Parlamentskorrespondenz Nr. 721 vom 22.06.2023
Neu im Justizausschuss
Wien (PK) – Die FPÖ setzt sich mit einem Entschließungsantrag für einen umfassenden und wirksamen Schutz gegen Kinderkriminalität ein. Der SPÖ geht es um Wissen über Datenschutz im Internet sowie um eine Rechtsdatenbank datenschutzrechtlicher Entscheidungen. Die NEOS sprechen sich für eine Präzisierung der Immunität der Rechtsanwält:innen aus.
FPÖ: Umfassender und wirksamer Schutz gegen Kinderkriminalität
Insbesondere seit 2015 sei die Kriminalität im strafunmündigen Alter gestiegen, wirft die FPÖ auf. Der Ansatz müsse daher sein, schon im Bereich der 12- bis 14-Jährigen Maßnahmen zu setzen. In verschiedenen europäischen Ländern liege die Strafmündigkeit unter dem vollendeten 14. Lebensjahr. Die FPÖ fordert daher in Österreich eine Senkung der Strafmündigkeit und Deliktsfähigkeit auf zwölf Jahre. Es gelte aber, dabei einen Mehrstufenplan zu entwickeln, der eine Strafhaft als allerletzte Maßnahme aufzeigt. Geht es nach der FPÖ, müssen dabei die Diskretionsfähigkeit, also die Unfähigkeit, das Unrecht der eigenen Tat einzusehen, und die Dispositionsfähigkeit, also die Fähigkeit der Einsicht, eine unrechte Tat zu begehen, konkret nachgewiesen und nicht vorausgesetzt werden (3349/A(E)). Richterlich angeordnete, betreute "Schnupperhaft", Gespräche mit Gefängnisinsassen und gemeinnützige Arbeit wären aus Sicht der Freiheitlichen Möglichkeiten, die jungen Menschen zu einer Rückkehr in ein gutes Umfeld wie Schule, Freizeit- und Sportvereine zu motivieren.
SPÖ: Wissen über Datenschutz im Internet
Mit der Digitalisierung im Schulbereich befasst sich die SPÖ. In ihrem Antrag (3413/A(E)) thematisieren die Sozialdemokrat:innen die Vermittlung von Persönlichkeitsrechten und Datenschutz im Internet. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf das EU-finanzierte Forschungsprojekt "privacy4kids - Rising awareness about privacy of children in the digital age", das für Kinder und Jugendliche zielgruppenorientierte Erklärungen über Datenschutz, speziell auf Social Media-Kanälen, anbiete. Auf dieser Grundlage sei in den Unterricht für die Altersgruppen 6 bis 10 und 10 bis 14 Jahren eine angemessene Wissensvermittlung über Datensicherheit und Datenschutz zu implementieren, so der Appell. Ein gleichlautender Antrag erging an den Unterrichtsausschuss des Nationalrats.
SPÖ: Rechtsdatenbank datenschutzrechtlicher Entscheidungen
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) trat 2018 in Kraft und habe in den ersten fünf Jahren den Rechtsschutz im digitalen Raum in Österreich entscheidend gestaltet, wirft die SPÖ auf (3414/A(E)). Bis heute gebe es aber weder in Österreich noch auf europäischer Ebene eine Zusammenfassung zur Rechtsprechung nach der DSGVO. Um die Durchsetzung der DSGVO auch in Zukunft sicherzustellen, brauche es wesentlich mehr Öffentlichkeit und verstärkte Transparenz. Die SPÖ fordert daher, dass eine Rechtsdatenbank der österreichischen rechtskräftigen Entscheidungen durch nationale Aufsichtsbehörden und ordentliche Gerichte in Datenschutzangelegenheiten eingerichtet werden soll, die die Inhalte der Entscheidungen, die Höhe der Geldstrafen sowie ergriffene Rechtsmittel darstellt. Aus Sicht der SPÖ sollte die Datenbank auch in das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) implementiert werden. Weiters wird die Justizministerin aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten einzusetzen, alle rechtskräftigen datenschutzrechtlichen Entscheidungen zu veröffentlichen.
NEOS: Präzisierung der Immunität der Rechtsanwält:innen
Ein Entschließungsantrag der NEOS zielt auf eine Präzisierung der beruflichen Immunität der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ab (3383/A(E)). Ein entsprechender Gesetzesvorschlag sollte vorsehen, dass die Anwält:innen berechtigt sind, alles, was sie zur Vertretung ihrer Parteien für dienlich erachten und nach allgemeiner Lebenserfahrung für wahr gehalten werden kann, unumwunden vorzubringen. Den Anlass dafür sehen die NEOS darin, dass einzelne Staatsanwaltschaften versuchen würden, die anwaltliche Immunität zu unterlaufen, indem sie gegen Rechtsanwält:innen strafrechtliche Ermittlungsverfahren einleiten. Das passiere bereits in jenen Fällen, in denen die gegnerische Prozesspartei die Behauptung des Prozessbetrugs aufstellt und das angerufene Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung die Möglichkeit hätte, den Angaben der Partei nicht zu folgen. Darin müsse der Versuch einer Einschüchterung von Rechtsanwält:innen gesehen werden, so die NEOS, wodurch eine wesentliche Säule des Rechtsstaates untergraben werde. Alternativ zur Nachschärfung der Immunität wäre aus Sicht der NEOS etwa auch möglich, Staatsanwaltschaften und Gerichte zu verpflichten, im Fall der strafrechtlichen Untersuchung von Vertretungshandlungen von Rechtsanwält:innen eine explizite Vorprüfung der Vertretungshandlung vorzunehmen. (Schluss) mbu