Parlamentskorrespondenz Nr. 139 vom 14.02.2023

Gewaltschutz für Frauen dominiert Gleichbehandlungsausschuss

Zahlreiche Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Der Gewaltschutz für Frauen war heute zentrales Thema im Gleichbehandlungsausschuss. So sprachen sich die NEOS für eine bessere Übersicht über vorhandene Gewaltschutzangebote sowie gezielte Präventionsarbeit gegen Gewalt an Mädchen aus, die FPÖ für eine "Dunkelfeldstudie" zu dieser Thematik . Abermals auf die Tagesordnung fand die FPÖ-Forderung nach einer medialen Nennung der Nationalität von Täter:innen bei Sexualdelikten und ein NEOS-Antrag auf eine klare Definition von Femiziden im Rahmen der Kriminalstatistik. Sämtliche Anträge von FPÖ und NEOS zum Gewaltschutz wurden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen vertagt.

Ebenfalls wiederaufgenommen wurden Anträge der SPÖ auf eine qualitätsvolle sexuelle Bildung an Schulen und ein Verbot von Konversionstherapien. Während Ersterer keine Mehrheit fand wurde Zweiterer von ÖVP und Grünen vertagt.

FPÖ: Dunkelfeldstudie zur Gewalt an Frauen

Um den Gewaltschutz für Frauen zu verbessern, brachten FPÖ und NEOS verschiedene Ansätze ein. So fordert etwa die freiheitliche Mandatarin Rosa Ecker dazu auf, eine österreichweite Dunkelfeldstudie durchzuführen, mit der die Hintergründe von Gewalt gegen Frauen, das typische Täterbild und mögliche gezielte Hilfestellungen zur Eindämmung der Gewalt, erhoben werden (3074/A(E)). Ohne genügend Informationen, werde es nämlich nicht gelingen, die richtigen "Hebel" zur Vorbeugung vor Gewalt zu finden, so Ecker.

Bereits im Jänner sei eine Prävalenzstudie zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Österreich von der Statistik Austria veröffentlicht worden, erklärte Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP). Zu den Hintergründen der Täter:innen habe Frauenministerin Susanne Raab gemeinsam mit dem Innen- und dem Justizressort eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die sich auf die Jahre 2010 bis 2020 beziehe. Zudem seien auch die betreffenden Justizakten von 2016 bis 2020 mit einem Schwerpunkt auf die Typologie der Täter:innen qualitativ untersucht worden, so Pfurtscheller. Die Ergebnisse würden in den nächsten Wochen veröffentlicht.

Weiters ist es den Freiheitlichen ein Anliegen, dass bei sämtlichen Sexualdelikten die Nationalität der Täter:innen gegenüber den Medien genannt wird (2690/A(E)). Eine Studie des Frauenministeriums würde die Relevanz dieser Kategorisierung bestätigen, erklärte Rosa Ecker (FPÖ) im Ausschuss. Laut Henrike Brandstötter (NEOS) spielt die Herkunft der Tatverdächtigen jedoch nur in Einzelfällen – etwa bei "Ehrenmorden" – eine Rolle, bei sexueller Belästigung aber etwa nicht. Ausschlaggebend sei eine Vielzahl an Faktoren. Die mediale Nennung der Nationalität könne zur Stigmatisierung von Minderheiten führen. Bei Femiziden gehe es "einzig und allein" um das Geschlecht, ergänzte Sabine Schatz (SPÖ),  und nicht um die Nationalität. Auch Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) und Meri Disoski (Grüne) sahen in der Nennung der Täter:innen-Nationalität keinen Mehrwert.

NEOS für Übersicht über Gewaltschutzangebote und Präventionsarbeit

Für eine umfassende Erhebung aller Gewaltschutzeinrichtungen und deren Angebote treten die NEOS ein (3122/A(E)). Sie gehen nämlich davon aus, dass für viele Betroffene aufgrund der Vielfalt an Angeboten bei unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund und Ländern nicht klar ersichtlich ist, an welcher Stelle sie bestmögliche Erstberatung erhalten.

Sowohl Doppelgleisigkeiten als auch "weiße Flecken" würden vorkommen, führte Henrike Brandstötter (NEOS) dazu im Ausschuss aus. Um dies zu vermeiden, brauche es eine gute "Aufschlüsselung". Meri Disoski von den Grünen verwies auf Auflistungen, die bereits existierten. Da die Einrichtungen oftmals in  Kompetenzbereiche der Länder und Kommunen fielen, könne das Frauenressort auch nicht alle im Antrag geforderten Daten veröffentlichen. Frauenministerin Raab nannte die Website frauenberatung.gv.at, auf der das vorhandene Angebot nutzerorientiert dargestellt werde.

Weiters sprechen sich die NEOS für die Ausarbeitung gezielter Präventions- und Schutzkonzepte hinsichtlich sexueller Gewalt an Minderjährigen aus (3042/A(E)). Mehr als ein Drittel aller Opfer von Vergewaltigung oder Nötigung seien unter 18 Jahren alt, problematisiert Mandatarin Henrike Brandstötter das ihrer Meinung nach mit anhaltenden Stigmata behaftete Thema sexueller Missbrauch innerhalb der Familie. Aufgrund dieses "Settings" seien Frauenhäuser oft keine geeignete Anlaufstelle, daher forderte sie effektivere Präventionsmodelle und eine entsprechende Weiterentwicklung des Gewaltschutzpakets ein.

Durch ein breites Angebot an Anlaufstellen, das Gewaltschutz- und das Kinderschutzpaket sowie "viel Präventionsarbeit" sah Meri Disoski (Grüne) Brandstötters Forderung bereits erfüllt und zählte einige konkrete Maßnahmen auf. In Richtung der NEOS fragte sie, was denn noch offen sei, und stellte den Vertagungsantrag.

Erneut vertagten die Koalitionsfraktionen auch die NEOS-Forderung nach einer klaren Definition für den Begriff "Femizid" und eine daran anknüpfende spezifische Datenerhebung in der Kriminalstatistik (2532/A(E)).  Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) und Meri Disoski (Grüne) begründeten dies mit der in den nächsten Wochen erscheinenden Studie, aus der dann schließlich eine Definition abgeleitet werden könne.

SPÖ-Anträge zu Verbot von Konversionstherapien und qualitätsvoller sexueller Bildung

Auch zwei wiederaufgenommene Anträge der SPÖ standen auf der Tagesordnung. Darin fordern sie einerseits ein Verbot von sogenannten Konversionstherapien an Minderjährigen und an Volljährigen, "deren Einwilligung auf Willensmangel beruht" (2231/A(E)). Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) stellte dazu den Vertagungsantrag, da ein noch weitergehender Gesetzentwurf, der auch ein Verbot der Anbahnung und Werbung für derartige Angebote vorsehe, bereits mit dem Koalitionspartner verhandelt werde. Mario Lindner (SPÖ) und Yannick Shetty (NEOS) kritisierten die Dauer der Umsetzung des Verbots.

Andererseits pochen die Sozialdemokrat:innen auf eine "qualitätsvolle" sexuelle Bildung an den Schulen (1497/A(E)). Der Bildungsminister wird im Antrag aufgefordert, ein dauerhaftes Akkreditierungsverfahren zur Sicherstellung zeitgemäßer und wissenschaftlich fundierter sexueller Bildung einzurichten und einen umfassenden Aktionsplan für die Gewährleistung flächendeckender Bildungsangebote in diesem Bereich, sowie zu deren finanzieller Ausstattung, vorzulegen. Der Antrag blieb in der Minderheit. Grünen-Mandatarin Sibylle Hamann legte eine heute in Kraft getretene Verordnung dar, durch die aus ihrer Sicht die Forderungen des Antrags erfüllt würden. Katharina Kucharowits (SPÖ), Mario Lindner (SPÖ) und Yannick Shetty (NEOS) bemängelten allerdings, dass diese Verordnung nur reaktiv (Prüfung bei Beschwerden) und nicht präventiv wirke. So forderte Kucharowits einen "Ideologie-Check" für die anbietenden Vereine, den Nico Marchetti (ÖVP) jedoch ablehnte. Das Angebot müsse auf wissenschaftlicher Basis und nicht nach ideologischen Kriterien geprüft werden. (Schluss Gleichbehandlungsausschuss) wit