Parlamentskorrespondenz Nr. 855 vom 20.07.2023

Neu im Gesundheitsausschuss

Wien (PK) – Neu eingelangte Anträge aus dem Gesundheitsressort befassen sich mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Pflegebereich, umfassen Vorschläge zur Gewährleistung einer umfassenden medizinischen Versorgung durch Kassenvertragsärzt:innen und enthalten Forderungen nach einer Ausweitung der Hilfestellung für von Fehl- oder Totgeburten betroffenen Frauen sowie nach einer parlamentarischen Behandlung des ersten LGBTIQ+-Gesundheitsberichts.

FPÖ: Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen deutlich verbessert werden

Für eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor allem im Pflegebereich setzen sich die Freiheitlichen ein und schließen sich somit den Forderungen der Gewerkschaften GPA, GÖD und vida Kärnten an. Deren Vertreter:innen haben sich Anfang Juli in einem offenen Brief an die Abgeordneten zum Nationalrat gewandt und auf die angespannte und prekäre Situation der Bediensteten im gesamten Gesundheits-, Pflege- und Sozialsektor hingewiesen, zeigt FPÖ-Mandatar Christian Ragger auf. Es herrsche auch großer Unmut darüber, dass sich das von der Bundesregierung angekündigte Maßnahmenpaket als vollkommen unzureichend herausgestellt habe, zumal die Belastungsgrenzen in den betroffenen Berufsgruppen teilweise schon längst überschritten seien. Konkret fordern die Antragsteller:innen unter anderem eine Erhöhung des Pflegebonus auf 2000 € netto sowie eine Verlängerung der Auszahlung über das Jahr 2023 hinaus sowie die Ausweitung des Anspruches auf Pflegebonus und einer zusätzlichen Entlastungswoche auf alle Berufe in der Alten- und Behindertenpflege. Die dafür erforderlichen finanziellen Mittel sollten im Rahmen des Finanzausgleichs sichergestellt werden (3528/A(E)). Ein gleichlautender Antrag wurde dem Sozialausschuss zugewiesen (3527/A(E)).

FPÖ legt Maßnahmenpaket zur Abfederung der Auswirkungen der Reform des Primärversorgungssystems vor

Die Freiheitlichen üben Kritik an den kürzlich beschlossenen Gesetzesänderungen im Bereich des Primärversorgungssystems, da sie ihrer Meinung nach die Probleme noch weiter verschärfen würden. Es sei nämlich zu befürchten, dass nach Umsetzung der Reform insgesamt weniger Vertragsärzt:innen dem Gesundheitswesen zur Verfügung stehen werden, warnt FPÖ-Abgeordneter Gerhard Kaniak. Die Versorgung der Bevölkerung könne nur dann garantiert werden, wenn zumindest der Abgang in Richtung Alterspension und der Wechsel zu den Primärversorgungseinheiten (PVE) durch die Besetzung freiwerdender Kassenvertragsstellen kompensiert und zusätzliche Vertragsärzt:innen für Einzelpraxen, Gruppenpraxen und PVEs gewonnen werden.

Um dies zu erreichen schlagen die Freiheitlichen vor, dass die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) verpflichtet wird, freie Kassenarztstellen binnen zwölf Monaten nachzubesetzen, wobei die ländlichen Regionen prioritär behandelt werden müssen. Außerdem sollte für zukünftige Fachärzt:innen für Allgemeinmedizin die Möglichkeit geschaffen werden, eigenverantwortlich ein Primärversorgungszentrum zu gründen sowie alle anderen für diesen Standort notwendigen Mediziner:innen und Vertreter:innen anderer Gesundheitsberufe anzustellen. Wichtig wäre auch die Einbindung der Wahlärzt:innen in das kassenärztliche System mittels Vergabe von Halb- und Viertelverträgen, falls offene Stellen nicht anders besetzt werden können. Schließlich fordern die Freiheitlichen noch die sofortige Evaluierung und Überarbeitung der österreichischen Strukturpläne Gesundheit, vor allem was die Anzahl und Verteilung der Kassenarztstellen im niedergelassenen Bereich unter Berücksichtigung der geplanten Primärversorgungszentren betrifft (3518/A(E)).

Verbesserung der rechtlichen Ansprüche und Hebammenbetreuung bei Schwangerschaftsverlust

Ein weiterer Entschließungsantrag der Freiheitlichen befasst sich mit dem Umgang mit Fehl- und Totgeburten im österreichischen Gesundheits- und Sozialsystem, wo es nach Einschätzung der FPÖ-Mandatar:innen Gerhard Kaniak und Rosa Ecker noch einen großen Handlungsbedarf gebe. Dies wurde auch von den Vertreter:innen des Österreichischen Hebammengremiums, die das Gespräch mit allen Parlamentsfraktionen gesucht haben, zum Ausdruck gebracht. Den betroffenen Frauen, die sich in tragischen Ausnahmesituationen befinden würden, sollte eine umfassende Hilfestellung zukommen, lautete die zentrale Botschaft. Insbesondere brauche es eine Ausweitung des Anspruchs auf Mutterschutz auch bei Fehlgeburten, eine kassenfinanzierte Betreuung durch Hebammen und Psycholog:innen sowie eine Erhöhung des Bestattungskostenbeitrags. Überdies sollte auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse die rechtlich vorgesehene und sich auf das Körpergewicht des Kindes beziehende "500-Gramm-Grenze", die derzeit zur Unterscheidung zwischen Fehlgeburt und Totgeburt herangezogen wird, neu geregelt werden (3515/A(E)).

SPÖ: Aktueller LGBTIQ+-Gesundheitsbericht soll im Parlament behandelt werden

Der im Juni 2023 präsentierte erste LGBTIQ+-Gesundheitsbericht sei nach Auffassung von SPÖ-Mandatar Mario Lindner ein wichtiger Ausgangspunkt für lang überfällige Debatten zur gesundheitlichen Situation von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Menschen in Österreich. Die Diskriminierungserfahrungen, denen LGBTIQ-Personen auch im Jahr 2023 in allen gesellschaftlichen Bereichen ausgesetzt seien, hätten konkrete Auswirkungen auf das Leben und die Gesundheit der Betroffenen: So würden 45 % der befragten LGBTIQ-Personen von einer mindestens sechs Monate andauernden Erkrankung und mehr als die Hälfte von einer Depression in den letzten zwölf Monaten berichten. Besondere Herausforderungen würden sich zudem hinsichtlich der psychosozialen Betreuung, der gesundheitlichen Versorgung transidenter Personen, im Bereich der sexuellen Gesundheit sowie beim Abbau von Vorurteilen stellen. Der Bericht zeige jedenfalls klar auf, dass Österreich noch viel tun müsse, um auch LGBTIQ-Personen eine bestmögliche, flächendeckende und insbesondere diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung zu garantieren. Angesichts dieser Probleme sei es besonders wichtig, den Bericht offiziell als Verhandlungsgegenstand dem Parlament zuzuleiten, um eine ausführliche und breite Debatte darüber zu ermöglichen und Lösungsansätze aufzuzeigen (3494/A(E)). (Schluss) sue