Parlamentskorrespondenz Nr. 835 vom 13.07.2023

Landeshauptmann Kaiser sieht Armutsbekämpfung als gesamtpolitische Verantwortung und warnt vor Finanzierungslücke

Wien (PK) – Anlässlich der Vorsitzübernahme Kärntens im Bundesrat nutzte der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser die heutige Sitzung der Länderkammer für eine Erklärung mit dem Titel "Gemeinsam Krisen meistern und Zukunft schaffen".

Dabei erinnerte er zunächst an seine letzten beiden Statements in dieser Form. Als er 2014 das erste Mal den Bundesrat adressierte, seien ihm Bund und Länder nach der Hypo-Krise solidarisch zur Seite gestanden, 2019 habe sich Österreich inmitten der "Ibiza-Krise" befunden. Die nunmehrige Notwendigkeit der Zukunftsgestaltung sprach Kaiser vor dem Hintergrund einer europäischen Perspektive zu den gegenwärtigen Krisen und in Zusammenhang mit dem Finanzausgleich und dem Thema Armutsbekämpfung an.

Kaiser: Europa der Regionen stärken

Im Bundesrat würden die europäische, nationale und die regionale Ebene miteinander verbunden, wobei die Bedeutung der Regionen in Europa steige, meinte der Kärntner Landeshauptmann mit Verweis auf die Arbeit im Ausschuss der Regionen, wo 270 europäische Regionen ihre Ziele gemeinsam zu verbinden vermögen. Man sollte sich darauf besinnen, dass ein gemeinsames Element stärker sei als jedes trennende, meinte er. Die EU sei eine "Einheit in Vielfalt" und gleichzeitig die unverzichtbarere Basis, um die europäischen Werte zu sichern, zu verteidigen und weiterzuentwickeln.

Das Motto "Gemeinsam Krisen meistern und Zukunft schaffen" versteht Kaiser als ein Zusammenwirken über alle Parteizugehörigkeiten hinweg. Er erklärte, dass das Regierungsprogramm der SPÖ-ÖVP-Koalition in Kärnten anhand der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen aufgebaut wurde. Er wolle diesen Weg weiter vertiefen.

Zum "heiklen Thema" der Finanzausgleichsverhandlungen bekräftigte Kaiser die Position der Länder. Die Ausgaben in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Soziales und Bildung würden weiter überdurchschnittlich steigen und die Einnahmen damit nicht Schritt halten. Kaiser sprach von einer "Finanzierungslücke" zu Lasten der Länder und Gemeinden und unterstrich die Forderung der Landeshauptleutekonferenz nach der Erhöhung des "vertikalen Schlüssels". Kein Bundesland sei bereit, eine automatische Verlängerung zur Kenntnis zu nehmen, forderte er einen Finanzausgleich ein, der den Bedürfnissen in den genannten Bereichen Rechnung trage.

Der Finanzausgleich sei auch ein Instrument, um jenen Menschen zielgerichtet zur Seite zu stehen, die es in der gegenwärtigen Situation schwer haben, meinte Kaiser zum Thema Armutsbekämpfung. Er sprach sich für Maßnahmen zu leistbarem Wohnen und erschwinglichen Nahrungsmitteln und zur Sicherstellung regenerativer Energie für den Grundbedarf aus. Angesichts von 353.000 armutsgefährdeten Kindern in Österreich – die Zahl sei "eine Schande" - sollten alle politisch Tätigen ihrer Verantwortung nachgehen und dagegen ankämpfen, meinte Kaiser. Die Ländervertreter:innen könnten dazu beitragen, ein Europa der Regionen zu stärken. In Bezug auf die klimapolitische Verantwortung sollten alle politischen Gremien gemeinsam so vorgehen, dass die Enkelkinder noch Bedingungen vorfinden, unter denen sie leben können, betonte Kaiser abschließend diese politische Aufgabe.

Bundesrät:innen erörtern Schwerpunktsetzung des Kärntner Vorsitzes in der Länderkammer

Für die "generationenstärkenden Worte" bedankte sich Bundesrat Manfred Mertel (SPÖ/K) beim Kärntner Landeshauptmann. Das Ziel, gemeinsam Krisen zu meistern und Zukunft zu schaffen, sei ein generationenübergreifendes, meinte er und trat für ein "Miteinander und Füreinander" ein. In diesem Zusammenhang hob der Bundesrat die Länderkammer als Garant für die pflichtbewusste Vertretung der Länderinteressen hervor. Ein aktiver Bundesrat stärke Österreich, merkte Mertel mitsamt dem Hinweis an, dass die knappen personellen Ressourcen der Länderkammer nicht ihrer Kompetenz entsprechen würden.

Auf die Bedeutung des Bundesrats bzw. dessen Zusammenwirken mit informellen Gremien für den Föderalismus, wies auch Bundesrat Harald Himmer (ÖVP/W) hin. Bundesrätin Sandra Lassnig (ÖVP/K) ging auf die Schwerpunkte des Kärntner Regierungsprogramms ein. Als zentrale Themen dieser "Nachhaltigkeitskoalition" nannte sie die Intensivierung der Wirtschaftsstandortentwicklung sowie die Bereiche nachhaltige Energiewende und demografischer Wandel, wobei sich dabei ihrer Meinung nach auch der Bundesrat einbringen sollte.

Es dürfe nicht nur bei Floskeln bleiben, mahnte Bundesrätin Isabella Theuermann (FPÖ/K) ein und forderte Bewegung bei "überfälligen Veränderungsprozessen". In Bezug auf das Bundesland Kärnten kritisierte sie Schwachstellen bei der Elementarpädagogik, überhöhte Stromnetzkosten sowie den Umgang mit "illegaler" Migration. Auch im Bund würden Baustellen unangetastet bleiben, nahm sie etwa auf die angekündigten Gewinnabschöpfungen im Energiebereich Bezug. Die Gemeinden hätten davon noch keinen Cent gesehen, meinte sie. Die Arbeit auf kommunaler Ebene sei jedoch ein wesentlicher Teil der Demokratie.

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne/N) fokussierte sich in ihrem Redebeitrag auf die Elementarpädagogik. Sie sprach sich für einen generellen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, mehr pädagogisches Personal sowie Chancengleichheit für zweisprachige Kinder aus. Obwohl sie den Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen als "Best Practice" für die Vereinbarkeit für Familie und Beruf bezeichnete, gelte es noch mehrere Themen anzugehen, damit die Kinder von heute als Erwachsene in einer intakten Umwelt leben könnten, meinte sie unter Bezugnahme auf die Energiewende und den Flächenverbrauch.

Die Finanzausgleichsverhandlungen stellte Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) ins Zentrum seines Redebeitrags. Geld sollte nur bei Reformbereitschaft der Länder und Gemeinden und unter der Voraussetzung der Nutzung der Transparenzdatenbank fließen, schlug er vor. Die vom Finanzminister anberaumten 10 Mrd. € für den Gesundheitsbereich wertete Arlamovsky als großzügig, immerhin habe der Bund in den vergangenen Jahren einen Großteil der Ausgaben für die Krisenbewältigung gestemmt. (Fortsetzung Bundesrat) fan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

Format