Parlamentskorrespondenz Nr. 572 vom 25.05.2023

Nationalrat spricht sich für die Rückkehr zum Kurzarbeitsmodell vor der Pandemie aus

Breite Zustimmung zur Absicherung der Arbeitnehmerrechte bei Änderungen in grenzüberschreitende Kapitalgesellschaften

Wien (PK) – Für Kurzarbeit soll ab Oktober dieses Jahres wieder das vor der Pandemie bestehende Modell gelten. Der Nationalrat sprach sich mit breiter Mehrheit dafür aus, dass sämtliche Sonderregelungen für Kurzarbeit, die aufgrund der Corona-Pandemie geschaffen wurden, mit Ende September 2023 außer Kraft treten.

Mehrheitlich angenommen wurde eine Novelle des Arbeitsverfassungsgesetzes, mit der Österreich auf eine im Jahr 2021 beschlossene gesellschaftsrechtliche EU-Richtlinie reagiert. Die Novelle setzt jene Teile der EU-Richtlinie um, die die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und Arbeitnehmer:innen bei Umwandlungen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften betreffen. Dabei geht es etwa um die Einrichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums und die Entsendung von Arbeitnehmervertreter:innen in Aufsichtsräte. In diesem Zusammenhang ist auch eine Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes nötig.

Corona-Kurzarbeit endet mit September 2023

Die Sonderregelungen für die Kurzarbeit, die während der Zeit der Pandemie geschaffen wurden, werden mit einer von der Koalition vorgeschlagenen Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes mit Ende September 2023 auslaufen. Danach soll wieder das ursprüngliche Modell gelten. Ins Dauerrecht übernommen wird jedoch eine Regelung zur Kurzarbeitsbeihilfe für Unternehmen. Ab Oktober 2023 übernimmt der Bund bereits ab dem vierten Monat die erhöhten Aufwendungen des Dienstgebers für die Beiträge zur Sozialversicherung, nicht wie bisher erst ab dem fünften Monat.

Die Sozialpartner hätten sich geeinigt, dass die Sonderregelungen für die Kurzarbeit nun Ende September außer Kraft treten werden, erläuterte Josef Muchitsch (SPÖ). Insgesamt seien die Kurzarbeits-Sonderregelungen ein großer Erfolg gewesen. Mit ihnen sei es während der Pandemie gelungen, viele Arbeitsplätze zu sichern. Muchitsch appellierte an Arbeitsminister Martin Kocher, nicht zu übersehen, dass die Teuerung sich bereits auf einige Branchen so stark auswirke, dass es zu Einschränkungen ihrer Tätigkeit komme. Auch diesen müssten Sonderregelung zukommen. Alois Stöger (SPÖ) unterstrich die positive Rolle der Sozialpartner bei der Schaffung guter Regelungen für Kurzarbeit während der Pandemie. Damit habe man sichergestellt, dass die Arbeitssysteme erhalten blieben und den Aufschwung nach der Pandemie ermöglicht.

Auch Tanja Graf (ÖVP) sah die Kurzarbeit als großen Erfolg. Dass Unternehmen Kurzarbeit in Anspruch nehmen müssten, sei zwar kein idealer Zustand, letztlich seien die Regelungen aber für Unternehmen wie für Beschäftigte eine Win-Win-Situation. Die Unternehmen könnten Arbeitskräfte halten, die sie später wieder benötigen, und die Arbeitnehmer:innen könnten die Zeit für ihre Weiterbildung und Qualifizierung nützen.

Ihre Fraktion werde der Beendigung der Kurzarbeit zustimmen, kündigte Dagmar Belakowitsch (FPÖ) an. Die grundsätzliche Kritik am System der COVID-19-Hilfen bleibe aber aufrecht. So seien zahlreiche Scheinfirmen gegründet worden, um diese zu Unrecht zu beziehen. Bundesminister Kocher müsse dieses Problem endlich erkennen und sich dafür engagieren, diesen Betrügereien endlich einen Riegel vorzuschieben. Peter Wurm (FPÖ) wertete die "magere Tagesordnung" der Sitzung als Beweis dafür, dass die Bundesregierung es nicht mehr schaffe, die tatsächlichen Probleme des Arbeitsmarktes anzugehen.

Markus Koza (Grüne) begrüßte es, dass die Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen bei Kurzarbeit bereits ab dem vierten Monat übernommen werden. Damit reagiere man auf die Erfahrungen aus der Praxis und stelle sicher, dass Arbeitskräfte im Betrieb gehalten werden können.

Das Ende der COVID-19-Kurzarbeit komme aus seiner Sicht viel zu spät, aber immerhin komme es jetzt, meinte Gerald Loacker (NEOS).

Sicherung der Arbeitnehmerrechte bei Spaltung und Verschmelzung von grenzüberschreitenden Kapitalgesellschaften

Mit einer Novelle des Arbeitsverfassungsgesetzes werden die Teile einer EU-Richtlinie umgesetzt, die die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und Arbeitnehmer:innen bei Umwandlungen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften betreffen. Dabei geht es etwa um die Einrichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums und die Entsendung von Arbeitnehmervertreter:innen in Aufsichtsräte. In diesem Zusammenhang ist auch eine Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes nötig.

Josef Muchitsch (SPÖ) zeigte sich zufrieden darüber, dass mit der nun erfolgten Umsetzung der EU-Richtlinie zu grenzüberschreitenden Kapitalgesellschaften die Arbeitnehmerrechte bei Veränderungen der Gesellschaftsform gewahrt bleiben. Die SPÖ sei allerdings zuerst "irritiert" gewesen, dass die Wirtschaftskammer versucht habe, in der Regierungsvorlage auch Regelungen zum Kündigungsschutz festzuschreiben, die nicht der Sozialpartnereinigung entsprochen hätten. Da dieser Passus nun herausgenommen worden sei, gebe seine Fraktion die Zustimmung.

Eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte sei grundsätzlich positiv, meinte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Allerdings habe die Bundesregierung in die Regierungsvorlage Bestimmungen "hineinschwindeln" wollen, mit der die Gleichstellung von Arbeiter:innen und Angestellten ausgehebelt worden wäre. Aufgrund dieses Versuchs werde ihre Fraktion weiterhin die Zustimmung verweigern.

Martin Koza (Grüne) zeigte sich zufrieden über die erzielte Einigung. Die Novelle sorge außerdem mit Bestimmungen zu den Arbeitsgerichten dafür, dass bei Streitfällen der Gerichtsstandort eindeutig feststehe.

Gerald Loacker (NEOS) nützte seine Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt dazu, um darauf hinzuweisen, dass die Österreichische Post AG aufgrund des Post-Betriebsverfassungsgesetzes zirka doppelt so viele Betriebsräte und -rätinnen vom Dienst freistellen müsse wie Unternehmen, die unter das Arbeitsverfassungsgesetz fallen. Das habe historische Gründe, die längst weggefallen seien. In einem Entschließungsantrag trat Loacker dafür ein, die Österreichische Post AG wie alle anderen Unternehmen dem Arbeitsverfassungsgesetz zu unterwerfen. Der Antrag fand keine Mehrheit im Plenum.

"Wir leben den sozialen Dialog", zeigte sich Bettina Zopf (ÖVP) zufrieden über die Regelung für grenzüberschreitende Kapitalgesellschaften. Die Rechte der Arbeitnehmer:innen würden durch die nun getroffenen Regelungen gewahrt. Sozialpartnerschaftliche Einigungen würden in der Arbeitspolitik eine positive Rolle spielen, betonte Zopf. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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