Parlamentskorrespondenz Nr. 931 vom 20.09.2023

Nationalrat: FPÖ thematisiert Kindesmissbrauch in Kurzdebatte

Justizministerin Alma Zadić präsentiert Kinderschutzpaket

Wien (PK) – Kinderschutz und Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch standen heute im Mittelpunkt einer Kurzen Debatte auf Verlangen der FPÖ in der heutigen Nationalratssitzung. Die Freiheitlichen nahmen dafür die Beantwortung einer schriftlichen Anfrage von FPÖ-Mandatar Harald Stefan über das Gerichtsverfahren gegen den Schauspieler Florian Teichtmeister wegen des Besitzes und der Herstellung von Dateien mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen zum Anlass. In der Debatte gab es breite Zustimmung für den Bedarf an zusätzlichen Maßnahmen für mehr Kinderschutz. Justizministerin Alma Zadić präsentierte die Eckpunkte des heute im Ministerrat verabschiedeten und im Nationalrat eingebrachten Kinderschutzpakets. Ein von den Freiheitlichen eingebrachter Antrag auf Nicht-Kenntnisnahme der schriftlichen Beantwortung fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Zadić: Kein Kind darf Opfer werden

Es gebe nichts Schützenswerteres als die Unversehrtheit von Kindern. Ihr Schutz vor Missbrauch und Gewalt habe daher oberste Priorität für die Bundesregierung, eröffnete Justizministerin Alma Zadić. Kinder müssten umfassend geschützt und kein Kind dürfe Opfer werden. Die heute eingebrachte Regierungsvorlage für ein Kinderschutzpaket beruhe auf drei Säulen. So sollen vorbeugende Schutzmaßnahmen die Prävention sicherstellen. Zudem wird der Opferschutz gestärkt und härtere Strafen sollen den Unrechtsgehalt der Tat wiederspiegeln. So würden Strafen verdoppelt und teilweise verdreifacht und das Tätigkeitsverbot von Täter:innen ausgeweitet. Diese sollen künftig nicht mehr mit Kindern zusammen arbeiten dürfen.

Zudem erneuerte Zadić ihre Position in der Anfragebeantwortung, dass die zum Zeitpunkt der Anfrage gestellten Fragen ein anhängiges Gerichtsverfahren betreffen und dass daher eine Beantwortung der Fragen aufgrund der Grenzen des parlamentarischen Interpellationsrechts nicht möglich sei.

FPÖ: Opferschutz, Prävention und lückenlose Aufklärung

Die Mehrheit der Bevölkerung sei über das Ausmaß des Urteils gegen Florian Teichtmeister "verwundert" gewesen, erklärte Harald Stefan (FPÖ). Es gelte, der Bevölkerung das Gefühl zu geben, dass Strafen angemessen seien, sprach sich Stefan für Strafverschärfungen und begleitende Maßnahmen zur Prävention aus. So brauche es neben höheren Mindeststrafen unter anderem ein "echtes" Tätigkeitsverbot für Sexualstraftäter:innen, wenn diese beruflich mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Ebenso soll es nach Vorstellung der Freiheitlichen eine lebenslange Eintragung von Sexualdelikten im Strafregister geben. Zudem sollen die Verjährungsfristen für zivilrechtliche Forderungen erhöht, Opfer besser unterstützt und die personellen Kapazitäten zur besseren Tätersuche erhöht werden. Die Volksanwaltschaft soll der FPÖ nach als zentrale Anlaufstelle für Kinderschutz etabliert werden.

FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch übte scharfe Kritik an der Wortmeldung von Justizministerin Zadic, da sie abermals keine einzige Frage beantwortet habe. In der Zwischenzeit sei aber im Kinderporno-Fall Teichtmeister bereits ein Urteil gesprochen worden. Sie stellte daher den Antrag auf Nicht-Kenntnisnahme der schriftlichen Beantwortung der gegenständlichen schriftlichen Anfrage. Besonders problematisch war aus Sicht von Belakowitsch, dass bezüglich der über 76.000 gefundenen Dateien aus Kapazitätsgründen nicht weiter ermittelt wurde, wie die Justizministerin heute bestätigt habe. "Der Wahnsinn des Urteils" bestehe zudem darin, dass Teichtmeister als freier Mensch nach Hause gehen konnte und niemand wisse, "ob er nicht beim nächsten Spielplatz Halt gemacht habe". Man frage sich, wurde Teichtmeister "bewusst geschützt und wenn Ja, von wem?"

ÖVP: Umfassendes Kinderschutzpaket bringt härtere Strafen

Das Ausmaß der Tat von Florian Teichtmeister sei "widerlich, verwerflich und unvorstellbar", meinte Michaela Steinacker (ÖVP). Die Krankheit von Täter:innen dürfe nicht alles entschuldigen, denn jedes kinderpornografische Material bedeute Kindesmissbrauch. Das Kinderschutzpaket der Bundesregierung sei umfassend und richtig. Es bedürfe einer wirksamen Prävention und effektiven Strafverfolgung. Mit der Änderung des Straftatbestands werde man der Dimension der Tat gerecht. Die höheren Strafen würden zu härteren Urteilen führen, befürwortete Steinacker.

SPÖ: Kinder vor Missbrauch und jeglicher Gewalt mit umfassenden Maßnahmen schützen

Für dieses Thema sei eine sachliche Ebene der Diskussion wichtig, um zu sachlichen Lösungen zu kommen, meinte Christian Oxonitsch (SPÖ). Es gelte Kinder vor Missbrauch und jeglicher Gewalt zu schützen. Von einem Kinderschutzpaket erwarte er sich daher unter anderem den Ausbau von Gewaltschutzambulanzen, zusätzliche Ressourcen zur Verankerung des Kinderschutzes in Schulen und die personelle und technische Aufstockung im Bundeskriminalamt.

Grüne: Versäumnisse der Vorgängerregierung und Verbesserungen durch Kinderschutzpaket

Die Höhe der Strafen hänge immer von der jeweiligen Gesetzeslage ab, hielt Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer (Grüne) ihrer Vorrednerin entgegen. Im Jahr 2019 gab es zwar eine Sexualstrafrechtsreform, die eine Erhöhung der Strafrahmen in verschiedenen Bereichen mit sich brachte, dies traf jedoch nicht auf den Tatbestand der Kinderpornographie zu. Die Vorgängerregierung habe es verabsäumt, eine der Schuld angemessene Strafe in das Gesetzbuch zu schreiben. In dem nun von ÖVP und Grünen präsentierten Kinderschutzpaket werde dieses Versäumnis behoben und unter anderem der Strafrahmen an den Unwertgehalt der Tat angepasst, erläuterte die Justizsprecherin der Grünen. Gleichzeitig sollen die Kapazitäten bei den Staatsanwaltschaften und der Kriminalpolizei massiv aufgestockt werden, um den Verfolgungsdruck zu erhöhen. Denn Täter würden sich meist nicht vor den Strafen fürchten, sondern davor, erwischt zu werden. Sehr wichtig war für Prammer auch der Fokus auf die Prävention im Gesetzespaket, weil erst dadurch Kinder davor geschützt werden könnten, Opfer zu werden.

NEOS: Kein politisches Kapital aus tragischen Einzelfällen schlagen

NEOS-Mandatar Yannick Shetty bezeichnete die Debatte als extrem bedrückend. In erster Linie natürlich aufgrund der furchtbaren Taten, die immer wieder an Kindern begangen werden. Es sei daher nachvollziehbar, dass es ein starkes Bedürfnis gebe, dass die Täter die volle Schärfe des Gesetzes zu spüren bekommen. Auch wenn vielen das Urteil im Fall Teichtmeister als zu milde erschienen sein mag, so könne man nicht dazu übergehen, nun die Justiz an den Pranger zu stellen, wie dies von einer Parlamentspartei getan werde. Die Richter:innen machen nicht die Gesetze, sondern sie befolgen sie, betonte Shetty. Er sei froh in einem Land zu leben, wo nicht die Öffentlichkeit, ein schriller Parteiführer oder eine tobende Menge über Schuld und Unschuld sowie über die Höhe von Strafen entscheiden können, sondern die ordentlichen Gerichte. Ebenso wie Prammer erinnerte Shetty daran, dass im Jahr 2019 ein freiheitlicher Justizminister für die damalige Strafrechtsreform verantwortlich war, die jedoch keine Erhöhung des Strafrahmens für Kinderpornographie enthalten hat. Ein Best-Practice-Beispiel gebe es hingegen in Wien, wo bereits Anfang des Jahres verpflichtende Kinderschutzkonzepte in allen Kindergärten vorgeschrieben und eine Kompetenzstelle eingerichtet wurde, berichtete Shetty. (Fortsetzung Nationalrat) pst/sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar