Parlamentskorrespondenz Nr. 703 vom 20.06.2023

Tursky: "ID Austria" soll bis Ende 2023 in Vollbetrieb übergehen

Rechnungshofausschuss diskutiert Prüfberichte zu E-ID und Rechtsmitteln in der Steuerverwaltung

Wien (PK) – Der Vollbetrieb des Elektronischen Identitätsnachweises (E-ID bzw. "ID Austria") soll bis spätestens Ende des Jahres erfolgen, gab Staatssekretär Florian Tursky heute im Rechnungshofausschuss des Nationalrats bekannt. Vom Rechnungshof wurde in Zusammenhang mit den zeitlichen Verzögerungen bei der Projektumsetzung die Auslagerung von Leistungen an externe Unternehmen kritisiert.

Geprüft wurden vom Rechnungshof ferner die Rechtsmittel in der Steuerverwaltung, wobei das Fehlen eines bundesweit einheitlichen Standards zu deren Erfassung problematisiert wurde. In den nächsten Jahren sollen die veralteten IT-Systeme laut Tursky schrittweise abgelöst und modernisiert werden.

Vielfältige externe Leistungen bei Umstellung auf E-ID

Derzeit befindet sich die Umstellung von der Bürgerkarte und der Handysignatur auf den Elektronischen Identitätsnachweis, was der Rechnungshof zwischen 2018 und 2022 unter die Lupe nahm (III-894 d.B.), im Pilotbetrieb. Bei der Umsetzung seien viele Leistungen an Externe ausgelagert worden, was zu großen Abhängigkeiten und einer Fragmentierung der Verantwortung führte, lautet der zentrale Kritikpunkt. Es mussten nicht nur sämtliche Leistungen zur Produktentwicklung extern zugekauft werden, sondern auch Aufgaben wie Konzeption und Projektmanagement. Die Personalressourcen stünden aus Sicht des Rechnungshofs in Zusammenhang mit den zeitlichen Verzögerungen. Ursprünglich war die Umstellung auf die E-ID für das Jahr 2020 geplant gewesen. Vom Rechnungshof bemängelt wurde auch, dass es zunächst keine ressortübergreifende Gesamtverantwortung für das Projekt gab. Ende 2021 sei aber ein entsprechendes Gremium eingerichtet worden. Die Hauptverantwortung liegt mittlerweile im Finanzministerium bei Staatssekretär Florian Tursky.

Dieser wertete die Handysignatur heute im Ausschuss als österreichische Erfolgsgeschichte im E-Government-Bereich. Sie sei von 3 Mio. Menschen genutzt worden. Mit der Umstellung auf die E-ID soll sie auf Basis einer EU-Richtlinie an europäische Standards und neuere technische Entwicklungen angepasst, um die elektronische Unterschrift und die Digitalisierung physischer Ausweise erweitert und das Sicherheitsniveau erhöht werden. Die digitale Identität kann laut Tursky künftig auch grenzüberschreitend genutzt werden.

Eine umfassende IT-Notfallplanung erachtet der Rechnungshof als dringend erforderlich, da der Ausfall einer einzigen kritischen Komponente dazu führen könnte, dass das gesamte E-ID-System nicht mehr funktioniere. Grundsätzlich bewertet Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker das Projekt als zukunftsweisende Weiterentwicklung.

Kritik an den externen zugekauften Leistungen kam von den Abgeordneten Christian Lausch (FPÖ) und David Stögmüller (Grüne). Diese wurde von Tursky mit dem umfassenden Bedarf an IT-Experten argumentiert. Ohne externe Dienstleister werde man auch weiterhin nicht auskommen, sagte er. Man werde aber versuchen, die Abhängigkeiten zu reduzieren. Die Abgeordneten bemängelten außerdem die fehlenden Strukturen. Die Komplexität sei dem hohen Anspruch an Datenschutz und den verschiedenen rechtlichen Zuständigkeiten in mehreren Ressorts geschuldet, meinte Tursky. Mit dem "Digital Austria Act" seien nun verschiedene Projekte festgeschrieben und gemeinsame Ziele vorgegeben worden.

Das Thema Benutzerfreundlichkeit der App "Digitales Amt" wurde von Lukas Brandweiner (ÖVP) und David Stögmüller (Grüne) aufgeworfen. Der Staatssekretär betonte, dass der Fokus beim Relaunch auf Transparenz und Usability liegen werde. Auch auf Barrierefreiheit werde geachtet. Der zuletzt anvisierte Termin für den Übergang in den Vollbetrieb mit 30. Juni 2023 werde laut Tursky nicht halten. Er gehe allerdings von spätestens Ende 2023 aus, wie er zu Ruth Becher (SPÖ) und Karin Doppelbauer (NEOS) sagte.

Uneinheitliche Erfassung der Rechtsmittel bei der Steuerverwaltung

Die zunehmende Komplexität des Steuerrechts führe zu einem zeitaufwendigen und teuren Vollzug, stellte der Rechnungshof bei einer Prüfung der Rechtsmittel in der Steuerverwaltung fest (III-690 d.B.). Innerhalb der gesetzlichen sechsmonatigen Entscheidungsfrist seien zwar 89 % der Beschwerden bei der Arbeitnehmerveranlagung und 76 % bei der betrieblichen Veranlagung erledigt worden, der Anteil an Rechtsmittelverfahren mit einer Dauer von über einem Jahr läge aber bei 3 % und 17 %, mit einer Dauer von über drei Jahren bei 1 % und 8 %. Ende Dezember 2020 seien zusammengefasst beinah 35.000 Rechtsmittel offen gewesen, wobei sich der Anteil an Fällen, die dem Bundesfinanzgericht vorgelegt werden, mit fortschreitender Verfahrensdauer deutlich erhöhe, wurde festgestellt. 43 % der offenen Rechtsmittelverfahren warteten zum Zeitpunkt der Rechnungshofprüfung auf ihre Erledigung beim Bundesfinanzgericht.

Die Finanzämter würden die verschiedenen ergriffenen Rechtsmittel allerdings in unterschiedlichen operativen IT-Systemen erfassen, so ein Prüfergebnis. Eigentlich sollte die "Rechtsmitteldatenbank" einen bundesweit einheitlichen Standard sicherstellen. Eine vollständige Abbildung der Rechtsmittelverfahren sei jedoch in keinem einzelnen der genutzten IT-Systeme möglich gewesen, wurde festgestellt. Somit fehle auch die Möglichkeit einer validen Auswertung für Steuerungszwecke. Empfohlen wird eine Komplexitätsreduktion zur Verringerung des Abgabenausfallsrisikos, die Verkürzung der Rechtsmittelverfahren und die verständlichere wie transparentere Gestaltung des Steuerrechtstatbestands, wie Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ausführte.

Die Abgeordneten Hermann Gahr (ÖVP), Andreas Kollross (SPÖ), Hubert Fuchs (FPÖ), Elisabeth Götze (Grüne) und Karin Doppelbauer (NEOS) informierten sich über den aktuellen Stand der Dinge. Die Empfehlungen des Rechnungshofs würden in einer fünfjährigen Roadmap zur IT-Modernisierung der Steuerverfahren konkret adressiert und aufgearbeitet werden, sagte Staatssekretär Florian Tursky. Die IT-Systeme - die zum Teil in den 1970er Jahren implementiert wurden - sollen eines nach dem anderen abgelöst werden. Die Bemühungen für eine Verkürzung der Rechtsmittelverfahren würden laufen. Das Bundesfinanzgericht habe die Anzahl der offenen Verfahren mittlerweile reduzieren und den Rückstau aufarbeiten können. So seien in den letzten beiden Jahren 20 bis 30 % mehr Akten bearbeitet worden, als eingegangen sind. Auch eine bessere Steuerung und der Ausbau des Controllings sollen laut Tursky künftig sichergestellt werden.

Die heute diskutierten Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen, ebenso wie jene zum Wohnbauförderungs-Zweckzuschuss (III-134 d.B.), zu den kommunalen Investitionsprogrammen (III-796 d.B.), zu Reformprojekten im Rahmen des Finanzausgleichs (III-301 d.B.) zu den Sozialhilfeverbänden in der Steiermark (III-627 d.B.) und zu den Investitionen der Länder Oberösterreich und Steiermark (III-917 d.B.).

Vertagt wurden Rechnungshofberichte zur Bildungskarenz (III-919 d.B.), zur Filmakademie Wien (III-932 d.B.), zu den COVID-19-Hilfsmaßnahmen (III-933 d.B.) und zur Korruptionsprävention bei ÖBB und Post (III-941 d.B.), die zur Fristwahrung auf der Tagesordnung standen. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) fan