Parlamentskorrespondenz Nr. 310 vom 20.03.2023

Monitoring-Bericht: Erstmalige Überschreitung der Ausgabenobergrenzen im Bereich der Krankenversicherung im Jahr 2022

Instrument der Finanzzielsteuerung nur beschränkt aussagekräftig bezüglich COVID-19-Belastungen der Bundesländer

Wien (PK) - Im Jahr 2013 haben sich Bund, Länder und Sozialversicherung erstmals auf eine vertraglich festgelegte Organisation der Gesundheitsversorgung in Österreich verständigt. Wesentlicher Bestandteil der 15a-Vereinbarung Zielsteuerung Gesundheit ist ein Kostendämpfungspfad, der eine Reduktion des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6 % (2017) auf jeweils 3,2 % in den Jahren 2021 bis 2023 vorsieht. Außerdem wurden strategische Ziele in den Bereichen "bessere Versorgung, bessere Qualität und gesündere Bevölkerung" definiert.

Über die Einhaltung der sektorenübergreifenden Ausgabenobergrenzen informiert unter anderem ein regelmäßiger, halbjährlicher Kurzbericht, der von der Gesundheit Österreich GmbH für das Sozialministerium erstellt und dann dem Parlament zugeleitet wird (III-893 d.B.). Erstmals seit Einführung der Finanzzielsteuerung werden 2022 in allen Bundesländern gesamthaft (Länder und gesetzliche Krankenversicherung) die Ausgabenobergrenzen überschritten. Dem aktuellen Bericht, der den Stand der Zielerreichung bis Oktober 2022 widerspiegelt, sind auch Stellungnahmen der einzelnen Landes-Zielsteuerungskommissionen zu den Ergebnissen des Monitorings beigefügt.

Analyse der Gesundheitsausgaben aufgrund der unterschiedlichen Verrechnung der COVID‐19‐Aufwendungen nur eingeschränkt möglich

In der Einleitung geben die Autor:innen zu bedenken, dass die von der Politik gesetzten Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung der COVID‐19‐Pandemie und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben einnahmenseitig das Beitragsaufkommen der Sozialversicherung sowie das Steueraufkommen beeinflusst hätten. Andererseits sei auch von ausgabenseitigen Effekten auf die zielsteuerungsrelevanten öffentlichen Gesundheitsausgaben auszugehen. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Dynamik der Pandemie und die damit verbundene Unvorhersehbarkeit Finanzierungsentscheidungen im Gesundheitswesen wesentlich erschweren würden.

Um eine bestmögliche und vollständige Erfassung der Gesundheitsausgaben zu gewährleisten, seien ergänzende Informationen bei den Ländern und der gesetzlichen Krankenversicherung eingeholt worden, heißt es im Bericht. Diese hätten unter anderem erbracht, dass COVID-19-Aufwendungen der Krankenanstalten zum großen Teil über Betriebsabgangsdeckungen von den Ländern (und Gemeinden) beglichen oder dass Mindererträge im Rahmen zeitnaher Zuschüsse kompensiert worden seien. Ein Teil dieser Vorfinanzierung wurde etwa durch eine einmalige Auszahlung in der Höhe von 750 Mio. € im Jahr 2022 vom Bund gedeckt (COVID-19-Krisenbewältigungsfonds). Das Monitoring sei daher aufgrund der unterschiedlichen Finanzierungsmechanismen in den Ländern sowie der heterogenen Verrechnungsweisen als Instrument nur eingeschränkt geeignet, um konkret bezifferte Aussagen über die COVID‐19‐Belastungen der Bundesländer ab dem Jahr 2020 zu tätigen.

Die zentralen Ergebnisse: Stark steigende Tendenz bei den Gesundheitsausgaben

Da sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) im Jahr 2020 auf 30,04 Mrd. € belaufen haben, ist erstmalig von einer Überschreitung der für diesen Zeitraum vereinbarten Ausgabenobergrenze um rund 765 Mio. € (bzw. 2,61 %) auszugehen. Laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria kommt es 2021 zu einem weiteren Anstieg auf 35,21 Mrd. € und somit zu einer sehr deutlichen Überschreitung um knapp 5 Mrd. € (16,53 %). Damit verbunden ist auch ein höherer Anteil der öffentlichen Gesundheitsausgaben am BIP, nämlich 7,9 % bzw. 8,7 % in den ersten beiden Pandemiejahren. Es wird diesbezüglich im Bericht darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2020 die Aufwendungen für die Bekämpfung der COVID‐19‐Pandemie (u. a. für Schutzausrüstung, Testungen, Contact‐Tracing, die telefonische Gesundheitsberatung 1450, Barackenspitäler) in die Berechnung der Gesundheitsausgaben inkludiert werden.

Eine ähnliche Tendenz ist bei den Ländern zu verzeichnen. Zum aktuellen Monitoringzeitpunkt wurden Ausgaben in der Höhe von rund 13,97 Mrd. € für das Jahr 2021 ermittelt, also um 221 Mio. € bzw. 1,61 % mehr als vorgegeben. Für das Jahr 2022 wird mit einem noch deutlicherem Anstieg um 4,27 % (605 Mio. €) gerechnet. Generell liegen die Wachstumsraten der Gesundheitsausgaben der Länder seit 2017 mehrheitlich über jenen der vereinbarten Ausgabenobergrenzen; im Jahr 2022 trifft das auf alle Bundesländer mit Ausnahme von Kärnten zu.

Zu einer Unterschreitung der Vorgaben kommt es nur mehr im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, für die im Jahr 2021 ein Betrag in der Höhe von 12,11 Mrd. € ausgewiesen wird. Dies entspricht einem Minus von 38 Mio. € bzw. 0,31 %. Im Jahr 2022 kommt es jedoch erstmalig zu einer Überschreitung um 217 Mio. € (1,73 %).

Nicht unter die Zielsteuerungsvereinbarung fallen die Gesundheitsausgaben aus den Bereichen Pensionsversicherung, Unfallversicherung, Krankenfürsorgeanstalten des Bundes sowie der Aufwand der Krankenversicherungsträger für Kieferregulierungen bei Kindern und Jugendlichen; für sie gelten daher auch die Ausgabenobergrenzen nicht. (Schluss) sue