Parlamentskorrespondenz Nr. 708 vom 20.06.2023

COFAG im Rechnungshofausschuss: Opposition vermisst Finanzminister Brunner

Anträge zur Herbeischaffung und Absetzung von der Tagesordnung blieben in der Minderheit

Wien (PK) – Harte Kritik übte der Rechnungshof in seinem Bericht über die COFAG und deren Zuschüsse an Unternehmen, der im heutigen Rechnungshofausschuss zur Diskussion stand. Angesichts der "hochaktuellen Themen" setzte sich die Opposition geschlossen für die Anwesenheit von Finanzminister Magnus Brunner anstelle von Staatssekretär Florian Tursky ein und regte an, die Berichte zu einem anderen Termin, dafür in Anwesenheit des Ministers, zu behandeln. Die Anträge blieben jedoch in der Minderheit. Neben dem Staatssekretär standen die beiden COFAG-Geschäftsführer Ulrich Zafoschnig und Marc Schimpel dem Ausschuss als Auskunftspersonen zur Verfügung.

Der Rechnungshof überprüfte 2021 das Finanzministerium und die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) sowie die ABBAG –Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ABBAG) (III-781 d.B.). Trotz zahlreicher Kritikpunkte war es für den Rechnungshof nachvollziehbar, dass die Bundesregierung infolge der Pandemie rasche Entscheidungen von großer budgetärer Tragweite treffen musste, um eine nachhaltige Schädigung der Wirtschaftsstruktur zu vermeiden", schreibt der Rechnungshof in seinem Prüfbericht. Geprüft wurde zum einen die Entstehung und Aufsetzung der COFAG. Zum anderen wurden die Instrumente kontrolliert, mit denen Förderungen, Hilfsgelder und Zuschüsse abgewickelt wurden und werden. Der Prüfzeitraum ging von März 2020 bis Juni 2021, in dem rund 700.000 Anträge genehmigt wurden.

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker wies Kritik an der Veröffentlichung des Rohberichts zurück. Sie zeigte sich überzeugt, dass dieser nicht auf Ebene des Rechnungshofs öffentlich geworden sei. Bei der COFAG warnte Kraker vor einer dauerhaften Etablierung und pochte darauf, dass diese nur temporär gegründet sei. Elisabeth Götze (Grüne) fragte nach dem Umsetzungsstand der Rechnungshof-Empfehlungen. Laut Staatssekretär Florian Tursky sind mittlerweile 9 der 15 ans Finanzministerium gerichteten Empfehlungen umgesetzt worden, bei der COFAG alle 11, ergänzte COFAG-Geschäftsführer Marc Schimpel. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Rechnungshofbericht kritisiert "beträchtliches Überförderungspotenzial"

Der Rechnungshof berichtete auch über ein "beträchtliches Überförderungspotenzial" bei den COFAG-Hilfen. Alleine die gestaffelte Berechnung beim Fixkostenzuschuss I führte zu höheren Auszahlungen in einer Bandbreite von 101 bis 117 Mio. €, heißt es. Zudem kamen die Expert:innen zu dem Schluss, dass das Fachwissen des Ministeriums nicht umfassend genutzt wurde. Der Rechnungshof kritisiert in dem Bericht, dass eine neue Förderinstitution geschaffen wurde, ohne die Willensbildung und Entscheidungsfindung im Finanzministerium nachvollziehbar zu dokumentieren und ohne Alternativen abzuwägen. Mit der Besetzung der Organe der COFAG auf Vorschlag des Finanzministers sei  es zu Verflechtungen gekommen, vor allem zwischen der ABBAG beziehungsweise der Abbaugesellschaft HETA ASSET RESOLUTION AG einerseits und der COFAG andererseits, schreibt der Rechnungshof "von praktischen Problemen" bei der ersten ordentlichen Generalversammlung der COFAG. Der Bericht thematisiert zudem den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten im COFAG-Aufsichtsrat.

In Summe war mit Stand Juni 2021 für die COFAG umgerechnet eine Arbeitskapazität von deutlich mehr als 200 Vollzeitstellen im Einsatz. Insgesamt fielen für den Zukauf von Beratung und externen Dienstleistungen von März 2020 bis Mitte 2021 21 Mio. € an; bis Jahresende 2021 waren es 36 Mio. €. Dabei hielt der Rechnungshof die Verträge für Geschäftsführer für verbesserungswürdig. Die Ausschreibung und Bestellung der Geschäftsführung entsprachen nicht dem Stellenbesetzungsgesetz, so der Rechnungshof.

Neben dem Förderdesign, das aus Sicht des Prüforgans Mehrauszahlungen von bis zu 117 Mio. € verursachte, bemängelte der Rechnungshof auch den Lockdown-Umsatzersatz für November und Dezember 2020. Dieses Instrument ermöglichte es Unternehmen bei Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche, Zuschüsse zu erlangen, ohne einen finanziellen Schaden nachweisen zu müssen, lautet die Kritik. Überförderungspotenzial sah der Rechnungshof auch bei Konzernen.

Bis Ende Juni 2021 genehmigten die beiden Geschäftsführer der COFAG 693.614 Förderanträge, davon waren 221 Anträge aufsichtsratspflichtig, weil sie über der Betragsgrenze von 800.000 € lagen. Der höchste bis Ende Juni 2021 an ein Unternehmen ausbezahlte Zuschussbetrag lag bei 13,94 Mio. €.

ÖVP bezeichnet COFAG als Erfolgsgeschichte

Andreas Hanger (ÖVP) stellte der COFAG ein gutes Zeugnis aus. Ein Ärgernis sei jedoch, wenn Rohberichte des Rechnungshofs medial diskutiert werden. Dies sei zukünftig zu vermeiden, hielt er dem Rechnungshof vor. Angesichts der in kürzester Zeit abgewickelten Anträge bezeichnete er die COFAG als Erfolgsgeschichte. Gestellte Anträge wurden rasch zur Auszahlung gebracht, lobte er die "hochprofessionelle Arbeit". Es gab Überförderungen, bestätigte Hanger. In Summe waren Hilfen für die Volkswirtschaft wichtig, um Arbeitsplätze zu sichern. Die Empfehlungen des Rechnungshofs seien ernst zu nehmen und aufzuarbeiten, unterstrich der Abgeordnete.

Opposition übt harte Kritik an Gründung und Kosten

Die SPÖ fühlte sich um Rechnungshofbericht bestätigt und betrachtete die COFAG als unnötige und höchst undurchsichtige Konstruktion. SPÖ-Rechnungshofsprecherin Karin Greiner hinterfragte, warum die COFAG als eine der Republik ausgelagerte Agentur gegründet wurde, wenn bei der Abwicklung der Auszahlungen auf die Ressourcen und die Expertise des Finanzministeriums zurückgegriffen werden musste. Kritisch sah sie die Personalunion bei ABBAG und COFAG, die zu "kuriosen Aufsichtsratssitzungen" geführt habe. Auch der Verfassungsgerichtshof sei mit Fragen der COFAG-Gründung befasst, hielt Greiner fest. Sie interessierte sich auch für das Volumen potenzieller Zahlungsrückforderungen der COFAG an Unternehmen. Dieses ist laut COFAG-Geschäftsführer Schimpel auf der Homepage ersichtlich.

Hubert Fuchs (FPÖ) sah dies ähnlich wie Greiner, er vermisste Erwägungen zur Gründung der COFAG. Aus seiner Sicht wäre das Finanzministerium geeigneter gewesen und hätte Expertise vorliegen gehabt. Kritisch äußerte sich Fuchs auch zu den Kosten der Protokollführung von Aufsichtsratssitzungen.

Auch Karin Doppelbauer (NEOS) stellte im Ausschuss kritische Fragen. Von Staatssekretär Tursky wollte sie wissen, ob dieser weiterhin von der Gründung überzeugt sei. Die NEOS "glauben nicht an eine Erfolgsgeschichte, vielmehr hat die Bundesregierung einen rechtlichen Rahmen für Freunderlwirtschaft gebaut", so Doppelbauer. Es handle sich um eine reine politische Willensentscheidung, daher forderte sie vollkommene Transparenz.

Nina Tomaselli (Grüne) setzte den Fokus auf Gehälter und Doppelfunktionen. Die Abgeordnete kritisierte die hohen Kosten von Beratungsleistungen insbesondere durch die Kanzlei Schönherr.

Tursky: COFAG gegründet, um schnell zu helfen

Zum Zeitpunkt der Gründung gab es viele Unklarheiten, ging Tursky auf die Oppositionskritik ein. Masseninsolvenzen sollten vermieden werden. Um schnell zu helfen wurde die COFAG gegründet. Er würdigte die Arbeit der COFAG als "absolut erfolgreich". Gestellte Anträge wurden zumeist innerhalb von acht Tagen zur Auszahlung gebracht.

Personalentscheidungen wurden auf Interessenskonflikte geprüft und damals als in Ordnung befunden, konterte er der Rechnungshofkritik. Erst nachträglich wurde dies anders beurteilt, erklärte Tursky.

COFAG rechtfertigt hohe Honorare

Infolge der häufigen Sitzungen und der Stundensätze des Protokollführers fielen für die Teilnahme an den Sitzungen sowie für die Erstellung und Bearbeitung der Protokolle Kosten von 125.000 € an, kritisierte der Rechnungshof. Bei sechs Aufsichtsratsprotokollen beliefen sich diese Kosten auf jeweils über 7.000 €, betonte Kraker.

Das Honorar von 125.000 € beziehe sich aus Sicht des COFAG-Geschäftsführers Schimpel nicht nur auf die Protokollierung, sondern auch auf die notwendige rechtliche Beratung, durch eine Teilnahme des Rechtsberaters an den Sitzungen.

Bei Beschlüssen über wesentliche finanzielle Maßnahmen der COFAG hatte der Aufsichtsrat dem Beirat ein Anhörungsrecht in Verbindung mit einem suspensiven Vetorecht einzuräumen, informierte Schimpel die Abgeordneten. Der Beirat machte von seinem Vetorecht in keinem Fall Gebrauch, unterstrich Kraker. (Schluss Rechnungshofausschuss) gla