Parlamentskorrespondenz Nr. 298 vom 16.03.2023

Familienausschuss: Debatte über Verhandlungen zum Mutter-Kind-Pass

SPÖ-Initiative und weitere Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Die finanzielle Absicherung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen thematisierte die SPÖ heute mit einem Antrag, der im Familienausschuss zur Debatte stand. Die Verunsicherungen, die es gebe, seien endlich zu beenden, so die Kritik. S eitens der Koalitionsparteien hieß es dazu, es gehe hier um Verhandlungen mit der Ärztekammer, wobei sich die Bundesregierung zu 100 % für den Mutter-Kind-Pass einsetze.

Der SPÖ-Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen ebenso vertagt wie eine Reihe weiterer Oppositionsanträge. So setzen sich die Sozialdemokrat:innen auch für die Umsetzung und Präsentation des Nationalen Aktionsplans zur Europäischen Garantie für Kinder ein und werfen die Ergebnisse der Kinderkostenstudie auf. Die FPÖ fordert eine Härtefallregelung auch für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld sowie ein generelles Verbot der Leihmutterschaft auf EU-Ebene. Den NEOS geht es um eine Vereinfachung der Karenzmodelle, um ein Kinderbetreuungsgeld für Krisenpflegeeltern ab dem ersten Tag sowie um innovative Kinderbetreuungsmodelle für Mitarbeiter:innen von KMU.

SPÖ drängt auf finanzielle Absicherung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen

Der Mutter-Kind-Pass gehört seit seiner Einführung im Jahr 1974 zu den wohl größten Erfolgsgeschichten in der modernen Medizin, heißt es in dem Antrag der SPÖ (2869/A(E)). Lag zu Beginn das größte Ziel darin, die Säuglingssterblichkeit zu reduzieren, diene er heute vor allem der Prävention. Obwohl die Untersuchungen kontinuierlich dem Stand der Wissenschaft angepasst wurden, habe es bei den Honoraren seit 1994 keine Erhöhungen gegeben. Aus diesem Grund hätten die Ärztekammern in Wien, Niederösterreich und Steiermark bereits den Ausstieg aus dem Mutter-Kind-Pass mit Ende März 2023 beschlossen, in Oberösterreich und Kärnten sollen dementsprechende Vorbereitungen laufen. Da die Konsequenzen daraus für die Familien äußerst problematisch wären, müsse von den politisch Verantwortlichen so rasch wie möglich sichergestellt werden, dass die Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes wie bisher auch in Zukunft erbracht werden, dass sie für die Betroffenen kostenfrei bleiben und dass deren Finanzierung weiterhin gesichert sei.

Dass es "noch immer" keine Lösung dafür gebe, bezeichnete Petra Wimmer (SPÖ) als erschreckend. Es gelte, die Unsicherheit endlich zu beenden. Fiona Fiedler (NEOS) sowie Rosa Ecker (FPÖ) sahen das ähnlich. Aus Sicht von Fiedler müsse der Pass als Erfolgsgeschichte weiter gesichert werden, es seien aber auch die Inhalte überarbeitungswürdig. Ecker betonte, es sei höchst an der Zeit für eine Einigung in den Verhandlungen. Es hänge viel am Mutter-Kind-Pass, wie etwa das Karenzgeld oder Landesförderungen.

Ähnlich wie Ralph Schallmeiner (Grüne) und Maria Großbauer (ÖVP) meinte Familienministerin Susanne Raab, dass in den Vertragsverhandlungen auch die Ärztekammer Verantwortung übernehmen müsse. Es habe seit nunmehr 30 Jahren erstmals eine Budgetaufstockung gegeben. Weitere Gespräche würden zeitnah stattfinden, zumal der Familienministerin zufolge alle wollen, dass die Gesundheit in diesem Bereich sichergestellt wird. Es gehe in den Verhandlungen um ein Gesamtpaket, das sowohl die Digitalisierung und neue Leistungen als auch die Anpassung der Honorare beinhalte. Als "Drohgebärde" in den Vertragsverhandlungen eine Aufkündigung des Mutter-Kind-Passes vorzubringen sei nicht zielführend, so Raab.

SPÖ für Umsetzung und Präsentation des Nationalen Aktionsplans zur Europäischen Garantie für Kinder

Auf die Präsentation des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der im Juni 2021 auf EU-Ebene beschlossenen Empfehlung zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder pochen mit einem Antrag die SPÖ-Abgeordneten Petra Wimmer und Christian Oxonitsch (3173/A(E)). Ziel dieser Maßnahme sei es, Kinderarmut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen und den Zugang bedürftiger Kinder zu einer Reihe wichtiger Dienste zu garantieren. Die nationale Umsetzung lasse aber noch immer auf sich warten, obwohl im Herbst 2021 von einer finalen Abstimmung die Rede gewesen sei, so Wimmer. Ebenso unklar sei, ob der Aktionsplan der Öffentlichkeit vorgestellt werde. Außerdem habe man lediglich 120.000 € für die Europäische Kindergarantie budgetiert, für 2024 und 2025 seien noch gar keine Mittel vorgesehen, bemängeln die Antragsteller:innen. Angesichts von 368.000 armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Kindern wären aber Maßnahmen, wie etwa sogenannte armutsfeste Sozialleistungen, eine Unterhaltsgarantie, ein Rechtsanspruch auf ganztägige Kindergartenplätze sowie die Bereitstellung einer gesunden, kostenlosen Mittagsverpflegung dringend erforderlich. Ausschussvorsitzender Norbert Sieber (ÖVP) sprach sich seitens der Koalitionsparteien für die Vertagung aus, zumal sich der Nationale Aktionsplan für diesen Bereich derzeit in finalen Abstimmungen befinde.

SPÖ: Ergebnisse der Kinderkostenstudie soll ernst genommen, Regelbedarfssätze angepasst und Unterhaltsgarantie umgesetzt werden

SPÖ-Mandatarin Petra Wimmer erinnerte im Ausschuss daran, dass seit Ende des Jahres 2021 die Ergebnisse der Kinderkostenanalyse vorliegen, aber weder politisch bewertet noch als Basis für Reformen herangezogen worden seien. Handlungsbedarf gebe es aber genug, zumal fast jedes fünfte Kind in Österreich armutsgefährdet sei, so Wimmer. Die Umsetzung der 2017 von allen Parteien befürworteten Unterhaltsgarantie auf Basis des tatsächlichen Bedarfs von Kindern sowie die Anpassung der seit 1964 nicht erhöhten Regelbedarfssätze seien daher besonders drängend (2409/A(E)).

Barbara Neßler (Grüne) begründete die Vertagung dieses Antrags mit einem Fahrplan hin zu einer Kindschaftsrechtsreform, die breit getragen werden soll. Nach einem partizipativen Prozess soll dabei auch hinsichtlich der kritischen Punkte versucht werden, die bestmögliche Lösung zu finden. Ein Entwurf zu dieser sensiblen Materie werde mit dem Koalitionspartner abgestimmt, so Neßler.

FPÖ: Härtefallregelung soll auch für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld gelten

Im Gegensatz zum pauschalierten Kinderbetreuungsgeld gebe es beim einkommensabhängigen Modell keine Härtefallregelung, die eine Verlängerung des Bezugs aus bestimmten Gründen ermögliche, bemängelte im Ausschuss die FPÖ-Abgeordnete Rosa Ecker. Beide Varianten können generell nur dann voll in Anspruch genommen werden, wenn sich die Eltern die Betreuung teilen und den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes auf beide aufteilen. Leider komme es immer wieder zu Härtefällen, die einen geteilten Bezug unmöglich machten und den alleingestellten Elternteil oft vor große finanzielle Schwierigkeiten stellten. Da es sich dabei ohnehin nur um wenige Fälle pro Jahr handle, sei es aus Sicht der FPÖ unverständlich, warum nicht auch das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld verlängert werden könne, so der Antrag der Freiheitlichen (3156/A(E)). Für die Vertagung sprach aus Sicht von Johanna Jachs (ÖVP), dass derzeit bereits geprüft werde, wie diese Lücke der Härtefälle geschlossen werden kann. Dieses Ergebnis sei abzuwarten.

NEOS wollen Karenzmodelle vereinfachen und Beratungsbedarf reduzieren

Ein Anliegen der NEOS, das ebenso vertagt wurde, besteht darin, das System des Kinderbetreuungsgeldes in eine einheitliche, strukturierte, übersichtliche und vereinfachte Form zu bringen. Gerade in Zeiten großer Umbrüche, wie beispielsweise bei der Geburt eines Kindes, würde die Bürokratie viele Menschen vor große Herausforderungen stellen, zeigte Michael Bernhard (NEOS) auf. So müssten viele Familien aufgrund der komplizierten Antragswege oft auf die rechtzeitige Auszahlung der Familienbeihilfe oder des Kinderbetreuungsgeldes warten. Die bestehenden Probleme seien auch immer wieder Gegenstand von parlamentarischen Initiativen gewesen und hätten zudem zu kritischen Stellungnahmen von Seiten des Rechnungshofes geführt. Die Regierung habe sich in der Folge zwar dazu entschlossen, im Rahmen des erweiterten Eltern-Kind-Passes zusätzliche Beratungseinheiten anzubieten, räumt Bernhard ein. Aber im Sinne einer effizienten und steuerschonenden Staatsverwaltung sollte stattdessen eine Reform der Bezugsmodelle für das Kinderbetreuungsgeld in Angriff genommen werden (3138/A(E)). Johanna Jachs (ÖVP) meinte dazu etwa, dass es noch Erfahrungswerte abzuwarten gelte, ob nunmehr durch Beratungen der Zugang leichter geworden ist.

NEOS: Krisenpflegeeltern müssen Kinderbetreuungsgeld ab dem ersten Tag erhalten

Auf die schwierige Situation von Krisenpflegeeltern machen die NEOS in einem weiteren Entschließungsantrag aufmerksam. Problematisch seien nicht nur die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen in den Bundesländern, sondern vor allem die Tatsache, dass Krisenpflegeeltern – trotz eines anderslautenden Urteils des OGH - erst nach 91 Tagen einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld geltend machen können. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund, dass es immer schwieriger werde, Familien für die Aufnahme von Pflegekindern zu finden, nicht hinnehmbar. Antragsteller Michael Bernhard (NEOS) sprach sich daher für Maßnahmen aus, dass Krisenpflegeeltern Kinderbetreuungsgeld für die gesamte Zeit, in der sie ein Kind bei sich aufgenommen haben, beziehen können (3137/A(E)).

Die Vertagung seitens der Koalitionsparteien argumentierte etwa Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) damit, dass die bessere Absicherung der Krisenpflegeeltern und der Pflegekinder ein wichtiges Thema, aber noch mit einigen offenen Fragen verbunden sei. Der Bereich falle in die Länderkompetenzen, aber es gebe auch mit dem Bund Gespräche, um Verbesserungen zu erreichen. Außerdem sei der geforderte Anspruch durchaus ab dem ersten Tag möglich, wenn die Anspruchsvoraussetzung von 91 Tagen bestehe, meinte neben Scheucher-Pichler auch Norbert Sieber (ÖVP). Aus Sicht von Christian Oxonitsch (SPÖ) fehlt hier allerdings ähnlich wie für Bernhard die Rechtssicherheit.

NEOS für Unterstützung von innovativen Kinderbetreuungsmodellen für Mitarbeiter:innen von KMU

Dringenden Handlungsbedarf beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehen die NEOS, die in einem Entschließungsantrag auf einen eklatanten Arbeitskräftemangel in Österreich verweisen (3197/A(E)). Ein Hauptgrund dafür liegt nach Ansicht von Michael Bernhard (NEOS) in den fehlenden Kinderbetreuungsangeboten vor allem in den ländlichen Regionen. Während es für größere Unternehmen eher möglich sei, eigene Betriebskindergärten einzurichten, würden vor allem kleinere und mittlere Firmen vor großen Herausforderungen stehen. Außerdem würden einkommensteuerrechtliche Hürden bestehen, durch die Eltern bei Nutzung eines Betriebskindergartens indirekt bestraft würden, zeigen die NEOS auf. Sie ersuchen daher die zuständige Familienministerin, gemeinsam mit der Wirtschaftskammer ein bundesweit einheitliches Modell zur Förderung von firmenübergreifenden Betriebskindergärten für KMU zu entwickeln, wie Bernhard bekräftigte.

Auch diese Forderung wurde vertagt. Barbara Neßler (Grüne) und Bettina Rausch (ÖVP) verwiesen diesbezüglich auf die Länderkompetenz. Rausch zufolge werden außerdem bereits jetzt Mittel vom Bund für betriebsübergreifende Projekte eingesetzt. Es brauche hier zudem einen Bewegungsspielraum, was nicht für eine eigene Schiene für KMU spreche.

FPÖ für generelles Verbot der Leihmutterschaft auf EU-Ebene

In einem weiteren von den Koalitionsparteien vertagten Entschließungsantrag zeigen sich die Freiheitlichen besorgt über Pläne der Europäischen Kommission, wonach Leihmutterschaftsverträge in der EU anerkannt werden sollen (3169/A(E)). Sie unterstützen dabei die Initiative "wwww.stoppt.leihmutterschaft.at" sowie die Forderungen des Katholischen Familienverbands und der "aktion leben", die sich in dieser Angelegenheit Anfang Februar in einem offenen Brief sowohl an die Minister:innen Susanne Raab und Alma Zadić gewandt haben. Darin wird zum Ausdruck gebracht, dass Leimutterschaft mit Kinderhandel gleichzusetzen sei und dass sie in den meisten Fällen auf Ausbeutung von Frauen in prekären Lebenssituationen basiere. Laut aktueller Gesetzeslage sei Leihmutterschaft in Österreich verboten, konstatierte Rosa Ecker (FPÖ), dies sollte auch auf EU-Ebene gelten.

Barbara Neßler (Grüne) zufolge wird die betreffende Materie derzeit auf EU-Ebene geprüft, dem wolle man nicht vorgreifen. (Schluss Familienausschuss) mbu