Parlamentskorrespondenz Nr. 986 vom 02.10.2023
Neu im Außenpolitischen Ausschuss
Wien (PK) – In außenpolitischen Forderungen an die Regierung bringen die Parlamentsfraktionen weiterhin ihre Positionen rund um den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zum Ausdruck. Während ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS gemeinsam eine Initiative für ein Vorgehen gegen die Aktivitäten der Wagner-Gruppe setzen, kritisieren die Freiheitlichen eine Doppelmoral der EU-Politik und fordern das Aussetzen des Beitrags Österreichs an die EU.
Vorgehen gegen Aktivitäten der Wagner-Gruppe
In einem Mehrparteienantrag treten ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS gemeinsam dafür ein, mit europäischen Partnern weitere Maßnahmen vonseiten Österreichs zu unterstützen, um die Aktivitäten der russischen Wagner-Gruppe zu ächten und gegen ihre Aktivitäten vorzugehen. Die Söldnergruppe nehme seit Februar 2022 aktiv an den Kämpfen in der Ukraine teil und habe dort grobe Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilist:innen verübt, die als Kriegsverbrechen einzustufen seien, wie die Parlamentsfraktionen neben UN-Berichten über Beteiligungen der paramilitärischen Organisation am Massaker von Moura in Mali geltend machen. Obwohl private Militärunternehmen nach russischem Recht verboten seien, werde die Wagner-Gruppe als militärisches Instrument Russlands etwa in Syrien, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik, Venezuela oder im Sudan zum Teil auch mit der Absicht eingesetzt, eine Involvierung und Verantwortung Russlands zu verschleiern.
Demnach wird die Regierung von den Parlamentsfraktionen außerdem aufgefordert, internationale Initiativen zu unterstützen, die auf eine Berücksichtigung einschlägiger völkerrechtlicher Verpflichtungen und bewährter Praktiken für Staaten im Zusammenhang mit Operationen von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen während bewaffneter Konflikte hinwirken. Auch die UNO und der Internationale Strafgerichtshof sollen unterstützt werden, um schwere Verbrechen durch private Militär- und Sicherheitsfirmen weltweit strafrechtlich zu verfolgen. (3630/A(E))
Entminungshilfe nach Dammsprengung am Kachowka-Stausee
Verstärkte Entminungshilfe durch Österreich nicht nur in finanzieller Hinsicht fordern die NEOS nach der Sprengung des Kachowka-Damms vergangenen Juni im Zuge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine. Schwere Auswirkungen für Zivilist:innen würden nicht nur die Überschwemmungen darstellen, eine humanitäre Katastrophe sei zudem aufgrund von gelegter Minen während der Kriegshandlungen am Ufer des Flusses Dnipro zu befürchten, die nun nach dem Dammbruch auf die umliegenden Gegenden geschwemmt würden. Die Ukraine brauche nun zusätzliche Unterstützung und mehr qualifizierte Fachkräfte in der humanitären Entminung auch durch Österreich. Geht es nach Antragsteller Helmut Brandstätter, sollte sich Österreich zudem bei weiteren internationalen Hilfsmaßnehmen im Zusammenhang mit der Dammsprengung schnell und unbürokratisch anschließen (3446/A(E)).
Reduzierung von russischen Diplomat:innen in Österreich
"Im Umfeld von gesprengten Dämmen von diplomatischem Brückenbauen zu träumen ist der österreichischen Bundesregierung unwürdig", macht Abgeordneter Brandstätter in einem weiteren Entschließungsantrag geltend und fordert, die diplomatischen Beziehungen zu Russland zu überdenken. Russland sei nicht an ernsthaften Gesprächen interessiert, das von Außenminister Alexander Schallenberg intendierte Offenhalten von Gesprächskanälen benötige nicht wie derzeit 64, sondern eine Handvoll Diplomat:innen, zeigt sich Brandstätter überzeugt. In Anbetracht der russischen völkerrechtswidrigen und menschenrechtsverletzenden Aktivitäten und Russlands Weigerung, auf Basis des Völkerrechts über den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verhandeln, sollten russische Institute geschlossen und die bilateralen Akkreditierungen für russische Diplomat:innen auf die für mögliche Verhandlungen notwendige Zahl reduziert werden (3448/A(E)).
Abberufung des Leiters der Vertretung der EU-Kommission
Nach dem umstrittenen "Blutgeld"-Sager vom Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich Martin Selmayr in Zusammenhang mit österreichischen Gaszahlungen nach Russland fordert die FPÖ seine sofortige Abberufung. Selmayrs Aussage sei nicht nur bis zum Äußersten respektlos, sondern zeige auch die Doppelmoral und Heuchelei der EU-Politik, so Antragsteller Michael Schnedlitz. Eine tatsächlich milliardenschwere Unterstützung für die Kriegsanstrengungen eines Drittstaates sieht er durch die Bundesregierung in einer Finanzierung der "Kriegspartei Ukraine" sowohl bilateral als auch über Makrofinanzhilfen oder die Europäische Friedensfazilität gegeben. Würde sich ein europäischer Staat damit belasten, Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Staaten zu führen, die völkerrechtswidrige Kriege führen, dürfte seit Jahrzehnten kein EU-Mitgliedsland Handel mit den USA betreiben, führt Schnedlitz ins Treffen. Ein souveränes Land habe in erster Linie den Interessen seiner Bürger:innen wie die Energieversorgung und nicht jenen der EU zu dienen, kritisiert er ferner "die sinnlose EU-Sanktionspolitik", die in Österreich für die höchste Inflation seit 1952 verantwortlich sei (3599/A(E)).
Aussetzung des EU-Beitrags Österreichs
Harsche Kritik an der EU-Budgetpolitik üben die Freiheitlichen in einem weiteren Entschließungsantrag. Die Europäische Union würde Milliardengeschenke an Drittstaaten wie die "korruptionsanfällige Kriegspartei Ukraine" bereitstellen, würde selbst immer mehr zur Schulden- und Transferunion verkommen und die Europäische Zentralbank pausenlos ihr Mandat überschreiten, so Antragstellerin Petra Steger. Hinzu komme, dass eine effektive Kontrolle über die Mittelverwendung der Gelder fehle. So besteht laut Steger auch die Gefahr, dass "die von den Steuerzahlern Europas aufgebrachten Milliarden einfach in den Kanälen des Selenskyj-Regimes" versickern. Die jüngst von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagene Aufstockung des EU-Haushalts um 50 Mrd. € zum Aufbau eines neuen Finanzierungsinstruments etwa für Ukraine-Hilfen wird von den Freiheitlichen dementsprechend abgelehnt. Geht es nach ihnen, soll der EU-Beitrag Österreichs demnach ausgesetzt werden. (3511/A(E)). (Schluss) keg
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Links
- 3599/A(E) - Sofortige Abberufung des Leiters der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, Dr. Martin Selmayr
- 3511/A(E) - Aussetzung des EU-Beitrages Österreichs
- 3630/A(E) - Bekämpfung der Aktivitäten der Wagner-Gruppe
- 3448/A(E) - Minimierung russischen bilateralen Personals in Österreich
- 3446/A(E) - Entminungshilfe nach Dammsprengung