Parlamentskorrespondenz Nr. 566 vom 24.05.2023

Nationalrat: Kurzdebatte über Inhalte von Meinungsumfragen des Finanzministeriums

SPÖ ortet "ÖVP-zensurierte" Ergebnisse und parteipolitischen Missbrauch von Steuermitteln

Wien (PK) – Vom Finanzministerium beauftragte Meinungsumfragen standen heute im Zentrum einer auf Verlangen der SPÖ durchgeführten Kurzen Debatte in der heutigen Nationalratssitzung. Anlass war die Beantwortung einer diesbezüglichen schriftlichen Anfrage von SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer durch Finanzminister Magnus Brunner.

Angesichts der juristischen und politischen Aufarbeitung der Vorwürfe rund um parteipolitisch motivierte Erhebungen zur Beeinflussung des öffentlichen Diskurses, fragte Krainer nach methodischen Hintergründen und Detailergebnissen der von Brunners Ressort beauftragten Umfragen. In seiner Anfragebeantwortung verwies Brunner unter anderem auf die Homepage des Ressorts, wo die gewünschten Informationen zu finden seien. Die SPÖ zeigte sich unzufrieden, da es sich bei den dort veröffentlichten Daten aus ihrer Sicht um "ÖVP-zensurierte" Ergebnisse handle und stellte einen Antrag, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen. Dieser blieb ebenso in der Minderheit wie ein von Jörg Leichtfried (SPÖ) gestellter Antrag auf Herbeischaffung von Finanzminister Brunner. Letzterer wurde von Staatssekretär Florian Tursky vertreten.

SPÖ sieht "beschämenden" parteipolitischen Missbrauch von Steuergeld

Im Plenum erinnerte Krainer daran, dass Finanzminister Brunner angekündigt habe, bezüglich der von seinem Ressort beauftragten Umfragen für Transparenz zu sorgen – auch was Erhebungen betreffe, deren Beauftragung in die Amtszeit seines Vorgängers Gernot Blümel fielen. Brunners Anfragebeantwortung zeige jedoch, dass er diesem Anspruch nicht gerecht werde, erklärte Krainer. So gehe aus einer der Studien hervor, dass 47 % der Österreicher:innen Bargeldobergrenzen zur Bekämpfung von Geldwäsche befürworteten, was der Parteilinie der ÖVP widerspreche. Daher seien die dahingehenden Fragen aus der Ergebnispräsentation und der dahinterliegenden Kreuztabelle gelöscht worden und der Öffentlichkeit sowie dem Parlament lediglich eine "ÖVP-zensurierte" Version der Studien zugänglich gemacht worden. Krainer sah darin eine Fortführung "parteipolitischer Täuschungen", durch die das "System Kurz-Blümel" weiterhin gedeckt werde. Er verwies auf eine Reihe ähnlich gearteter Studien auch anderer Ministerien, die bis heute "versteckt" würden. Ein derartiger Missbrauch von Steuergeldern für parteipolitische Zwecke sei "beschämend", so Krainer.

Sein Fraktionskollege Christoph Matznetter plädierte an die ÖVP, einen "Schlussstrich" unter das "türkise System" zu ziehen und sich von Personen zu distanzieren, die sich ebenso wie die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin, bald vor dem Strafgericht wiederfinden würden. Matznetter beantragte, Brunners Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen, was jedoch keine Mehrheit im Plenum fand.

Tursky: Studien liefern Grundlage für evidenzbasierte Politik

Laut Staatssekretär Florian Tursky habe Finanzminister Brunner Transparenz seit Beginn seiner Amtszeit zu einer der Grundsäulen seiner Arbeit gemacht. So habe er etwa das Beschaffungswesen im Ressort "auf neue Beine gestellt". Bei der gegenständlichen Anfragebeantwortung sei auf die Detailergebnisse der Studien auf der Homepage des Finanzministeriums verlinkt und zusätzliche Tabellenbände angehängt worden, hielt Tursky der SPÖ entgegen. Generell benötigten Ministerien Studien externer Institute, um komplexen Fragestellungen evidenzbasiert begegnen zu können. Die Ressorts selber verfügten nicht über die notwendigen Ressourcen, diese durchzuführen. So habe etwa die Umfrage zur Einstellung der Österreicher:innen zum Bargeld ein "direktes Feedback" der Bevölkerung geliefert, laut dem sie sich mit großer Mehrheit für dessen Erhalt ausspreche. Eine Abschaffung des Bargelds stehe weder von Seiten der Bundesregierung noch der EU zur Debatte, erklärte Tursky.

Plenardebatte um den Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten und Studien

ÖVP-Mandatar Andreas Hanger bezichtigte Kai Jan Krainer (SPÖ), die Unwahrheit zu behaupten, da sämtliche in Frage stehenden Daten auf der Homepage des Finanzministeriums abrufbar seien. Finanzminister Brunner habe alle Hintergrundinformationen zu den Studien geliefert, was die SPÖ nicht zur Kenntnis nehmen wolle. Hanger ortete einen parteipolitischen Missbrauch parlamentarischer Kontrollinstrumente wie der Kurzdebatte durch die SPÖ, was dem demokratischen System an sich schade. Er plädierte an die Sozialdemokratie, diese Instrumente ernst zu nehmen und nur auf einer "vernünftigen und sachlichen Basis" Gebrauch von ihnen zu machen.

Es sei im Sinne der Transparenz das verbriefte Recht jedes:jeder Abgeordneten, die Vollzugsorgane "auf Herz und Nieren" zu prüfen, wandte Christian Ries (FPÖ) ein. Allzu oft müsse man jedoch erleben, dass auf konkrete Anfragen durch Mandatar:innen von Seiten der Ministerien lediglich "Floskeln über Floskeln" geliefert würden. Ries hob in dieser Hinsicht speziell das Innenressort hervor. Es handle sich um eine Form der "Zensur", die die FPÖ nicht hinnehmen werde, denn Transparenz gegenüber dem Parlament und der Bevölkerung sei eine "Bringschuld" der Ministerien.

Parlamentarische Anfragebeantwortungen verdienten oft ihren Namen nicht, bemängelte auch NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper. Dies läge unter anderem daran, dass es keine Rechtsmittel gebe, die den Abgeordneten nach dem Interpellationsrecht zustehenden Antworten einzuklagen. Auch in der vorliegenden Anfragebeantwortung hätten Parlament und Öffentlichkeit nur erfahren, was für die ÖVP opportun erschienen wäre. Es sei "skrupellos", Steuergeld für "frisierte" Umfragen zu verwenden und auch noch "Parteifreund:innen" davon profitieren zu lassen, urteilte Krisper unter Verweis auf die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin. Das beste Mittel gegen Korruption sei vollkommene Transparenz. Dazu brauche es einen klagbaren Anspruch auf Informationen aus den Ministerien, so Krisper.

Nina Tomaselli von den Grünen verwies auf die bestehende Gesetzeslage, nach der sämtliche Studien vollständig auf den Homepages der Ministerien zu veröffentlichen seien. Studien generell zu verteufeln sei ebenso kontraproduktiv, wie mit ihnen Politik machen zu wollen. Letzteres habe jedoch etwa im Zuge der Migrationsdebatte öfters stattgefunden. Tomaselli plädierte für eine faktenbasierte Politik, ohne eine rein populistische Ausrichtung an Meinungsumfragen. (Fortsetzung Nationalrat) wit

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