Parlamentskorrespondenz Nr. 365 vom 30.03.2023

Schallenberg bringt Unterstützung für internationalen Haftbefehl gegen Putin zum Ausdruck

Fragestunde mit Außenminister im Nationalrat

Wien (PK) – Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine war zentrales Thema bei der Fragestunde an Außenminister Alexander Schallenberg im Nationalrat, nachdem sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj heute mit einer Videoansprache an die Abgeordneten wandte (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 363/2023). Österreich werde auch weiterhin Solidarität mit der Ukraine zeigen, betonte Schallenberg, der außerdem zu den Menschenrechtsverletzungen im Iran und die Belastung des Asylsystems befragt wurde.

Unterstützung der Ukraine als Weg zu Friedensgesprächen

Die Unterstützungsmöglichkeiten bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen wurden von den Abgeordneten Reinhold Lopatka (ÖVP), Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) eingangs zur Sprache gebracht. Österreich setzte sich als einer von 33 Staaten aktiv für die Einrichtung eines Sondertribunals beim Internationalen Strafgerichtshof hinsichtlich des russischen Aggressionsakts ein, informierte Außenminister Alexander Schallenberg. Der internationale Haftbefehl gegen Wladimir Putin sei ihm zufolge ein klares Signal dafür, dass niemand – auch kein Staatsoberhaupt – über dem Recht stehe.

Mit mehr Waffen sei noch nie Frieden geschaffen worden, darin bestätigte der Außenminister SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits, die Besorgnis hinsichtlich einer "Aufrüstungsspirale" äußerte. Fakten würden am Tisch festgelegt werden und nicht am Schlachtfeld, daher sei die Unterstützung der Ukraine der beste Weg für die Aufnahme von Friedensgesprächen, meinte Schallenberg dazu. Die seitens Russlands angekündigte Stationierung von Atomwaffen in Belarus wertete er gegenüber Nico Marchetti (ÖVP)als eine inakzeptable und verantwortungslose Eskalationsstufe.

Petra Steger (FPÖ) nutzte die Fragestunde dazu, die Kritik ihrer Fraktion an der Haltung der Bundesregierung zum Krieg gegen die Ukraine zu untermauern. Ihrer Meinung nach werde Österreichs Neutralität durch die Ermöglichung des Videoauftritts Selenskyjs im Parlament mit Füßen getreten. Nur die FPÖ würde Österreichs Neutralität verteidigen. Sie wollte wissen, in welcher Gesamthöhe die Ukraine bislang von Österreich unterstützt wurde. Laut Außenminister flossen 129 Mio. € an öffentlichen Geldern, wobei im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität keine Waffen sondern nur humanitäre Unterstützungsleistungen finanziert wurden. Die EU-Makrofinanzhilfe für die Ukraine unterliege Kontrollmechanismen und Berichtspflichten, beantwortete Schallenberg eine Nachfrage zur möglichen missbräuchlichen Verwendung der Gelder. Zur Neutralitätsfrage konterte Schallenberg, nur eine Parlamentsfraktion habe nicht verstanden, was Österreichs Neutralität bedeute. Es handle sich um militärische Neutralität und nicht um Gesinnungsneutralität, sagte er. Österreich werde weiter Solidarität für die Ukraine zeigen.

Bezugnehmend auf die humanitäre Hilfe für die rund 90.000 ukrainischen Schutzsuchenden in Österreich könnte nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Bundesländer, Gemeinden und die Bevölkerung stolz darauf sein, was geleistet wurde, meinte Schallenberg zu Martin Engelberg (ÖVP). Er erwähnte neben den Finanzmitteln auch die Hilfsgüterlieferungen. Auch 2023 werde man Solidarität auf allen Ebenen handhaben, sagte er.

Von Michel Reimon (Grüne) wurde die Rolle Chinas gegenüber Russlands Angriffskrieg und die Situation mit Taiwan aufgeworfen. Ein Konflikt würde schlimme Auswirkungen haben, meinte der Außenminister dazu. Daher bedürfe es einem Dialog mit fairen Rahmenbedingungen, der die Menschenrechte anspreche. China habe mit seiner "pro-russischen Neutralität" kein Interesse an der Fortdauer des Krieges und trage globale Verantwortung, womit man sich systemisch auseinander setzen müsse, so Schallenberg.

Weitere Themen: Menschenrechtsverletzungen im Iran, Schengen und Asylbelastung

Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine dürfe man andere Krisen nicht vergessen, verwies Außenminister Alexander Schallenberg auf die Situation im Iran. Um die iranischen Revolutionsgarden auf EU-Ebene als Terrororganisation einzustufen, würde es zunächst dem Urteil eines Gerichts eines EU-Mitgliedslands bedürfen, reagierte er auf einen Appell von Grünen-Mandatarin Ewa Ernst-Dziedzic, den dortigen Menschenrechts- und Frauenrechtsverletzungen Einhalt zu gebieten. Trotz mehrerer Sanktionspakete sei es wichtig, den Druck aufrecht zu erhalten und eine "klare Kante zu zeigen", sagte Schallenberg auch zu Harald Troch (SPÖ), der die Demokratiebewegung im Iran ebenfalls mit Argwohn thematisierte.

Von Helmut Brandstätter (NEOS) wurde der Außenminister auf seine Involvierung in das Schengenveto gegenüber Bulgarien und Rumänien angesprochen. Dieses sei nicht über Nacht entstanden, so die Antwort. Da Österreich die höchste Asylbelastung innerhalb der EU aufweise, sei es notwendig gewesen, die Notbremse zu ziehen, erklärte er den Schengenraum als derzeit "dysfunktionales System".

Im Zusammenhang mit dem europäischen Asylsystem kam auch das Thema Rückübernahmeabkommen zur Sprache. FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger sprach sich für entsprechende Maßnahmen bei "illegal aufhältigen" Personen mit negativem Asylbescheid aus. Dass sieben von zehn Menschen, die keinen Asylstatus erhalten, trotzdem in Österreich bleiben würden, bezeichnete Außenminister Schallenberg als "Achillesferse". Da Rückübernahmeabkommen mit mehreren Ländern nur schleppend funktionieren würden, befürworte er einen holistischen Ansatz und zeigte sich erfreut, dass innerhalb der Europäischen Union langsam ein Umdenken stattfinden würde. Robert Laimer (SPÖ) und Henrike Brandstötter (NEOS) hakten bezüglich konkreter Kooperationen nach und wurden informiert, dass mit Indien, Marokko und der Mongolei bereits fertige Abkommen bestünden, auch mit Armenien, Aserbeidschan und Ägypten soll es künftig welche geben.

Die Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo würden sein Ressort momentan sehr beschäftigten, sagte der Minister zu ÖVP-Mandatar Andreas Minnich. Beim Umsetzungsfahrplan würden sich beide Seiten schwertun. Zur Normalisierung der Beziehungen gebe es in seinen Augen keine Alterative, zeigte er sich angesichts der gelungenen Grundsatzeinigung aber grundsätzlich positiv gestimmt. Schallenberg befürwortet eine EU-Beitrittsperspektive für den Kosovo.

Hermann Gahr (ÖVP) thematisierte die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Autonomiekompetenzen Südtirols durch die neue italienische Regierung. Die deutliche Haltung dieser sei für Schallenberg eine positive Überraschung gewesen. Die Voraussetzungen seien gut. (Fortsetzung Nationalrat) fan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.