Parlamentskorrespondenz Nr. 492 vom 08.05.2023

Konsumentenschutzminister legt Förderkonzept zur Sicherstellung der langfristigen Finanzierung von Verbraucherorganisationen vor

Drei Finanzierungsoptionen sollen Entscheidungsgrundlage für künftige Aufstellung des Verbraucherschutzes bilden

Wien (PK) – Um eine tragfähige Entscheidungsgrundlage für die mittel- und langfristige finanzielle Absicherung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) zu erhalten, werden in einem von Konsumentenschutzminister Johannes Rauch vorgelegten Bericht verschiedene Möglichkeiten dazu aufgezeigt ( III-929 d.B.). Die Basis dafür bildete eine Entschließung des Nationalrats vom Dezember 2022, in der der Minister um ein Förderkonzept von Verbraucherschutzorganisationen, insbesondere des VKI, ersucht wurde.

Konsumentenschutz als Querschnittsmaterie sei alles andere als statisch. Da sich wirtschaftliche, technische und ökologische Rahmenbedingungen ändern würden, müsse auch der Verbraucherschutz mitziehen, heißt es in dem Bericht. Als wesentliche Treiber der Veränderung seien die immer weiter fortschreitende Digitalisierung und der Grüne Wandel anzusehen, die sich stark auf die zukünftigen Anforderungen an Verbraucherschutz- und Informationsorganisationen sowie Behörden auswirken würden.

Strukturelle Herausforderungen für den Konsumentenschutz

Nach einem Überblick über die Aufgaben und der Förderung des VKI sowie weiterer im Konsumentenschutz tätigen Organisationen durch das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) befasst sich der Bericht mit verschiedenen Organisationsmodellen in anderen europäischen Ländern.

Zudem werden die strukturellen Herausforderungen bei der Gewährleistung des Verbraucherschutzes in Österreich analysiert. Das BMSGPK sei zwar zur Förderung von Verbrauchervertretungen, insbesondere zur Sicherstellung der Beratung, Information und Rechtsdurchsetzung verpflichtet, die dem Ministerium bereitgestellten personellen Ressourcen würden jedoch seit langem dafür nicht ausreichen, so der Bericht. Deswegen sei die Rechtsdurchsetzung ausgelagert worden, Einzelberatungsanfragen würden meist an den vom Ministerium geförderten VKI oder andere Beschwerdestellen weitergeleitet werden. Für die in Aussicht genommene Übertragung von Aufgaben aus der Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie durch das BMSGPK, seien etwa ausreichend Planstellen erforderlich, da mit Verwaltungsverfahren zu rechnen sei.

Laut dem Bericht bedeutet das Fehlen eines universitären Lehrstuhls für Verbraucherrecht und -politik eine weitere strukturelle Herausforderung. Ein eigener Lehrstuhl könne die Ausgewogenheit in der wissenschaftlichen Aufarbeitung von verbraucherrelevanten Themen erhöhen und so auch einen deutlichen Mehrwert für den innerösterreichischen Diskurs bieten.

Was die Überlegungen zur Neugestaltung der Organisationslandschaft betrifft, sei die Errichtung einer eigenen Organisationseinheit für die Vollziehung und Koordination des Konsumentenrechts eine potenzielle Option, heißt es im Bericht. Zu diskutieren sei die Rechtsform sowie die Frage der Weisungsfreiheit, wobei eine solche Organisationseinheit "selbstverständlich" mit genügend Personalressourcen und Infrastruktur ausgestattet werden müsste. Zudem müsse ihre Unabhängigkeit und eine ausreichende finanzielle Ausstattung gewährleistet werden. Dabei von Vorteil sei die Konzentration des Know-How, was zu einer effektiveren und rascheren Bearbeitung im Sinne der Verbraucher:innen und der Unternehmen führen könnte.

Um flexibler auf notwendige Erfordernisse reagieren zu können, habe man laut dem Bericht mit der Fachstelle für die Normungsbeteiligung bereits eine Organisationsform gewählt, die nicht direkt in der Bundesministerienstruktur angesiedelt sei. Eine solche Vorgangsweise könne - nach entsprechender Gesetzesänderung – auch im Bereich der Produktsicherheit angedacht werden. Dasselbe gelte für die Einrichtung einer Ombudsstelle zur Sicherstellung der behördlichen Rechtsdurchsetzung und Wahrnehmung der Aufgaben in europäischen Netzwerken, was zu einer klaren Abgrenzung von der Tätigkeit der Beratung und Information führen würde.

Drei Finanzierungsoptionen zur Sicherstellung des Verbraucherschutzes

Unabhängig von der zukünftigen Organisationsform sei jedenfalls die Finanzierung des Konsumentenschutzes zu gewährleisten, wird in dem Bericht betont. Dazu werden drei unterschiedliche Optionen skizziert und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile beleuchtet. Bei weiterführenden Überlegungen zur langfristigen Finanzierung seien insbesondere die Unabhängigkeit bei der Finanzierung sowie die neuen Herausforderungen auf nationaler und europäischer Ebene zu beachten.

Als erste Option wird die Schaffung einer gesetzlich unbefristeten Grundlage ausschließlich zur Finanzierung des VKI genannt. Dabei würde zwar die langfristige Finanzierung des VKI gewährleistet, es komme jedoch zu einer starken budgetären Einschränkung des BMSGPK und zu einer gesetzlichen Bevorzugung eines Förderwerbers. Etwa Organisationen, die bereits heute im Bereich Digitalisierung und Nachhaltigkeit aktiv sind, würden benachteiligt werden. Weitere strukturelle Anpassungen in der österreichischen Verbraucherschutzlandschaft würden zudem durch eine einseitige gesetzliche Regelung eher eingeschränkt als gefördert werden, heißt es seitens des Ministeriums.

Die Fortführung der derzeitigen Finanzierung aus dem regulären Budget des Ressorts ist laut dem Bericht eine weitere Möglichkeit. Von Vorteil sei, dass es zu keiner gesetzlichen Bindung des Ressorts an die (exklusive) Förderung einer Organisation komme, wodurch die Möglichkeit bestehe, weiterhin unterschiedliche Organisationen zu unterstützen. So könne die inhaltliche Ausgestaltung der Förderung besser an die notwendigen Gegebenheiten angepasst werden. Zudem sei ein flexibles Reagieren auf die Auswirkungen der Umsetzung der EU-Richtlinie über Verbandsklagen möglich. Negativ zu betrachten sei, dass bei dieser Option die gesetzliche Absicherung der VKI-Förderung nicht gegeben, sondern der Verein abhängig von den budgetären Möglichkeiten sei. Somit bestünde für die Förderwerber:innen keine langfristige Planbarkeit ihrer Aktivitäten, außerdem würde eine Weiterentwicklung der Organisationslandschaft im Bereich des Verbraucherschutzes behindert, wird zu bedenken gegeben.

Als dritte Option wird die Einrichtung eines Fonds genannt, durch den die Fördergelder bereitgestellt werden könnten. So könne eine deutliche Unabhängigkeit von der regulären Zuteilung von Budgetmitteln auf Bundesebene erreicht werden, zudem sei eine transparente Mittelzuteilung durch einen entsprechenden Beirat möglich. Weitere Vorteile seien das flexible Reagieren auf die EU-Verbandsklagerichtlinie sowie die klare organisatorische Trennung der Aufgaben des BMSGPK von der Förderung von unabhängig tätigen Verbrauchervertretungen, so der Bericht. Nachteilig zu betrachten sei der entstehende Organisationsaufwand für die Verwaltung und die Abwicklung der Förderanträge des Fonds. Zudem sei die unmittelbare Absicherung des VKI nicht gewährleistet, da dieser einer von verschiedenen Förderwerber:innen sein würde.

Laut dem Bericht kann ein solcher "Konsument:innenschutzfonds" (KSF) nach dem Muster des seit 1989 tätigen Verkehrssicherheitsfonds eingerichtet werden, wobei die Mittel für die Förderung von Verbraucherschutzorganisationen, Verbraucherschlichtung, -forschung sowie -bildung zweckgewidmet sein sollen. Ein entsprechender Beirat könne Leitlinien zur Mittelvergabe und Projekten festlegen, welche förderwürdige Organisationen erfüllen müssen. Für die Verwaltung eines solchen Fonds soll das Konsumentenschutzressort zuständig sein.

Was die Finanzierung eines KSF betrifft, wird im Bericht von einem jährlichen Mittelbedarf von 10 Mio. € ausgegangen. Darin enthalten ist die Basisförderung für Verbraucherschutzvereine (4,5 Mio. €), die Grundfinanzierungen in den Bereichen Normung, Produktsicherheit und Verbraucherschlichtung (2 Mio. €), projektbezogene Förderungen von webbasierten Tools zur Stärkung der Verbraucherrechte, die Finanzierung von Verbraucherbildung sowie die Förderung von Wissenschaft und Forschung zu Verbraucherrechten inklusive einer Stiftungsprofessur (je 1 Mio. €). Weitere 500.000 € sind für einen Projektkostenfonds eingeplant.

Die Mittelaufbringung soll über einen fixen Anteil am Aufkommen einer dafür naheliegenden Steuer oder Gebühr (Werbeabgabe, Digitalsteuer, Versicherungssteuer, Wettgebühren, o.Ä.) erfolgen. Als weitere Möglichkeit nennt der Bericht eine gesetzliche Finanzierung durch einen einwohnerbezogenen Beitrag in der Höhe von 1,20 €. (Schluss) med.


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