich ein aktuelles Passfoto hochgeladen werden. Der Gang zum Fotografen sei für Menschen mit Behinderung aber oft umständlich und mühsam, gibt Antragsteller Christian Ragger (FPÖ) zu bedenken. Er schlägt daher vor, dass ähnlich wie bei der Beantragung der E-Card zunächst geprüft werde, ob nicht auf bereits vorhandene Fotos in Datenbanken (z.B. Reisepass, Personalausweis, Führerschein) zurückgegriffen werden könne. Für diese ursprünglich von den NEOS eingebrachte Forderung hätten sich zudem alle Fraktionen am 14. Dezember im Nationalrat ausgesprochen. Aus Sorge darüber, dass die türkis-grüne Bundesregierung eine einstimmig verabschiedete Entschließung "wieder einmal einfach ignoriere", drängen die Freiheitlichen erneut auf die zeitnahe Umsetzung des Vorhabens bis spätestens 31. März 2023.
FPÖ: Pflegeboni sollen abgaben- und steuerfrei ausbezahlt werden
Die Freiheitlichen erneuern ihre Kritik daran, dass der von der Regierung groß angekündigte Pflegebonus in der Höhe von 2.000 € voll versteuert werden müsse. Der Gesundheitsminister habe den vielen in der Pflege tätigen Personen – von den Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflege bis hin zu den Heimhelfer:innen – aber versprochen, dass sie eine Prämie im Ausmaß eines zusätzlichen Monatsgehalts bekommen werden, erinnert Christian Ragger (FPÖ), nun erhalten sie aber viel weniger. Generell sei die im Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz (EEZG) enthaltene Regelung ein "Murks", da sie nicht festlege, wie die einzelnen Bundesländer mit den Prämienauszahlungen umgehen sollen. Eine Novellierung sei daher dringend notwendig, um eine steuer- und abgabenfreie Auszahlung des aktuellen Bonus sowie zukünftiger derartiger Prämien in den Ländern und Gemeinden zu garantieren (3055/A(E)).
SPÖ für kostenfreien Zugang zu umfassender HIV-Prävention
Eine HIV-Infektion stelle auch heute noch eine nicht heilbare und potenziell lebensbedrohliche Infektion dar, wenn sie nicht entsprechend behandelt werde, gibt SPÖ-Mandatar Mario Lindner zu bedenken (3060/A(E)). In Österreich würden sich pro Jahr rund 300 bis 400 Menschen mit dem Virus anstecken. Auch wenn sich die Lebenssituation der Betroffenen durch die neuen Therapiemöglichkeiten in den vergangenen Jahrzehnten massiv verbessert habe, müsse es das zentrale Ziel einer aktiven Gesundheitsversorgung sein, jede HIV-Neuinfektion zu verhindern. Neben Aufklärungskampagnen zu "Safer Sex" und die Bereitstellung von leistbaren Verhütungsmethoden komme dabei vor allem der HIV-Prä-Expositionsprophylaxe (kurz PrEP) eine große Bedeutung zu.
Die PrEP sei laut Lindner ein echter "Gamechanger" und werde als mehrfach bewiesene kosteneffiziente Maßnahme für Personen mit einem erhöhten HIV-Ansteckungsrisiko von UNAIDS, der Weltgesundheitsorganisation, sowie nationalen Expert:innengremien empfohlen. In vielen Ländern werde sie bereits als Leistung des öffentlichen Gesundheitssystems angeboten. Damit der Zugang zu dieser wichtigen Vorsorgemaßnahme nicht zu einer sozialen Frage werde, müsse Österreich diesbezüglich nachziehen und Personen mit erhöhtem Risiko den garantierten Zugang zur HIV-Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP), sowie zu den regelmäßigen Check-Up-Untersuchungen inklusive Laborkosten für Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko kostenfrei und finanziert durch die öffentliche Hand sicherstellen.
…für Einführung eines Arzneimittelkostendeckels
Aufgrund der hohen Inflation könnten sich viele Menschen das Leben nicht mehr leisten, zeigt die SPÖ in einem weiteren Entschließungsantrag auf. Dies betreffe auch den Gesundheitsbereich, da sich kranke Personen mittlerweile überlegen müssten, ob sie sich die verordneten Arzneimittel noch kaufen können. Deutlich gestiegen sei aber auch die Rezeptgebühr (2023: 6,85 €), wodurch zahlreiche Medikamente schon unter dieser Preisgrenze liegen würden, konstatiert Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ). Dies wirke sich nachteilig insbesondere auf Menschen mit geringem Einkommen aus, zumal die Arzneimittel auch nicht im ELGA-System aufscheinen. Die SPÖ schlägt daher die Umwandlung der im Jahr 2007 eingeführten Rezeptgebührendeckelung (2 % des Jahresnettoeinkommens) in eine Arzneimittelkostendeckelung vor, wodurch alle verordneten Medikamente in die Kostenobergrenze eingerechnet würden (3061/A(E)).
…für Verankerung von "Stealthing" im österreichischen Strafrecht
SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr macht darauf aufmerksam, dass laut einer australischen Studie bereits eine von drei Frauen und einer von fünf Männern Opfer von einer als "Stealthing" bekannten Straftat gewesen seien. Darunter verstehe man den Vorgang, bei dem ein Mann während des Geschlechtsverkehrs ohne Wissen seines Sexualpartners oder seiner Sexualpartnerin heimlich das Kondom entfernt. Diese Praktik könne als Sexualdelikt gewertet werden, da es zu einem fundamentalen Vertrauensbruch zwischen den Beteiligten komme. Es bestehe nicht nur die Möglichkeit, ungewollt schwanger zu werden, sondern sich auch mit sexuell übertragbaren Krankheiten anzustecken.
"Stealthing" müsse daher gesetzlich klar als Straftat verankert werden, so wie dies in einigen Ländern schon der Fall sei, plädiert die Antragstellerin. Außerdem sollten zielgruppengerechte Bewusstseinskampagnen zu diesem Thema durchgeführt werden. Es brauche insbesondere eine Sensibilisierung des Gesundheits-, Justiz- und Lehrpersonals für "Stealthing" sowie eine umfassende Aufklärung über diese Problematik vor allem an Schulen. Viele Betroffene wüssten nämlich nicht, dass es sich beim nicht-konsensualen Herunterziehen eines Kondoms um ein gravierendes Vergehen mit rechtlichen Auswirkungen handle (3062/A(E)). (Schluss) sue
Format
Links
- 3029/A(E) - Vorbereitende Maßnahmen für den EHDS
- 3060/A(E) - kostenfreier Zugang zur HIV-Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP)
- 3061/A(E) - Schaffung eines Arzneimittelkostendeckels
- 3047/A(E) - Automatische Fotoimplementierung bei Beantragung eines Behindertenpasses aus nationalen Datenbanken (1831 d.B.) bis zum 31. März 2023
- 3055/A(E) - Pflegeprämie muss auch in Kärnten und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!
- 3062/A(E) - Datenerhebung und Bewusstseinskampagne zu Stealthing